Finanzverwaltung
Einzelheiten zur Bewertung unbebauter Grundstücke
Die Finanzverwaltung hat in ihren gleichlautenden Ländererlassen vom 15. April 1997 (BStBl I, 394) Zweifelsfragen bei der Bewertung unbebauter Grundstücke im Inland für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ab dem 1. Januar 1996 und für Zwecke der Grunderwerbsteuer ab dem 1. Januar 1997 geregelt.
Im Vorfeld der Bewertung sind zwei wichtige Fragen zu klären, und zwar:
- Was ist überhaupt ein unbebautes Grundstück und
- was gehört zu einem unbebauten Grundstück?
Erst im Anschluß daran kann dann der Frage nachgegangen werden, wie der Grundstückswert für das unbebaute Grundstück im Regelfall, aber auch bei Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts zu ermitteln ist.
1. Was ist ein unbebautes Grundstück?
Unbebaute Grundstücke sind, so § 145 Abs. 1 BewG, Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden oder zur Nutzung vorgesehene Gebäude im Bau befindlich sind.
Die Benutzbarkeit eines Gebäudes beginnt im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Bis dahin liegt bei einem im Bau befindlichen Gebäude ein Grundstück vor, dessen Grundstückswert nach der Sondervorschrift des § 149 BewG zu ermitteln ist. Ist mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen worden, handelt es sich um ein unbebautes Grundstück, dessen Grundstückswert unter Ansatz der Grundstücksfläche und des ermäßigten Bodenrichtwerts zu berechnen ist. Für den Beginn der Bauarbeiten stellt der Gesetzgeber in § 145 Abs. 1 Satz 3 BewG darauf ab, ob auf dem Grundstück mit den Abgrabungen begonnen worden ist oder ob Baustoffe eingebracht worden sind, die zur planmäßigen Errichtung des Gebäudes führen. Noch nicht als Beginn der Baumaßnahme anzusehen sind insbesondere
» der Abriß eines vorhandenen Gebäudes, unabhängig davon, ob es noch oder nicht mehr benutzbar war,
» die Vergabe eines Generalunternehmervertrags,
» die Anfuhr größerer Mengen von Baustoffen auf der Baustelle,
» der Abschluß des Architektenvertrags,
» die Erteilung der Baugenehmigung.
Bei vorhandenen Gebäuden ist der Frage nachzugehen, ob sie noch benutzbar sind. Ist dies nämlich nicht der Fall, so liegt ebenfalls ein unbebautes Grundstück vor. Nicht mehr benutzbar sind solche Gebäude, die infolge des Verfalls des Gebäudes oder der Zerstörung keine auf Dauer benutzbaren Räume mehr enthalten (§ 145 Abs. 2 Satz 2 BewG).
Dem Verfall preisgegeben ist ein Gebäude, wenn der Verfall so weit fortgeschritten ist, daß das Gebäude nach objektiven Verhältnissen auf Dauer nicht mehr benutzt werden kann. Die Verfallsmerkmale müssen an der Bausubstanz erkennbar sein und das gesamte Gebäude betreffen. Von einem Verfall ist auszugehen, wenn erhebliche Schäden an konstruktiven Teilen des Gebäudes eingetreten sind und ein Zustand gegeben ist, der aus bauordnungsrechtlicher Sicht die sofortige Räumung nach sich ziehen würde. Dies ist stets der Fall, wenn eine Anordnung der baupolizeilichen Aufsichtsbehörde zur sofortigen Räumung des Grundstücks vorliegt (BFH v. 20.6.75, BStBl II, 803).
Hinweis: Gesondert ist in diesen Fällen zu prüfen, ob der Zustand „dem Verfall preisgegeben" von Dauer ist.
Behebbare Baumängel und Bauschäden sowie aufgestauter Reparaturbedarf infolge von unterlassenen Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten wirken sich i. d. R. nur vorübergehend auf Art und Umfang der Gebäudenutzung aus und betreffen nicht unmittelbar die Konstruktion des Gebäudes. Folge: Es liegt kein dem Verfall preisgegebenes Gebäude vor.
Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die aufgrund von Umbauarbeiten vorübergehend nicht benutzbar sind, gilt das Grundstück als bebautes Grundstück. Nicht zu erfassen sind jedoch Gebäude, die infolge Entkernung keine bestimmungsgemäß benutzbaren Gebäude mehr enthalten, auch wenn dies nur vorübergehend der Fall ist (BFH v. 24.10.90, BStBl 91 II, 60).
Ein Gebäude ist zerstört, wenn keine auf Dauer benutzbaren Räume vorhanden sind.
§ 145 Abs. 2 Satz 1 BewG regelt darüber hinaus den Fall, daß auf dem Grundstück zwar benutzbare Gebäude errichtet sind, diese Gebäude jedoch keiner oder nur einer unbedeutenden Nutzung zugeführt werden können. Ist dies der Fall, so liegt trotz Bebauung ein unbebautes Grundstück vor. Ein Gebäude kann keiner Nutzung zugeführt werden, wenn es aus bautechnischen Gründen nicht genutzt werden kann. Der Umstand, daß an einer Nutzungsüberlassung vorübergehend kein Bedarf besteht, z. B. bei leerstehenden Bürogebäuden, hat auf die Zuordnung zu den unbebauten Grundstücken keinerlei Auswirkungen.
Eine unbedeutende Nutzung liegt bei einer Bewertung des vorhandenen Gebäudes nach dem Ertragswertverfahren vor, wenn die erzielte Jahresmiete oder übliche Miete weniger als 1 % des Werts des unbebauten Grundstücks ausmacht. Obwohl das Gesetz von Jahresmiete und üblicher Miete spricht, stellt die Finanzverwaltung auf die Durchschnittsmiete, abgeleitet aus den letzten drei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt, ab. Denn diese Miete wäre anzusetzen, wenn es sich um ein bebautes Grundstück handeln würde, dessen Grundstückswert nach dem Ertragswertverfahren zu berechnen ist.
Wie sieht es nun mit Grundstücken aus, die unter Ansatz des Werts des Grund und Bodens und des Gebäudewerts zu bewerten sind (§ 147 BewG)? Da es hier an einer Durchschnittsmiete fehlt, hat die Finanzverwaltung zur Beurteilung des Merkmals „unbedeutende Nutzung" auf die bebaute Fläche abgestellt. Bei eingeschossigen Gebäuden darf sie nicht mehr als 25 m² betragen. Ist die bebaute Fläche größer als 25 m² oder hat das Gebäude mehr als ein Geschoß, ist eine unbedeutende Nutzung zu verneinen mit der Folge: Es liegt ein bebautes Grundstück vor.
2. Was gehört zur wirtschaftlichen Einheit „unbebautes Grundstück"?
Bei der Bedarfsbewertung ist wie bei der Einheitsbewertung 1964/1935 auf die wirtschaftliche Einheit als Bewertungsgegenstand zurückzugreifen. Wirtschaftliche Einheit ist das Grundstück, wobei darauf zu achten ist, daß der Begriff des Grundstücks nicht mit dem im bürgerlichen Recht identisch ist. Vielmehr kommt es auf die Verkehrsanschauung an (§ 2 BewG). Darüber hinaus ist für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit erforderlich, daß der Grundbesitz demselben Eigentümer gehört. Flächen, die im Eigentum eines Eigentümers stehen, und Flächen, die ihm und anderen Personen gemeinsam - gesamthänderisch oder nach Bruchteilen - gehören, können daher grundsätzlich nicht in die wirtschaftliche Einheit einbezogen werden. Und noch eins: Unbebaute Grundstücke können nur zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt werden, wenn sie zu derselben Vermögensart gehören. Es muß sich entweder ausschließlich um ein Betriebsgrundstück oder ausschließlich um Grundvermögen handeln.
Hierzu sind zwei Fälle in den o. a. Ländererlassen genannt:
» Eine unbebaute Fläche, die an eine mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstücksfläche angrenzt, kann auch bei sogenannter offener Bauweise eine selbständige wirtschaftliche Einheit bilden (BFH v. 16.2.79, BStBl II, 279).
