01.09.2005 | Erbunwürdigkeit
Trotz strafrechtlicher Verurteilung: Erbunwürdigkeit nicht zwingend
Zur Bedeutung einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung zur Erbunwürdigkeit nach § 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB i.V. mit §§ 267, 271bis 274 StGB (BGH 16.3.05, IV ZR 140/04, Abruf-Nr. 051412) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Beklagte war wegen der Fälschung eines ihn begünstigenden Testaments rechtskräftig verurteilt worden. Fraglich war die Wirkung dieser strafrechtlichen Verurteilung auf das Verfahren bezüglich der Erbunwürdigkeit des Beklagten nach § 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB.
Der BGH führt aus, dass eine Bindung des Zivilrichters an strafgerichtliche Urteile mit der das Zivilprozessrecht beherrschenden freien Beweiswürdigung nicht vereinbar ist. Der Zivilrichter muss sich seine Überzeugung grundsätzlich selbst bilden und ist auch nicht an einzelne Tatsachenfeststellungen eines Strafurteils gebunden. Allerdings darf er bei engem rechtlichen und sachlichen Zusammenhang von Zivil- und Strafverfahren rechtskräftige Strafurteile nicht völlig unberücksichtigt lassen. Er ist vielmehr gehalten, sich mit den Feststellungen auseinanderzusetzen, die für seine eigene Beweiswürdigung relevant sind.
Praxishinweis
Eine strafrechtliche Verurteilung wegen Urkundenfälschung in Bezug auf das Testament des Erblassers führt daher nicht automatisch zur Erbunwürdigkeit des verurteilten Erben. Umgekehrt kommt aber auch einem Freispruch keine Bindungswirkung zu. Dagegen trifft bspw. bei Unzurechnungsfähigkeit die Beweislast im Zivilprozess den Erben, im Strafverfahren hingegen gilt der Grundsatz in dubio pro reo. (GS)
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