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  • Dinglicher Vorbehaltsnießbrauch

    Renovierung, An- und Umbauten
    bei Grundstücken des Privatvermögens

    von Steuerberaterin Marita Teutenberg, Beckum

    Viele Vermögensinhaber regeln die Erbfolge vorweg, indem sie Grundbesitz übertragen und sich durch ein Vorbehaltsnießbrauchsrecht weiterhin die Erträge aus diesem Vermögen sichern. Vor allem die ab dem 1. Januar 1996 eingeführte Bedarfsbewertung des Grundbesitzes hat viele Grundstückseigentümer veranlaßt, auf diese Weise noch 1995 Grundbesitz auf die nachfolgende Generation zu übertragen. In der Folgezeit sind dann oft Unklarheiten darüber entstanden, wer die Kosten für die bauliche Instandhaltung oder für Veränderungen trägt und wie sich die Aufwendungen steuerlich auswirken.

    Wegen der großen Bedeutung des Nießbrauchs im Steuerrecht informiert Sie der folgende Beitrag über die steuerliche Behandlung von Renovierungskosten, An- und Umbauten des Vorbehaltsnießbrauchers. Die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung nach dem neuen Nießbrauchserlaß ist berücksichtigt (24.7.98, BStBl I, 914; ErbBstg 8/98, 4 und Sonderdruck; ErbBstg 9/98, 20).

    I. Zivilrechtliche Grundsätze

    Ein Vorbehaltsnießbrauch liegt vor, wenn gleichzeitig mit der Übertragung eines Wirtschaftsguts ein Nießbrauch für den bisherigen Eigentümer bestellt wird. Der Nießbrauch entsteht durch dingliche Einigung und Eintragung im Grundbuch (§§ 1030 Abs. 1, 873 Abs. 1 BGB). Bei einem Grundstücksnießbrauch ist notarielle Beurkundung erforderlich.

    1. Allgemeine zivilrechtliche Regelungen

      Zivilrechtlich ist der Nießbrauch als dingliches persönliches Nutzungsrecht in den §§ 1030 ff. BGB geregelt. Danach ist der Nießbraucher berechtigt, die Nutzungen des Gegenstandes unmittelbar aus einem eigenen Recht zu ziehen.

    Allerdings ist der Vorbehaltsnießbraucher grundsätzlich weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks und kann dem eigentlichen bürgerlich-rechtlichen Eigentümer nicht die Einwirkung auf das nießbrauchsbelastete Grundstück verweigern. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vorbehaltsnießbraucher ein Gebäude in Ausübung seines Nießbrauchsrechts am unbebauten Grundstück errichtet hat. Für diesen Fall hat er zivilrechtliches Eigentum am Gebäude inne.

    2. Zivilrechtliche Behandlung von Baumaßnahmen

    Der Vorbehaltsnießbraucher kann das Wirtschaftsgut selbst nutzen, vermieten, verpachten oder einem anderen unentgeltlich überlassen.

    Er ist jedoch nicht berechtigt, in dessen Substanz einzugreifen. Dadurch kann er grundsätzlich nicht das Gebäude nach seinen Wünschen umgestalten oder wesentlich verändern. Eine Ausnahme besteht, sofern Nießbrauchsbesteller und Nießbrauchsberechtigter zusätzlich zum Vorbehaltsnießbrauchsrecht schuldrechtlich im Innenverhältnis etwas anderes vereinbaren. Bei entsprechenden Vereinbarungen zur Gebäudeumgestaltung darf der Nießbraucher Um- und Anbauten vornehmen.

    Der Nießbraucher hat nach § 1047 BGB für die Dauer des Nießbrauchsrechts alle im Zusammenhang mit dem Gebäude stehenden öffent­lichen und privatrechtlichen Lasten zu tragen (zum Beispiel Grundsteuer, Zinsen, nicht jedoch Tilgung von Grundschulden). Er ist nach § 1041 BGB zur Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand verpflichtet. Dazu gehören nur gewöhnliche Ausbesserungen und Erneuerungen zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks, die regelmäßig innerhalb kürzerer Zeitabstände anfallen – zum Beispiel die Beseitigung geringer Schäden an der Dacheindeckung oder das Erneuern zerbrochener Fensterscheiben.

