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  • 08.04.2009 | Erbschaftsteuerreform

    12 wichtige Spielregeln zum Optionsrecht

    von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster

    Mit gleichlautenden Ländererlassen vom 23.2.09 hat die Finanzverwaltung zum Antrags- bzw. Optionsrecht auf Anwendung des neuen Bewertungs- und Erbschaftsteuergesetzes Stellung genommen und sich auch zu den darin angesprochenen Zweifelsfragen geäußert (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23.2.09, Anwendung des Artikels 3 des ErbStRG, Abruf-Nr. 091101, ZEV 09, 152 f.; auch Brüggemann, ErbBstg 09, 80 ff.). Danach gelten für das Antrags- bzw. Optionsrecht die folgenden „amtlichen“ Spielregeln:  

     

     

    Checkliste Optionsrecht: 12 wichtige Regeln
    1. Das Optionsrecht gilt nur für Erwerbe von Todes wegen (§ 3 ErbStG). Die Steuer muss gemäß § 9 ErbStG nach dem 31.12.06 und vor dem 1.1.09 entstanden sein.

     

    2. Das Wahlrecht auf Rückwirkung steht jedem Erwerber von Todes wegen kraft eigener Rechtsstellung zu. Ein einheitlicher Antrag für alle an einem Erwerb Beteiligten ist nicht erforderlich.

     

    3. Ist die Steuer vor dem 1.1.09 bereits festgesetzt worden, kann ein Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes, das heißt längstens bis zum 30.6.09, gestellt werden. In diesem Fall kann die Steuerfestsetzung entsprechend geändert werden.

     

    4. Da das Antragsrecht auf rückwirkende Anwendung des ErbStRG gemäß Art. 6 Abs. 3 ErbStRG zum 1.7.09 erlischt, muss auch bei einer Steuerfestsetzung nach dem 31.12.08 der Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung, das heißt bis zur formellen Bestandskraft, spätestens aber bis zum 30.6.09 gestellt werden. Der Erwerber muss den Antrag daher in entsprechenden Fällen schon vor einer erstmaligen Steuerfestsetzung, eventuell sogar schon vor der Abgabe der Erklärung oder mit der Abgabe der Erklärung stellen.

     

    5. Der Erwerber kann den Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung widerrufen. Das leitet die Finanzverwaltung im Umkehrschluss aus Art. 3 Abs. 3 ErbStRG ab. Danach ist der Antrag nur dann nicht möglich, wenn die Steuerfestsetzung nachträglich deshalb geändert wird, weil gegen die Verschonungsvoraussetzungen nach §§ 13a, 19a ErbStG in der Fassung des Art. 1 des ErbStRG verstoßen worden ist.

     

    6. Die Option umfasst alle durch das ErbStRG geänderten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes. Die Höhe des persönlichen Freibetrags richtet sich jedoch in diesem Fall nach § 16 ErbStG in der bis zum 31.12.08 anzuwendenden Fassung. Für die Besteuerung bleiben die tatsächlichen Verhältnisse vom Stichtag der Steuerentstehung maßgebend.

     

    7. Das Gesetz sieht zwar nur die Möglichkeit vor, eine Festsetzung der ErbSt auf Antrag des Erwerbers zu ändern, nicht aber die Möglich­keit der Änderung der gesondert festgestellten Besteuerungsgrund­lagen (z.B. Grundbesitzwert, Wert des Betriebsvermögens).

     

    Jedoch ist im Falle der Antragstellung durch einen Erwerber oder mehrere Erwerber der Feststellungsbescheid über die nach dem bis zum 31.12.08 geltenden Bewertungsrecht festgestellten Besteuerungsgrundlagen nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern, wenn diese nicht mit den festzustellenden Besteuerungsgrundlagen übereinstimmen, die nach dem Bewertungsrecht ab 1.1.09 gelten.

     

    8. Bei einem nachfolgenden Widerruf des Antrags eines Erwerbers kann der Änderungsbescheid nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO aufgehoben werden, wodurch der ursprüngliche Feststellungsbescheid wieder in Kraft gesetzt wird (BFH 9.12.04, VII R 16/03, BStBI II 06, 346).

     

    9. Alle durch das ErbStRG geänderten oder neu eingeführten sachlichen Steuerbefreiungen, insbesondere nach §§ 13, 13a, 13b, 13c ErbStG, der Wegfall des § 25 ErbStG und die erweiterte Stundung nach § 28 ErbStG sowie die durch das ErbStRG geänderten oder neu eingeführten Bewertungsregelungen, insbesondere für Grundbesitz, Betriebsvermögen und für nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften, sind zu berücksichtigen (siehe Beispiele in ErbBstg 09, 80 ff.).

     

    10. Die steuerliche Korrespondenz zwischen dem Ansatz beim Berechtigten (z.B. Vermächtnisnehmer) und dem Abzug beim Verpflichteten (z.B. Erbe) kann durch die Option einzelner Erwerber durchbrochen werden.

     

    Beispiel: Der Erblasser verstirbt im Dezember 2008 und vermacht dem Vermächtnisnehmer V ein unbelastetes Einfamilienhaus. Das Einfamilien­haus wurde vom Erblasser und wird vom Vermächtnisnehmer zu eigenen Wohnzwecken genutzt. V optiert daher, um die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zu erhalten. Der Grundbesitzwert nach Rechtslage 2008 beträgt 500.000 EUR und der Grundbesitzwert nach Rechtslage 2009 beträgt 650.000 EUR.

     

    Im Falle der Option bekommt V eine Steuerbefreiung auf den nach neuer Rechtslage festzustellenden Wert von 650.000 EUR. Der Erbe kann als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG den nach alter Rechtslage festzustellenden Wert von 500.000 EUR als Nachlassverbindlichkeit abziehen, den er allerdings auch als Erwerb durch Erbanfall zuvor gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG angesetzt hat.

     

    11. Der Kapitalwert von Nutzungen und Leistungen nach § 14 BewG ist bei einem Erwerb von Todes wegen, für den die Steuer nach § 9 ErbStG

     

    • nach dem 31.12.06 und vor dem 1.1.08 entstanden ist, mit den Vervielfältigern zu berechnen, die nach der ab dem 1.1.07 geltenden Sterbetafel 2003/2005 ermittelt wurden,

     

    • nach dem 31.12.07 und vor dem 1.1.09 entstanden ist, mit den Vervielfältigern zu berechnen, die nach der ab dem 1.1.08 geltenden Sterbetafel 2004/2006 ermittelt wurden; Grundlage bildet dabei das Lebensalter des Berechtigten im Besteuerungszeitpunkt.

     

    12. Beim vereinfachten Ertragswertverfahren nach §§ 199 bis 203 BewG ist bei einem Erwerb von Todes wegen, für den die Steuer nach § 9 ErbStG nach dem 31.12.06 und vor dem 1.1.08 entstanden ist, der Basiszins vom 2.1.07 und bei einem Erwerb von Todes wegen, für den die Steuer nach § 9 ErbStG nach dem 31.12.07 und vor dem 1.1.09 entstanden ist, der Basis­zins vom 2.1.08 zugrunde zu legen.
     

    Nachfolgend werden die Auswirkungen der Übertragung eines nießbrauchsbelasteten Mietwohngrundstücks nach altem und nach neuem Recht gezeigt: