18.11.2008 | Erbrecht
Das „Behindertentestament“
von Dr. Carmen Griesel, RAin / StBin, Düsseldorf
Die dauerhafte Versorgung behinderter Kinder nach dem Tod der Eltern und der Schutz des Nachlasses vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers beschäftigt die Verantwortlichen. Vor pauschalierten Lösungsansätzen muss dabei ebenso gewarnt werden wie vor dem Ziel, jedweden Vermögensvorteil vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu bewahren.
1. Grundlagen im Sozialhilferecht
Eine Erbschaft zählt nicht zu dem in § 90 Abs. 2 SGB XII aufgezählten Schonvermögen, sodass der behinderte Erbe das Erbe für seinen Unterhalt bzw. Rückständen gegenüber Sozialhilfeträgern einsetzen muss. Gleiches gilt auch für einen auf Geldzahlung gerichteten Pflichtteils(rest)- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch, den sich der Sozialhilfeträger auch gegen den Willen des Erben gemäß § 93 SGB XII auf sich überleiten und geltend machen kann.
Zudem haftet der Erbe des Behinderten mit dem Erbe rückwirkend bis zu zehn Jahren vor dem Erbfall für Sozialleistungen an den Behinderten (§ 102 Abs. 1 SGB XII). Trifft man keine Vorsorge, besteht daher die Gefahr, dass die Erbschaft bzw. der Pflichtteil eines behinderten Kindes für die Rückstände gegenüber dem Sozialhilfeträger verbraucht wird, ohne dass dem Kind selbst Leistungen aus dem Vermögen zugute kommen. Sogenannte Behindertentestamente zielen daher darauf ab,
- das Vermögen des Erblassers zu Lebzeiten vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu schützen,
- dem behinderten Kind zu dessen Lebzeiten seine Situation verbessernde Leistungen aus der Erbschaft zuzuwenden und
- das Vermögen auch nach dem Tod des Behinderten nicht ohne Weiteres dem Sozialhilfeträger zu überlassen.
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