» Wird von einem größeren Grundstück eine Teilfläche verpachtet und errichtet der Pächter auf dieser Fläche ein Gebäude, ist die verpachtete Teilfläche als besondere wirtschaftliche Einheit zu bewerten (BFH v. 6.10.78, BStBl 79 II, 37).
3. Wie ist der Grundstückswert im Regelfall zu ermitteln?
Der Idealfall der Bewertung unbebauter Grundstücke sieht wie folgt aus: Man nehme die Fläche des unbebauten Grundstücks, multipliziere sie mit dem Bodenrichtwert und mindere das Ergebnis um 20 % Abschlag (§ 145 Abs. 3 Satz 1 BewG).
Das Wichtigste, das man für die Bewertung unbebauter Grundstücke benötigt, ist der Bodenrichtwert. Er wird von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch auf den 1. Januar 1996 ermittelt, und zwar für bebaute und für unbebaute Grundstücke, bei den unbebauten Grundstücken zumindest für erschließungsbeitragspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland (§ 196 Abs. 1 Satz 1 BewG). Bei dem Bodenrichtwert handelt es sich um einen durchschnittlichen Lagewert, der sich für ein Gebiet mit im wesentlichen gleichen Lage- und Nutzungsverhältnissen je m² der unbebauten oder bebauten Grundstücksfläche ergibt. Die Gutachterausschüsse sind verpflichtet, die Bodenrichtwerte für Zwecke der Bedarfsbewertung flächendeckend festzustellen und den Finanzämtern mitzuteilen (§ 145 Abs. 3 Satz 2 BewG). Verzichtet der Gutachterausschuß vorläufig auf eine flächendeckende Ermittlung der Bodenrichtwerte, hat er zumindest die Voraussetzungen zu schaffen, daß im Bedarfsfall eine den steuerlichen Anforderungen genügende, ergänzende Bodenrichtwertermittlung zum 1. Januar 1996 möglich ist.
3.1 Bewertung unbebauter baureifer Grundstücke
Die Bodenrichtwertzonen sollen, so die Vorgaben der Finanzverwaltung, möglichst homogen sein, insbesondere hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung. Vom Grundsatz soll der für eine Bodenrichtwertzone festgelegte Bodenrichtwert für alle Grundstücke in der Bodenrichtwertzone gelten. In diesem Fall ergibt sich der Grundstückswert aus
Grundstücksfläche in m² x Bodenrichtwert in DM/m² x 80 %.
In der Praxis wird es allerdings häufig so sein, daß der Bodenrichtwert für ein lagetypisches Grundstück in der Bodenrichtwertzone gilt, wobei die in der Bodenrichtwertzone belegenen Grundstücke insbesondere hinsichtlich der baulichen Nutzungsmöglichkeit von der des Bodenrichtwertgrundstücks abweichen. Dabei kann sich die bauliche Nutzungsmöglichkeit in der Geschoßflächenzahl, in der Grundstückstiefe oder in der Grundstücksgröße ausdrücken. Weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Unterteilung in erschließungsbeitragspflichtiges oder -freies Bauland, wobei - von Ausnahmefällen einmal abgesehen - nur eine dieser beiden Kategorien in einer Bodenrichtwertzone vorliegt.
Um die Unterschiede bei den lagetypischen Merkmalen zwischen Bodenrichtwertgrundstück und zu bewertendem Grundstück bei der Grundstücksbewertung berücksichtigen zu können, sehen die Ländererlasse vom 15.4.97 drei Wertableitungsverfahren vor, die wir ausführlich in Heft 1/97 der „Erbfolgebesteuerung" dargestellt haben. Neue Abonnenten können den Beitrag kostenlos in der Redaktion anfordern.
Bewertung von Bauland
Grundsatz: Grundstücksfläche x 80 % des Bodenrichtwerts
Wertableitung: 1. Geschoßflächenzahl
(siehe Tz. 4.4.1 der Ländererlasse)
2. Umrechnungskoeffizienten in Abhängigkeit
von der Grundstücksgröße
(siehe Tz. 4.4.2 der Ländererlasse)
3. Aufteilung in Vorder- und Hinterland
(siehe Tz. 4.4.3 der Ländererlasse)
Die Checkliste soll Ihnen dabei helfen, zu dem richtigen Grundstückswert zu kommen:
1. Liegen die Bodenrichtwerte auf den 1.1.96 vor?
0 JA 0 NEIN
Hier sollte entweder bei der zuständigen Bewertungsstelle des
Finanzamtes nachgefragt werden oder bei dem
zuständigen Gutachterausschuß, der hierüber ebenfalls
Auskunft erteilten muß.
