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  • 01.07.2007 | Checkliste

    Fristen im Erb- und Erbschaftsteuerrecht

    von Rechtsanwältin Dr. Claudia Klümpen-Neusel, Düsseldorf

    Bei der Bearbeitung von Erbfällen bzw. bereits im Vorfeld bei der Planung der späteren Erbfolge sind eine Reihe unterschiedlicher Fristen zu beachten. Dabei kann der Berater jedoch leicht den Überblick verlieren, da sich die relevanten Vorschriften nicht immer aufdrängen, sondern oftmals im Gesetz versteckt sind. Die nachfolgende Checkliste versucht, die unterschiedlichen Fristen systematisch zu ordnen und mit knappen Worten zu charakterisieren. Aufgrund der Vielzahl der Fristen allein im erbrechtlichen Teil des BGB werden allerdings nur die wichtigsten vorgestellt.  

     

    Checkliste: Fristen im Erbrecht

    1. Gültigkeit letztwilliger Verfügungen 

    Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, § 2082 BGB 

    Ein Testament kann innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Anfechtungsberechtigten vom Anfechtungsgrund angefochten werden. Die Anfechtung ist endgültig ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfall 30 Jahre verstrichen sind. 

    Anfechtung eines Erbvertrages, § 2283 BGB 

    Hat der Erblasser einen Erbvertrag geschlossen, kann er diesen ebenfalls innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Anfechtungsgrundes anfechten. Dem anderen Vertragsteil, der nicht zugleich Erblasser ist, steht ein Anfechtungsrecht nur nach den §§ 121, 124 BGB (Anfechtung ohne schuldhaftes Zögern erforderlich) zu. Sonstige Anfechtungsberechtigte müssen nach § 2082 BGB anfechten. 

    Unwirksamwerden der Nacherbschaft, § 2109 BGB 

    Die Anordnung der Nacherbschaft wird grundsätzlich unwirksam (zu den Ausnahmen vgl. § 2109 Abs. 1 S. 2 BGB), wenn seit dem Erbfall 30 Jahre vergangen sind. Der Vorerbe wird dann zum Vollerben und kann über den Nachlass unbeschränkt verfügen.  

    Unwirksamwerden eines aufgeschobenen Vermächtnisses, §§ 2162, 2163 BGB 

    Ebenso wie die Nacherbschaft wird auch ein aufschiebend bedingtes Vermächtnis grundsätzlich mit Ablauf von 30 Jahren seit dem Erbfall unwirksam, wenn nicht die Bedingung vorher eingetreten ist. Ausnahmen von dieser Regel beinhaltet § 2163 BGB

    2. Anfall der Erbschaft / des Vermächtnisses 

    Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, §§ 1943, 1944 BGB 

    Eine Erbschaft kann nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen seit der Erbe Kenntnis vom Erbfall und vom Grund seiner Berufung hat (gesetzlicher oder testamentarischer Erbe) ausgeschlagen werden. Danach gilt die Erbschaft als angenommen. Die Frist verlängert sich auf einen Zeitraum von sechs Monaten, wenn entweder der Erblasser seinen Wohnsitz zurzeit des Erbfalls ausschließlich im Ausland hatte oder der Erbe sich bei Beginn der Frist im Ausland aufhält. 

    Ausschlagung der Nacherbschaft, § 2142 BGB 

    Die Nacherbschaft kann ebenso wie die „reine“ Erbschaft ausgeschlagen werden. Allerdings ist hier eine Ausschlagung schon bei Eintritt des Erbfalls möglich. Der Nacherbe kann daher sowohl nach dem Erbfall als auch nach dem Nacherbfall die Erbschaft ausschlagen. Da der Nacherbe jedoch vor dem Nacherbfall noch keine entsprechende Kenntnis haben kann, beginnt die Ausschlagungsfrist frühestens mit Eintritt des Nacherbfalls. 

    Ausschlagung eines Vermächtnisses, § 2180 BGB 

    Ein Vermächtnis kann erst nach Eintritt des Erbfalls ausgeschlagen werden. Eine Frist existiert hierfür nicht; die Ausschlagung kann also noch Jahre später erfolgen, wenn nicht der Begünstigte das Vermächtnis zuvor angenommen oder der Erblasser testamentarisch eine Frist zur Annahme bestimmt hat. 

    Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung, § 1954 BGB 

    Sofern Anfechtungsgründe vorliegen, können Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft mit einer Frist von sechs Wochen bzw. sechs Monaten (bei Auslandsbezug gilt § 1944 BGB) angefochten werden. Mit Ablauf von 30 Jahren seit Annahme oder Ausschlagung ist eine Anfechtung nicht mehr möglich. 

    Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist, § 1956 BGB 

    Wird die Erbschaft nicht explizit angenommen, sondern gilt sie wegen Ablaufs der Ausschlagungsfrist als angenommen, kann der Betroffene diese Versäumung der Ausschlagungsfrist in gleicher Weise anfechten wie die ausdrückliche Annahme der Erbschaft. Auch hier gilt also wieder die Sechs-Wochen- bzw. Sechs-Monats-Frist. 

    3. Bestimmung der Testamentsvollstreckung 

    Dauer der Testamentsvollstreckung, § 2210 BGB 

    Die Verwaltungsvollstreckung kann grds. höchstens für einen Zeitraum von 30 Jahren seit Eintritt des Erbfalls festgelegt werden; nur in Ausnahmefällen ist hiervon eine Abweichung möglich (Satz 2 der Vorschrift). Für die Abwicklungsvollstreckung sind hingegen keine gesetzlichen Grenzen vorgesehen.  

    Beschwerde gegen die Ernennung des Testamentsvollstreckers, 

    §§ 81, 22 FGG 

    Die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht kann innerhalb von zwei Wochen mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden. Zu den Beschwerdeberechtigten gehören insbesondere Erben, Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer. 

    4. Pflichtteilsanspruch und Pflichtteilsergänzungsanspruch 

    Verjährung des Pflichtteilsanspruchs, § 2332 BGB 

    Der Pflichtteilsanspruch verjährt in drei Jahren seit Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten vom Erbfall und der ihn beeinträchtigenden Verfügung des Erblassers. Auch ohne eine solche Kenntnis verjährt der Anspruch nach 30 Jahren. 

    Umfang des Pflichtteilsergänzungsanspruchs, § 2325 Abs. 3 BGB 

    In die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs sind auch Schenkungen an Dritte mit einzubeziehen, die der Erblasser vor dem Erbfall getätigt hat. Derartige Schenkungen bleiben jedoch unberücksichtigt, wenn zurzeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen sind; ist die Schenkung an den Ehegatten des Erblassers erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe. 

     

     

    Fristen im Erbschaftsteuerrecht

    1. Persönliche Steuerpflicht 

    Dauer der erweiterten unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht, § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2b ErbStG 

    Als unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtige Inländer gelten deutsche Staatsangehörige ohne Wohnsitz im Inland, die sich nicht länger als fünf Jahre im Ausland aufgehalten haben.  

    Dauer der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht, § 4 AStG 

    In den Bereich der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht kann bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 4 AStG jede Person ohne Wohnsitz in Deutschland fallen, die in den letzten zehn Jahren vor der Auswanderung als Deutscher mindestens fünf Jahre gem. § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war.  

    Zeitlicher Umfang der Zusammenrechnung, § 14 ErbStG 

    Mehrere von derselben Person anfallende Erwerbe innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren sind gem. § 14 ErbStG zusammenzurechnen.  

    Ausnutzung der persönlichen Freibeträge, § 16 ErbStG 

    Aus der Zusammenfassung mehrerer Erwerbe nach § 14 ErbStG ergibt sich im Rückschluss, dass die persönlichen Freibeträge des § 16 ErbStG alle zehn Jahre erneut ausgenutzt werden dürfen. 

    2. Betriebsvermögensprivilegien 

    Freibetrag und Bewertungsabschlag, § 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG 

    Der derzeit noch gültige Betriebsvermögensfreibetrag i.H. von 225.000 EUR kann alle zehn Jahre einmal in Anspruch genommen werden. Diese zeitliche Einschränkung gilt nicht für den Bewertungsabschlag, der stets zur Anwendung gelangt, wenn begünstigtes Vermögen i.S. des § 13a Abs. 4 ErbStG übertragen wird. 

