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  • 01.05.2005 | Erbbaurecht

    Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts

    von StB / WP Dipl. Kfm. Gerrit Grewe
    Verstoßen die Belastungsfolgen einer schematisierenden Bedarfsbewertung eines Erbbaurechts gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 BewG gegen das Übermaßverbot, ist in verfassungskonformer Auslegung der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes durch den Steuerpflichtigen zuzulassen (BFH 29.9.04, II R 57/02, Abruf-Nr. 042954).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin erbte ein Erbbaurecht mit Zweifamilienhaus. Nach Ablauf des Erbbaurechts sollte der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten zwei Drittel des gemeinen Wertes des Gebäudes erstatten. Das FA setzte bei der Bewertung des Erbbaurechts als Ausgangsgröße i.S. des § 148 Abs. 1 S. 2 BewG den Mindestwert gemäß § 146 Abs. 6 BewG an. Der Klage, den Wert des Erbbaurechts auf den Ertragswert gemäß § 146 Abs. 2bis 5 BewG für das bebaute Grundstück festzustellen, gab das FG statt. Der Ermittlung des Wertes des Erbbaurechts dürfe in verfassungskonformer Auslegung des § 148 Abs. 1 S. 2 BewG nicht der Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG zu Grunde gelegt werden. 

     

    Entscheidungsgründe

    Die Revision des FA ist begründet. Der Differenzmethode der Bewertung eines Erbbaurechts nach § 148 Abs. 1 S. 2 BewG liegt die Vorstellung zu Grunde, dass die Werte des belasteten Grundstücks und des Erbbaurechts zusammen keinen anderen Wert erbringen als ein unbelastetes Grundstück. Die Verweisung auf § 146 BewG dient nicht unmittelbar der Bewertung des Erbbaurechts, sondern der Ermittlung des Wertes des bebauten, unbelasteten Grundstücks als Ausgangsgröße. Deswegen darf der Wert des Grundstücks auch nicht niedriger angesetzt werden als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück nach § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten wäre (§ 146 Abs. 6 BewG).  

     

    Nach dieser Systematik wird der Wert des unbelasteten Grundstücks durch Abzug des belasteten Grundstücks nach § 148 Abs. 1 S. 1 BewG „neutralisiert“. Misslingt diese Neutralisierung, kann dies am Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG, aber auch am abzuziehenden Wert nach § 148 Abs. 1 S. 1 BewG liegen. Denn dieser Wert berücksichtigt weder die Restlaufzeit des Erbbaurechts noch eine etwa zu zahlende Heimfallvergütung. Ferner muss die Höhe des Erbbauzinses, die den Wert nach § 148 Abs. 1 S. 1 BewG bestimmt, auch nicht in jedem Fall marktüblich sein, sondern kann auf anderen Erwägungen beruhen (gesellschaftsrechtlich verbundene Beteiligte, Angehörige, soziale Gründe).