2. Wenn Bodenrichtwerte bereits festgestellt sind: Gelten
die Bodenrichtwerte für alle in der Bodenrichtwertzone belegenen
Grundstücke?
0 JA 0 NEIN
In diesem Fall kann der Bodenrichtwert mit der
Grundstücksfläche multipliziert und um einen Abschlag
von 20 % korrigiert werden; das Ergebnis stellt dann
den Grundstückswert dar.
3. Gilt der Bodenrichtwert nur für ein lagetypisches Grundstück
in der Bodenrichtwertzone, so daß bei dem zu bewertenden
Grundstück insbesondere Abweichungen hinsichtlich des Maßes
der baulichen Nutzung auftreten können?
0 JA 0 NEIN
Falls ja, dann sind die folgenden Fragen zu beantworten:
4. Wird das Maß der baulichen Nutzung des Bodenrichtwert-
grundstücks durch eine Geschoßflächenzahl umschrieben?
0 JA 0 NEIN
In diesem Fall ist bei einer abweichenden Geschoßflächenzahl des
zu bewertenden Grundstücks der Bodenwert nach Tz. 4.4.1 der
oben genannten Ländererlasse zu ermitteln.
5. Haben die Gutachterausschüsse für die Bodenrichtwertzone
Umrechnungskoeffizienten in Abhängigkeit von der Grundstücksgröße
vorgegeben?
0 JA 0 NEIN
In diesem Fall ist der Bodenrichtwert unter Ansatz der Umrechnungs-
koeffizienten anzupassen (vgl. Tz. 4.4.2 der Ländererlasse, aaO).
Wichtig: Eine solche Anpassung findet nur statt, wenn das zu
bewertende Grundstück größer als das Bodenrichtwertgrundstück ist.
6. Sind die Bodenrichtwerte in Abhängigkeit von der Grundstückstiefe
ermittelt worden?
0 JA 0 NEIN
In diesem Fall sieht Tz. 4.4.3 der oben genannten Ländererlasse eine
Aufteilung der Grundstücksfläche in Vorder- und Hinterland vor.
Wie die Aufteilung zu erfolgen hat und welche Richtwerte für das
Vorder- und Hinterland anzusetzen sind, ist aus der Bodenrichtwertkarte
ersichtlich oder bei den Gutachterausschüssen zu erfragen.
Noch zwei Hinweise, die Sie auf jeden Fall beachten sollten: Bei allen Vorgaben zu den Bodenrichtwerten kommt es vorrangig darauf an, was der örtliche Gutachterausschuß ermittelt hat. Dies gilt insbesondere für die Umrechnungskoeffizienten in Abhängigkeit von der Geschoßflächenzahl. Fehlen bei Ausweis der Geschoßflächenzahl Vorgaben zu den Umrechnungskoeffizienten, so kann auf Anlage 23 zu den Wertermittlungsrichtlinien zurückgegriffen werden, die in den oben genannten Ländererlassen unter Tz. 4.4.1 dargestellt ist. Die Umrechnungskoeffizienten beginnen dort bei einer Geschoßflächenzahl von 0,4. Sollten im Einzelfall in der Bodenrichtwertkarte Geschoßflächenzahlen unter 0,4 ausgewiesen sein, dürften keine Bedenken bestehen, folgende Werte - durch Rückrechnung aus Anlage 23 ermittelt - anzusetzen:
Geschoßflächenzahl Umrechnungskoeffizient
0,1 0,48
0,2 0,54
0,3 0,60
Haben die Gutachterausschüsse Umrechnungskoeffizienten in Abhängigkeit von der Grundstücksgröße vorgegeben, so erhält das lagetypische Grundstück in der Bodenrichtwertzone den Umrechnungskoeffizient 1,0. Kleinere Grundstücke haben einen höheren Wert und damit einen Umrechnungskoeffizienten von mehr als 1,0, größere Grundstücke - wegen ihres geringeren Werts - einen Umrechnungskoeffizienten von kleiner als 1,0. Die Finanzverwaltung berücksichtigt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nur die Umrechnungskoeffizienten für Grundstücke, deren Fläche über die des „Normalgrundstücks" hinausgeht. Zuschläge zu den Bodenrichtwerten durch Ansatz von Umrechnungskoeffizienten über 1,0 werden nicht berücksichtigt.
