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  • 03.09.2008 | Erbrechtsreform

    Entziehung des Pflichtteils – Änderungen durch die geplante Erbrechtsreform

    von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster

    Das Gesetz zur Reform des Erbrechts (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts, Abruf-Nr. 082703) wird in Kürze beschlossen werden und tritt voraussichtlich zum 1.1.09 in Kraft. Unter anderem sind in § 2333 BGB veränderte Möglichkeiten zur Entziehung des Pflichtteils vorgesehen. Der Pflichtteil kann denen entzogen werden, die gemäß § 2303 BGB pflichtteilsberechtigt sind. Das sind 

    • die Abkömmlinge,
    • die Eltern, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, sowie
    • der Ehegatte.

     

    Soweit der Erblasser beabsichtigt von der Möglichkeit der Entziehung des Pflichtteils Gebrauch zu machen, sollten die veränderten Voraussetzungen für einen Pflichtteilsentzug schon jetzt bei der Testamentsgestaltung beachtet werden. Dies gilt nicht nur für die erstmalige Abfassung eines Testaments. Auch eine Anpassung bestehender Testamente könnte – zum Beispiel im Hinblick auf die Begründung eines Pflichtteilsentzuges – erforderlich werden. Rechtliche Grauzonen bei der Frage, ob die Pflichtteilentziehungsgründe tatsächlich hinreichend erfüllt sind, wird es auch nach der Reform geben, sodass gerichtliche Streitigkeiten zu diesem Thema nahezu vorprogrammiert sind. 

    1. Die vorgesehene Neuregelung

    Die Entziehung des Pflichtteils ist der schwerste Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Position des Pflichtteilsberechtigten. Allerdings sind die Entziehungsgründe, die zurzeit in §§ 2333 BGB für die Abkömmlinge, in § 2334 BGB für die Eltern und in 2335 BGB für den Ehegatten geregelt sind, teilweise nicht mehr zeitgemäß. Der Gesetzgeber sieht daher eine Anpassung an die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse vor. Dabei geht er weiterhin von dem Grundsatz aus, dass als Grund für die Entziehung einer verfassungsrechtlich geschützten Position nur schweres Fehlverhalten des Pflichtteilsberechtigten in Betracht kommen kann. Eine Pflichtteilsentziehung soll künftig möglich sein bei schwerem Fehlverhalten gegenüber dem Erblasser und ihm nahestehenden Personen sowie bei allgemeinem schweren sozialwidrigen Fehlverhalten. Außerdem sollen zukünftig die Pflichtteilsentziehungsgründe für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten in § 2333 BGB zusammengefasst werden. Nach § 2333 BGB-E kann der Erblasser einem Abkömmling (§ 2333 Abs. 1 BGB-E), den Eltern oder Ehegatten (§ 2333 Abs. 2 BGB-E) den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling, der Vater, die Mutter oder der Ehegatte 

    1.dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahestehenden Person nach dem Leben trachtet,
    2.sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nr. 1 bezeichneten Personen schuldig macht,
    3.die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
    4.wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömm­lings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

    2. Die vorgesehenen Änderungen im Detail

    Der Entwurf passt somit die Pflichtteilsentziehungsgründe an die sich im Lauf der Zeit gewandelten Strukturen an.  

     

    2.1 Erweiterung des Kreises der vom Fehlverhalten Betroffenen