    Größere Renovierungskosten – wie die Neueindeckung eines Daches, der Anstrich des ganzen Hauses, umfangreiche Innen- und Außenputzarbeiten oder die Wärmedämmung eines Daches – sind keine Aufwendungen i.S. des § 1041 BGB. Auch andere Veränderungen oder Verschlechterungen, die trotz regelmäßiger Erhaltung eintreten, hat der Nießbraucher nicht zu vertreten. Droht der Sache Gefahr oder werden außergewöhnliche Instandsetzungsarbeiten notwendig, so muß er dem Eigentümer unverzüglich Anzeige erstatten (§ 1042 BGB). Zu außergewöhnlichen Aufwendungen ist der Nießbraucher nicht verpflichtet, wohl aber berechtigt (§ 1043 BGB). Gegenüber dem Eigentümer steht ihm hierfür nur ein Ersatzanspruch bei einer entsprechenden schuldrechtlichen Verpflichtung oder nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag zu (§§ 1049 Abs. 1, 1068 BGB).

    Baut der Nießbraucher in ein Gebäude im Rahmen von Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen Gegenstände ein – zum Beispiel Fenster, Türen, sanitäre Anlagen, Heizungen –, gilt folgende bürgerlich-rechtliche Eigentumslage: Der Nießbraucher wird Eigentümer der eingebrachten Gegenstände, wenn die durch ihn entstandenen „Werke“ in Ausübung seines Rechts mit dem Grundstück verbunden werden (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder wenn die Sachen nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Gebäude eingefügt werden (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB). Beide Fälle sind immer nur dann anzunehmen, wenn der Nießbraucher die Aufwendungen (nahezu ausschließlich) im eigenen Interesse gemacht hat und er die von ihm eingebauten Gegenstände nach Beendigung des Nießbrauchs nicht dem Grundstückseigentümer überläßt (so schon RG 2.12.22, V 162/22, RGZ 106, 49, 52). Anderenfalls wird der Grundstückseigentümer Eigentümer der Gegenstände.

    II. Steuerliche Beurteilung des Vorbehaltsnießbrauchsrechts an einem Gebäude

    Bei der Besteuerung des Nießbrauchsrechts ist grundsätzlich das Zivilrecht heranzuziehen. Allerdings ist es steuerrechtlich nicht geboten, Begriffe und Institute nur nach ihrem bürgerlich-rechtlichen Gehalt auszulegen. Gerade die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist – abweichend vom Zivilrecht – für die Besteuerung von Bedeutung (zu dinglichen Vorbehaltsnutzungsrechten: Neuer Nießbrauchserlaß von 1998, Rz 39-50). Für eine vom bürgerlichen Recht abweichende Beurteilung müssen dann entsprechende steuerliche Vorschriften vorliegen.

    Wirtschaftliches Eigentum des Vorbehaltsnießbrauchers am Gebäude besteht, wenn er durch die Nießbrauchsbestellung eine dem zivilrechtlichen Eigentum angenäherte Position erlangt. Das ist der Fall,

    • wenn er im Innenverhältnis über die Substanz wie ein Eigentümer für eigene Rechnung verfügen kann oder
    • wenn sich das mit dem Nießbrauch belastete Objekt bis zum Erlöschen des Nießbrauchsrechts völlig abnutzt bzw. verbraucht.

    1. Allgemeine steuerliche Grundsätze

    Die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vorbehaltsnießbrauchs genügt nicht, damit der Nutzungsberechtigte mit dem Objekt Vermietungs- bzw. gewerbliche Einkünfte erzielt. Vielmehr sind die Einkünfte dem Nießbraucher nur unter den Voraussetzungen der jeweiligen Einkunftsart nach § 2 Abs. 1 i.V.m. §§ 13-24 EStG zuzurechnen:

    • Das Vorbehaltsnießbrauchsrecht muß rechtswirksam bestellt sein.
    • Der Nießbraucher muß volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis haben.
    • Er muß durch die Ausübung seines Rechts eine Leistung bewirken und dadurch den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen.
    • Der Nießbraucher muß die Nutzungen entsprechend der vertrag-lichen und gesetzlichen Regelungen tatsächlich ziehen, das heißt er muß über die erwirtschafteten Erträge selbst verfügen können.
    • Ein Vorbehaltsnießbrauch zwischen nahen Angehörigen ist nur dann anzuerkennen, wenn das Recht klar vereinbart, ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt wird.

    In schenkungsteuerlicher Sicht ist festzuhalten, daß die Übertragung eines Grundstücks unter Vorbehaltsnießbrauch eine Schenkung unter Lebenden nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellt. Es handelt sich um eine Schenkung unter einer Duldungsauflage, da der Beschenkte zwar um das Eigentum am Gebäude bereichert wird, ihm aber die Nutzung der Sache nicht sofort zusteht (vergleiche BFH 12.4.89, BStBl II, 524).