3.2 Bauerwartungsland und Rohbauland
Die Gutachterausschüsse sind verpflichtet, die Bodenrichtwerte für bebaute Grundstücke und bei unbebauten Grundstücken für erschließungsbeitragspflichtiges oder -freies Bauland festzustellen (§ 196 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch). Für Bauerwartungsland und für Rohbauland müssen sie keine Bodenrichtwerte in der Bodenrichtwertkarte ausweisen, sie können es jedoch.
» Bei Bauerwartungsland handelt es sich um Flächen, die nach ihrer Eigenschaft, sonstigen Beschaffenheit und Lage eine bauliche Nutzung in absehbarer Zeit tatsächlich erwarten lassen. Diese Erwartung kann sich insbesondere auf eine entsprechende Darstellung dieser Flächen im Flächennutzungsplan, auf ein entsprechendes Verhalten der Gemeinde oder auf die allgemeine städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets begründen (§ 4 Abs. 2 Wert-
ermittlungsVO 1988).
» Rohbauland sind Flächen, die nach dem Baugesetzbuch (§§ 30, 33, 34) für eine bauliche Nutzung bestimmt sind, deren Erschließung aber noch nicht gesichert ist oder die nach Lage, Form oder Größe für eine bauliche Nutzung unzureichend gestaltet sind (§ 4 Abs. 3 WertermittlungsVO 1988). Im Regelfall handelt es sich hierbei um größere, unaufgeschlossene Grundstücksflächen, die die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Vermögen verloren haben, selbst wenn sie noch land- und forstwirtschaftlich genutzt werden.
Enthält die Bodenrichtwertkarte Bodenrichtwerte für Bauerwartungsland und Rohbauland, sind diese bei der Ermittlung des Grundstückswerts anzusetzen. Dies dürfte jedoch nicht der Regelfall sein. In vielen Fällen fehlen solche Bodenrichtwerte. Die Finanzverwaltung sieht daher folgende „Hilfswertermittlungen" vor:
» Für das Bauerwartungsland: Ist damit zu rechnen, daß die Flächen in absehbarer Zeit - hierunter ist ein Zeitraum von 6 Jahren zu verstehen (Abschn. 2 Abs. 7 BewRGr) - anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden und daher als Grundvermögen anzusehen sind, sind diese Flächen i. d. R. mit 25 % des Bodenrichtwerts für erschließungsbeitragsfreies vergleichbares Bauland anzusetzen. Von diesem einheitlichen Wertansatz kann dann abgewichen werden, wenn es die regionalen Verhältnisse erfordern. Der Prozentsatz kann dann sowohl höher als auch niedriger ausfallen.
» Für das Rohbauland: Bei der Ermittlung des Bodenwerts für das Rohbauland kommt es darauf an, ob Brutto- oder Nettorohbauland vorliegt. Bei dem Bruttorohbauland sind die für öffentliche Zwecke benötigten Flächen des Planungsgebiets noch in der Gesamtfläche enthalten. Beim Nettorohbauland ist dies nicht der Fall. Dies führt dazu, daß für Bruttorohbauland i. d. R. nur 50 % des Bodenrichtwerts erschließungsbeitragsfreier vergleichbarer Baulandflächen anzusetzen sind, für Nettorohbauland i. d. R. 75 % dieses Werts. Auch hier handelt es sich um einen allgemeinen Wertansatz, von dem abgewichen werden kann, wenn regionale Verhältnisse dies erfordern.