    Haltefrist, § 13a Abs. 5 ErbStG,§ 19a Abs. 5 ErbStG 

    Freibetrag und Bewertungsabschlag für Betriebsvermögen fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn über das begünstigte Vermögen innerhalb von fünf Jahren seit der unentgeltlichen Übertragung in steuerschädlicher Weise verfügt wird (z.B. wenn Betriebsvermögen veräußert wird). 

    Neue Freigrenze § 13 Abs. 1 Nr. 19 ErbStG-E  

    Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform wird eine neue Befreiungsvorschrift in das ErbStG aufgenommen, wonach der Erwerb von luf-Vermögen, Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften von mehr als 25% erbschaftsteuerfrei sein soll, wenn der Wert dieses Vermögens 100.000 EUR nicht übersteigt. Dabei soll nicht zwischen sog. produktivem und nicht produktivem Vermögen unterschieden werden. Diese Freigrenze steht dem Steuerpflichtigen alle zehn Jahre einmal zu.  

    Stundung der Steuer, § 28 Abs. 1 ErbStG-E 

    Der neue § 28 ErbStG-E sieht eine Stundung der auf begünstigtes Vermögen i.S.d. § 28a ErbStG-E (produktives Vermögen bzw. fremdfinanziertes nicht produktives Vermögen) entfallenden Erbschaftsteuer über einen Zeitraum von zehn Jahren vor. 

    Haltefrist des § 28 Abs. 3 ErbStG-E 

    Trifft der Steuerpflichtige innerhalb des zehnjährigen Stundungszeitraums eine „schädliche Verfügung“ (wie bisher § 13a Abs. 5 ErbStG), soll insoweit die Stundung enden. Die auf die schädliche Verfügung entfallende Steuer wird fällig. 

    3. Steuererhebung 

    Mehrfacher Erwerb desselben Vermögens, § 27 ErbStG 

    Bei Personen der Steuerklasse I ermäßigt sich die Steuer, die auf den Erwerb von Todes wegen entfällt, soweit es sich hierbei um Vermögen handelt, das in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von (anderen) Personen der Steuerklasse I erworben worden ist. 

    Bisherige Stundungsmöglichkeit, § 28 ErbStG 

    Schon nach bisherigem Recht kann die Erbschaftsteuer, die auf den unentgeltlichen Erwerb von Betriebs- oder luf-Vermögen entfällt, über einen Zeitraum von zehn Jahren gestundet werden, jedoch nur insoweit, als dies zur Erhaltung des Betriebes erforderlich ist. 

    Erlöschen der Steuer, § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 

    Innerhalb von 24 Monaten seit dem unentgeltlichen Erwerb auf bestimmte begünstigte Körperschaften übertragene Gegenstände können von der Erbschaftsteuer freigestellt werden.  

    4. Verfahrensrechtliche Fristen 

    Anzeige des Erwerbs, §§ 30, 33 ErbStG 

    Sobald der Begünstigte Kenntnis von der unentgeltlichen Zuwendung hat, muss er innerhalb von drei Monaten den Erwerb dem zuständigen Erbschaftsteuer-FA anzeigen. Bei Schenkungen unter Lebenden ist auch der Schenker anzeigepflichtig. Ausnahmen von der Anzeigepflicht regelt § 30 Abs. 3 ErbStG

    Vermögensverwalter, -verwahrer und Versicherungsunternehmen müssen die in ihrem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände und Forderungen bereits innerhalb von einem Monat seit Kenntnis des Erbfalls (nicht: Schenkung!) dem zuständigen Erbschaftsteuer-FA anzeigen. 

    Abgabe der Steuererklärung, § 31 ErbStG 

    Die Pflicht zur Abgabe einer Erbschaft- oder Schenkungsteuererklärung besteht erst dann, wenn das FA den an der Zuwendung Beteiligten hierzu auffordert. Die Frist, innerhalb derer die Steuererklärung abzugeben ist, kann dabei vom FA nach freiem Ermessen bestimmt werden. Sie muss jedoch mindestens einen Monat betragen. 

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2007 | Seite 171 | ID 110035