    Bei der Ermittlung des Steuerwerts der Zuwendung darf allerdings der Kapitalwert des Nießbrauchsrechts nicht als Last abgezogen werden, da bei der Grundstücksübertragung ein Nutzungsvorbehalt zugunsten des Schenkers eingeräumt wurde (siehe § 25 Abs. 1 ErbStG; vergleiche dazu: ErbBstg 1/98, 24). Die auf den Kapitalwert des Nießbrauchsrechts entfallende Steuer ist bis zum Erlöschen der Nießbrauchsverpflichtung zinslos zu stunden.

    Die gestundete Steuer kann auf Antrag des Erwerbers jederzeit mit ihrem Barwert nach § 12 Abs. 3 BewG abgelöst werden. Wird das Objekt vor dem Erlöschen des Nießbrauchsrechts veräußert, so endet die Stundung im Zeitpunkt der Veräußerung. Voraussichtlich muß dann auf den Nießbrauch verzichtet werden (so Moench, DStR 98, 632) oder der Nießbrauch muß abgelöst werden (zu den Rechtsfolgen siehe S. 5). Vor einem Verkauf ist deshalb darauf zu achten, daß die Belastung nach
    § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG abgelöst wird. Hier ist dann nur der Barwert (= abgezinster Betrag) des gestundeten Betrags zu entrichten.

    2. Baumaßnahmen an Gebäuden des Nießbrauchsbestellers

    Bei Aufwendungen des Vorbehaltsnießbrauchers an einem Gebäude ist zunächst festzustellen, ob Erhaltungsaufwendungen oder Herstellungskosten vorliegen. Diese Prüfung ist entsprechend den von der steuerlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vorzu­nehmen (vergleiche GStB 6/97, 17 ff.).

    2.1 Erhaltungsaufwendungen des Nießbrauchers

    Aufwendungen für die Erneuerung von bereits vorhandenen Teilen, Einrichtungen oder Anlagen sind dann Erhaltungsaufwendungen, wenn diese Baumaßnahmen nicht zu einer über den ursprünglichen Zustand des Gebäudes hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führen. Das bedeutet, daß die Instandsetzungsarbeiten nicht den Gebrauchswert des Gebäudes im Ganzen über eine zeitgemäße Erneuerung hinaus erhöhen dürfen.

    Sofern die Erhaltungsaufwendungen aber in einem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Herstellungskosten stehen und in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden, liegen insgesamt Herstellungskosten vor. Dabei ist ein sachlicher Zusammenhang gegeben, wenn die einzelnen Maßnahmen bautechnisch ineinandergreifen.

    In Anlehnung an das Zivilrecht kann der Vorbehaltsnießbraucher die regelmäßig anfallenden, laufenden Erhaltungsaufwendungen i.S. des § 1041 BGB als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen, wenn er das Objekt zur Einkunftserzielung nutzt und die zivilrechtlichen und steuerlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Nutzungsrechts vorliegen.

    Größere Erhaltungsaufwendungen des Vorbehaltsnießbrauchers, die er über seine Verpflichtung nach § 1041 BGB hinausgehend übernommen hat, sind dann als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn diese vertraglich übernommen wurden oder wenn dafür eine (andere) gesetzliche Verpflichtung besteht (Nießbrauchserlaß 24.7.98, aaO, Rz 21, 36, 93). Auch mündliche Vereinbarungen zur Übernahme von größeren Instandsetzungsmaßnahmen sind anzuerkennen, wenn diese wirtschaftlich entsprechend durchgeführt werden (BFH 14.11.89, BStBl II 90, 462).

    Hinweis: Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 entfällt voraussichtlich § 82b EStDV, wonach der Nießbraucher bisher größeren Erhaltungsaufwand für Gebäude, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, abweichend von § 11 Abs. 2 EStG auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen konnte.