3.3 Frei- und Verkehrsflächen
Für Frei- und Verkehrsflächen, die im Bebauungsplan als solche ausgewiesen sind und sich in privater Hand befinden, ist wegen der Zweckbindung ein angemessener Abschlag vom Bodenrichtwert vorzunehmen, soweit die Wertminderung nicht bereits in die Ermittlung des Bodenrichtwerts eingeflossen ist. Die Höhe des Abschlags kann nur einzelfallbezogen bestimmt werden (vgl. Tz. 4.5 der Ländererlasse, aaO).
3.4 Erschließungszustand
Ist ein Grundstück erschlossen, so hat sich dadurch sein Wert erhöht. I. d. R. wird die Erschließung nicht ein einzelnes Grundstück betreffen, sondern mehrere Grundstücke in der Bodenrichtwertzone. Damit wirkt sich die Erschließung werterhöhend auf sämtliche Grundstücke an einer Straße oder in einer Gegend aus. Sie wird daher bereits im Bodenrichtwert berücksichtigt.
Nur in Ausnahmefällen dürfte der tatsächliche Erschließungszustand des zu bewertenden Grundstücks von dem des Bodenrichtwertgrundstücks abweichen. Ist dies der Fall, so muß der Bodenwert des zu bewertenden Grundstücks in Abstimmung mit dem Gutachterausschuß unter Berücksichtigung des Erschließungszustands ermittelt werden (vgl. Tz. 4.6 der Ländererlasse, aaO). Die Werterhöhung durch die Erschließung tritt ein, wenn die Erschließungsanlagen ganz oder in einem Bauabschnitt endgültig hergestellt sind. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Gemeinde die Erschließungsbeiträge bereits angefordert hat oder ob sie Vorauszahlungen verlangt hat. Damit ist auch dem Umstand, ob der Eigentümer des Grundstücks vor Abschluß der Erschließung Vorauszahlungen geleistet hat, keine Bedeutung beizumessen.
3.5 Genereller Abschlag von 20 %
Der Bodenrichtwert oder der daraus abgeleitete Bodenwert ist nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG um einen Abschlag von 20 % zu ermäßigen. Mit diesem Abschlag sind alle wertmindernden Umstände des zu bewertenden Grundstücks abgegolten, also z. B. eine Lärm-, Staub- oder Geruchsbelästigung, das Vorhandensein von Altlasten, die Belastung mit Grunddienstbarkeiten oder der Abbruch von nicht mehr benutzbaren Gebäuden. Ebenfalls abgegolten sind
» ein ungünstiger Zuschnitt des Grundstücks,
» ungünstige Bodenverhältnisse, wie z. B. Hanglage, aufgeschütteter Boden, fester Lehm oder Ton,
» Grundwasserverhältnisse, die zu erhöhten Gründungskosten führen,
» bei Wohngrundstücken Ecklage an zwei verkehrsreichen Straßen.
Hinweis: Auch sämtliche werterhöhenden Merkmale bleiben außer Ansatz. Dies gilt z. B. für die Ecklage eines Grundstücks, das gewerblich genutzt werden kann, sowie für vorhandene Außenanlagen von einigem Wert (vgl. Tz. 4.7 der Ländererlasse, aaO).
4. Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts
Die unter Tz. 3 dargestellte Wertermittlung kann im Einzelfall dazu führen, daß sich ein Grundstückswert ergibt, der über den Verkehrswert hinausgeht. Um hier eine Überbesteuerung bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer zu vermeiden, sieht das Gesetz in § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG die Möglichkeit vor, gegenüber dem Finanzamt einen niedrigeren Grundstückswert nachzuweisen. Die oben genannten Ländererlasse nennen hier unter Tz. 5 folgende Nachweismöglichkeiten:
» Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder des örtlichen Gutachterausschusses,
» im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis.
4.1 Gutachternachweis
Das Finanzamt fordert i. d. R. ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Durch diese Beschränkung soll die uneingeschränkte Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und die Unparteilichkeit des Gutachters sichergestellt werden. Ob auch das Gutachten eines zertifizierten Sachverständigen als Nachweis genügt, muß im Einzelfall entschieden werden. Ein Gutachten, das der Steuerberater, auch wenn er auf dem Gebiet der Grundstücksschätzung versiert ist, erstellt hat, dürfte als Nachweis nicht ausreichen. Auch der örtlich zuständige Gutachterausschuß kann ein solches Gutachten erstellen.