    Sofern keine zusätzliche Vereinbarung über die Verpflichtung des Nießbrauchers zur Vornahme größerer Erhaltungsmaßnahmen besteht, ist die zivilrechtliche Eigentumslage für die steuerliche Behandlung maßgebend. Nur für den Fall, daß der Nießbraucher kein zivilrechtlicher Eigentümer der Baumaßnahmen geworden ist – zum Beispiel weil die Aufwendungen auch im Interesse des Grundstückseigentümers getätigt worden sind – und der Nießbraucher von vornherein auf einen Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 1049, 677, 683 BGB verzichtet, liegen nicht abzugsfähige Zuwendungen nach § 12 Nr. 2 EStG vor. Gleiches gilt, wenn der Nießbraucher einen gesetzlichen Erstattungsanspruch hat, diesen aber nicht geltend macht (vergleiche BFH 8.12.82, BStBl II 83, 710; BFH 10.4.91, BFH/ NV 91, 740).

    Bei den nicht abziehbaren Zuwendungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG ist weiterhin zu prüfen, ob die Voraussetzungen für freigebige Zuwendungen unter Lebenden nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt sind. Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine freigebige Zuwendung objektiv eine Bereicherung und (subjektiv) auf seiten des Zuwendenden den Willen zur  Bereicherung voraus. Da der Nießbraucher freiwillig auf seinen Ersatzanspruch verzichtet bzw. diesen nicht einfordert, liegt eine steuerpflichtige Schenkung an den Grundstückseigentümer vor.

    Die Wertermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs richtet sich nach § 10 ErbStG. Danach ist auf die Steuerwerte abzustellen. Der Steuerwert des Grundstücks nach Durchführung der Maßnahmen ist jedoch nur dann maßgebend, wenn eine mittelbare Grundstücksschenkung vorliegt. Nach herrschender Auffassung ist das dann der Fall, wenn die Zuwendung im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Zuwendung eines bestimmten Grundstücks oder Gebäudes erfolgt und somit ein einheitliches Rechtsgeschäft angenommen werden kann. In den meisten Fällen handelte es sich jedoch hierbei um Geldschenkungen, bei denen der Steuerwert des Grundstücks für die Ermittlung der Schenkungsteuer nicht herangezogen wird (a.A.: Troll, DB 90, 2233).

    2.2 Nachträgliche Herstellungskosten

    In der Praxis sind häufig Fälle anzutreffen, bei denen der Nießbraucher Um- oder Anbauten an dem nießbrauchsbelasteten Objekt  vornimmt. Herstellungskosten liegen bei Um- und Anbauten vor, wenn durch die Umbaumaßnahmen eine Wesensänderung des Gebäudes getätigt wird oder wenn eine Gebäudeerweiterung durch Flächenvergrößerung oder Substanzvermehrung vorliegt oder wenn eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Gebäudes eintritt.

    Bei nachträglichen Herstellungskosten muß der „einheit­liche Nutzungs- und Funktionszusammenhang“ erhalten bleiben. Das ist dann der Fall, wenn die bisherige Nutzung des Gebäudes beibehalten wird und die Umbauten nicht für besondere betriebliche Zwecke des Bauherrn getätigt werden. Solche Kosten erhöhen die bisherige Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Abschreibung, die der Vorbehaltsnießbraucher bei Einkunftserzielung in Anspruch nehmen kann. Erhöhte Abschreibungen nach § 7i EStG sind möglich, sofern die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. § 7h EStG entfällt voraussichtlich mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002.

    Sofern das Objekt im Fördergebiet liegt, kommt nach § 3 InvZulG eventuell eine Förderung in Betracht. Voraussetzung ist, daß es sich um nachträgliche Herstellungskosten an einem vor dem 1. Januar 1991 fertiggestellten Gebäude handelt, das für mindestens fünf Jahre der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dient.

    Die Übernahme nachträglicher Herstellungskosten an einem nießbrauchbelasteten Gebäude durch den Nießbraucher führen im Zeitpunkt der Fertigstellung zu freigebigen Zuwendungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an den Grundstückseigentümer. Schenkungsteuer fällt allerdings nur an, sofern sich durch die Baumaßnahmen der nach dem BewG zu ermittelnde Wert des Gebäudes so erhöht, daß eine Wertfortschreibung nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG durchzuführen ist.

    2.3 Herstellung eines neuen/anderen Wirtschaftsguts

    Nachträgliche Herstellungskosten sind von Herstellungskosten für ein neues oder ein anderes Wirtschaftsgut abzugrenzen. Ein neues Gebäude ist zu bejahen, wenn bautechnisch ein neues Haus entsteht, wenn ein Altbau so mit dem Anbau verschachtelt wird, daß der Anbau dem Gesamtgebäude das Gepräge gibt oder wenn ein voll verschlissenes Gebäude wieder hergerichtet wird. Ein anderes Gebäude liegt vor, wenn das bisherige Wirtschaftsgut ohne Funktions- und Zweckänderung im Wesen geändert und so sehr umgestaltet oder erweitert wird, daß die eingefügten Teile der Gesamtsache das Gepräge geben und die verwendeten Altteile bedeutungslos und wertmäßig untergeordnet sind.