I. d. R. wird das Finanzamt den Angaben des Gutachters folgen; es wird lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Bei einem Gutachten, das ein zertifizierter Sachverständiger erstellt hat, dürfte mit einer kritischen Betrachtung durch den „finanzamtseigenen" Bausachverständigen zu rechnen sein.
Die Erstellung des Gutachtens ist mit Kosten verbunden. Diese Kosten hat der Steuerpflichtige zu tragen. Daher ist es empfehlenswert, vor Auftragserteilung das „damit erreichbare Steuereinsparpotential" zu berechnen. Denn es nützt Ihnen nichts, wenn Sie zwar Erbschaft- oder Grunderwerbsteuer sparen, dafür allerdings Gutachterkosten tragen müssen, die über die Steuerersparnis hinausgehen.
Der Gutachter hat den Verkehrswert nach den Wertverhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt zu ermitteln. Damit weicht die Finanzverwaltung von dem allgemeinen Grundsatz des § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG ab, der für die Bewertung unbebauter Grundstücke von den Wertverhältnissen zum 1.1.96 ausgeht und diese für sechs Jahre, also bis zum 31.12.2001, festschreibt. Die Auffassung der Finanzverwaltung wirkt sich für den Steuerpflichtigen günstig aus, wenn die Grundstückspreise rückläufig sind. Dies ist z. Z. in den neuen Bundesländern und in Ballungsräumen der alten Bundesländer der Fall. Bei steigenden Grundstückspreisen führt dagegen die Auffassung der Finanzverwaltung zu einem höheren nachgewiesenen Wert. Hier sollte sich der Steuerpflichtige auf § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG berufen und den Verkehrswert nach den Wertverhältnissen vom 1.1.96 nachweisen. Um hier jedoch ggf. eine „Doppelbegutachtung" im finanzgerichtlichen Verfahren zu vermeiden, sollte der Gutachter damit beauftragt werden, den Grundstückswert sowohl nach den Wertverhältnissen vom 1.1.96 als auch nach den Wertverhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt zu ermitteln. Erkundigen Sie sich allerdings im Vorfeld beim Gutachter nach evtl. Mehrkosten.
4.2 Kaufpreisnachweis
Die Finanzverwaltung läßt den Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts durch Angabe eines Kaufpreises zu, wenn dieser im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen ist. Es darf sich also nicht um Verkäufe unter nahen Angehörigen oder sog. Notverkäufe handeln.
Der Kaufpreis muß innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommen sein. Zustande gekommen ist dieser Kaufpreis, wenn der obligatorische Vertrag, also der Notarvertrag, innerhalb dieses Zeitraums abgeschlossen wurde. Auf die Zahlung des Kaufpreises oder die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch kommt es dabei nicht an.
Da der Kaufpreis wie der Gutachterwert grundsätzlich der Grundstücksbewertung nur nach den Wertverhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt zugrunde gelegt werden kann, müßte die Entwicklung des Grundstücksmarkts bei einem Verkauf vor dem Besteuerungszeitpunkt für den Zeitraum ab notarieller Beurkundung bis zum Besteuerungszeitpunkt und bei einem Verkauf nach dem Besteuerungszeitpunkt für den Zeitraum ab Besteuerungszeitpunkt bis zur notariellen Beurkundung durch entsprechende Indizierung an die Wertverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt angepaßt werden. Hiervon wird jedoch in den oben genannten Ländererlassen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung abgesehen. Dort heißt es: „Es bestehen keine Bedenken, den Kaufpreis regelmäßig ohne Wertkorrekturen als Grundstückswert festzustellen."
Dies mag hinnehmbar sein, soweit sich die Wertkorrekturen werterhöhend auswirken würden. Führt allerdings die Berücksichtigung von Wertkorrekturen zu einem geringeren Grundstückswert, sollte der Steuerpflichtige darauf nicht verzichten. I. d. R. dürfte es ausreichen, wenn diese Wertkorrekturen unter Berücksichtigung der von den Gutachterausschüssen ermittelten Indexreihen vorgenommen werden (§ 9 WertermittlungsVO 1988).
Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 07/1997, Seite 24