    In beiden Fällen ist keine erhöhte AfA nach § 7i EStG möglich. Bei einem neuen Gebäude kann aber die degressive Anschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG in Anspruch genommen werden.

    Ein neues Wirtschaftsgut entsteht insbesondere dann, wenn die durch den Nießbraucher geschaffenen Um- und Einbauten unmittelbar seinen betrieblichen Zwecken dienen und in einem von der eigentlichen Gebäudenutzung verschiedenen Funktionszusammenhang stehen. Hier sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu Gebäuden auf fremdem Grund und Boden heranzuziehen.

    Beispiel

    Die Tante T. überträgt ihr Mietwohngrundstück auf ihren Neffen N. und behält sich ein Vorbehaltsnießbrauchsrecht am gesamten Gebäude zurück. Sie vermietet das  Objekt wie bisher an fremde Personen zu Wohnzwecken. Durch den Ausbau des Dachgeschosses durch T. entsteht eine weitere Wohnung, die nach Fertigstellung ebenfalls zu fremden Wohnzwecken genutzt wird.

    Lösung: Durch den Dachgeschoßausbau entsteht kein neues Wirtschaftsgut, da ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang durch die insgesamte Vermietung zu fremden Wohnzwecken vorliegt. Die Baukosten erhöhen als nachträgliche Herstellungskosten die AfA-Bemessungsgrundlage.

    2.4 Steuerliche Behandlung der Baukosten

    Bei der steuerlichen Prüfung der Baukosten ist in den folgenden Schritten vorzugehen:

    a) Liegt ausnahmsweise zivilrechtliches Eigentum vor ?

    Sofern durch die Einbauten des Vorbehaltsnießbrauchers Anlagen
    i.S. des § 95 Abs. 1 BGB entstehen, wird er zivilrechtlicher Eigentümer der eingebrachten Sachen. Insofern kann er die Abschreibung entsprechend der vorgesehenen Nutzungsdauer geltend machen. Hierbei handelt es sich nämlich um Scheinbestandteile (= bewegliche Wirtschaftsgüter), die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden werden, deren Nutzungsdauer länger als das Nießbrauchsrecht ist und deren Beseitigung von vornherein feststeht.

    Hinweis: Bei einem Gebäude, das in Ausübung des Nießbrauchsrechts an einem fremden Grundstück von dem Nießbrauchsberechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist, wird die Beseitigung als Scheinbestandteil nicht gefordert.

    Das Gebäude ist zu aktivieren und nach den AfA-Vorschriften für Gebäude auf die Dauer des Nießbrauchsrechts abzuschreiben.

    Beispiel

    Die A-GmbH errichtet auf einem unbebauten Grundstück, an dem sie ein Vorbehaltsnießbrauchsrecht hat, eine Lagerhalle. Laut Vertrag muß sie diese bei Nießbrauchsbeendigung wieder abreißen.

    Lösung: Die GmbH wird zivilrechtlich und wirtschaftlich Eigentümerin der Halle, die mit den Herstellungskosten zu bilanzieren ist.

    b) Liegt ausnahmsweise wirtschaftliches Eigentum vor ?

    Die Baumaßnahmen des Vorbehaltsnießbrauchers können zu seinem wirtschaftlichen Eigentum führen, wenn der Grundstückseigentümer von der tatsächlichen Herrschaft für die gewöhnliche Nutzungsdauer ausgeschlossen werden kann. Das ist immer dann der Fall, wenn die eingebaute Sache bis zum Erlöschen des Nießbrauchsrechts verbraucht wird oder wenn der Nießbraucher bei Beendigung seines Rechts eine Entschädigung in Höhe des gemeinen Werts erhält.

    Die Gesamtkosten für die Baumaßnahmen sind zu aktivieren und nach den für Gebäude geltenden AfA-Methoden abzuschreiben.

    Beispiel

    Der 50jährige Einzelhändler A. hat sein Betriebsgrundstück an seinen Sohn unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts auf Lebenszeit übertragen. Das Grundstück nutzt er weiterhin für seinen Gewerbebetrieb. Aus Sicherheitsgründen baut er eine Blitzschutzanlage mit einer Nutzungsdauer von acht Jahren ein.

    Lösung: A. wird wirtschaftlicher Eigentümer der Blitzschutzan­lage, da diese vor Beendigung des Nutzungsrechts am Gebäude verbraucht wird.

    c) Behandlung „wie ein materielles Wirtschaftsgut“?

    Führen die Baumaßnahmen zur Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts, das weder Scheinbestandteil ist noch die Voraussetzungen für wirtschaftliches Eigentum erfüllt, so ist dieses „wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln“ (BMF 5.11.96, BStBl I, 1257).

    Beispiel

    Die A & B-OHG hat ein Vorbehaltsnießbrauchsrecht an einem Bürogebäude. Zur besseren betrieblichen Nutzung werden die Zwischenwände entfernt, dadurch wird ein Großraumbüro geschaffen. Die Baumaßnahmen erfolgen hier aufgrund der besonderen betrieblichen Interessen der OHG. Nach Beendigung des Nutzungsrechts ist kein Ausbau möglich und die Baumaßnahme verbraucht sich nicht während der Nutzungsdauer.

    Der Nießbraucher hat hier auf eigene Rechnung Herstellungskosten für ein im Eigentum des Nießbrauchsbestellers stehendes Gebäude oder einen Gebäudeteil getragen. Diese so geschaffene Nutzungsmöglichkeit an dem fremden Gebäude ist als materielles Wirtschaftsgut mit den Herstellungskosten anzusetzen und nach den für Gebäude geltenden Regeln abzuschreiben.

    Bei Beendigung des Nutzungsrechts vor Ablauf der Nutzungsdauer realisiert der Nießbraucher nach §§ 951, 812 BGB einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Eigentümer. Bei einem Verzicht auf diesen Anspruch liegt eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1  ErbStG vor, da der Grundstückseigentümer auf Kosten des Nießbrauchers bereichert wird.

    d) Erhaltungsaufwendungen an Um- und Anbauten des Nießbrauchers

    Erhaltungsaufwendungen an An- und Umbauten durch den Nutzungsberechtigten sind als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Nießbraucher den An- bzw. Umbau auf eigene Rechnung errichtet hat, rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer geworden ist und den Bau zur Einkunftserzielung verwendet. So wird der An- und Umbau nicht aufgrund des Nießbrauchsrechts, sondern durch ein durch das Eigentum selbst geschaffenes Nutzungsrecht genutzt.

    Hier können m.E. nicht die zivilrechtlichen Regeln zur Lastenverteilung angewendet werden. Die steuerliche Behandlung von Renovierungskosten an vom Nießbrauchsberechtigten errichteten An- und Umbauten richtet sich vielmehr nach R 157 EStR und ist nach den gleichen Kriterien wie bei Maßnahmen durch den Eigentümer vorzunehmen.

    e) Steuerliche Vergünstigungen für Baumaßnahmen an einem vom Vorbehaltsnießbraucher selbstgenutzten Grundstück

    Die Wohneigentumsförderung nach dem Eigenheimzulagengesetz für den Vorbehaltsnießbraucher ist dann möglich, wenn der Nutzungsberechtigte in Ausübung seines Vorbehaltsnießbrauchsrechts an
    einem unbebauten Grundstück ein Gebäude zur Selbstnutzung errichtet. Hier wird er zivilrechtlicher Eigentümer des Gebäudes.

    Ansonsten ist die steuerliche Förderung von An- und Umbauten durch den Vorbehaltsnießbraucher an einem selbstgenutzten Objekt nur dann möglich, wenn er wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes ist. Zur Prüfung des wirtschaftlichen Eigentums sollte man die neueste Rechtsprechung heranziehen: Nach dem BFH-Urteil vom 27. November 1996 liegt bereits dann wirtschaftliches Eigentum vor, wenn ein Steuerpflichtiger auf eigene Kosten auf einem fremden Grundstück mit Zustimmung des Eigentümers ein Haus für eigene Wohnzwecke errichtet und ihm aufgrund von Vereinbarungen, die vor der Bebauung getroffen wurden, ein Nutzungsrecht für die voraussicht-liche Nutzungsdauer des Gebäudes eingeräumt wird (X R 92/92, BStBl II 98, 97). Dann ist er als wirtschaftlicher Eigentümer zur Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 10e EStG bzw. nach dem Eigenheimzulagengesetz berechtigt.

    Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 01/1999, Seite 24

    Quelle: Ausgabe 01 / 1999 | Seite 24 | ID 101909