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  • 09.03.2011 | Gemeinschaftliches Testament

    Ausschlagung eines Vermächtnisses

    von RA StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    1. Die Ausschlagung eines Vermächtnisses ist nicht fristgebunden. Eine entsprechende Anwendung der Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB auf Vermächtnisse kommt auch bei wechselbezüglichen Verfügungen i.S. von §§ 2270, 2271 BGB nicht in Betracht.  
    2. Hat bei einem gemeinschaftlichen Testament der überlebende Ehegatte das ihm Zugewendete ausgeschlagen und eine neue abweichende Verfügung von Todes wegen getroffen und hat dies nach § 2270 Abs. 1 BGB die Unwirksamkeit der Verfügung des vorverstorbenen Ehegatten zur Folge, bleibt es bei der Unwirksamkeit selbst, wenn der überlebende Ehegatte seine Verfügung erneut ändert.  
    (BGH 12.1.11, IV ZR 230/09, Abruf-Nr. 110513)

     

    Sachverhalt

    Die Eheleute hatten in einem gemeinschaftlichen Testament ihre beiden Kinder jeweils als Erben eingesetzt, dem überlebenden Ehegatten aber ein Vermächtnis sowohl hinsichtlich des gesamten beweglichen Vermögens als auch einen Nießbrauch an dem Grundstück eingeräumt. Sie ordneten Wechselbezüglichkeit an; ferner vereinbarten sie einen Anfechtungsverzicht nach § 2079 BGB. Gut fünf Jahre nach dem Tod der Ehefrau schlug der überlebende Ehemann das Vermächtnis aus und testierte neu. Streitig ist, ob die Neutestierung Wirkung entfaltet.  

     

    Entscheidungsgründe

    Bei einem gemeinschaftlichen Testament können wechselbezügliche Verfügungen i.S. von § 2270 BGB zu Lebzeiten des anderen Ehegatten nach § 2271 Abs. 1 BGB nur nach den für den Rücktritt von einem Erbvertrag geltenden Vorschriften des § 2296 BGB widerrufen werden. Das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tod des anderen Ehegatten (§ 2271 Abs. 2 S. 1 HS. 1 BGB). Allerdings kann der Überlebende seine Verfügung aufheben, wenn er das ihm Zugewendete ausschlägt (§ 2271 Abs. 2 S. 1 HS. 2 BGB). Dieses Ausschlagungsrecht erfasst nicht nur den Fall, dass der überlebende Ehegatte zum Erben berufen wurde, sondern auch die Konstellation, in der er - wie hier - mit einem Vermächtnis bedacht wurde (Bamberger/Roth/Litzenburger, BGB, 2. Aufl., § 2271 Rn. 24). Das Recht, sich von dem gemeinschaftlichen Testament durch Ausschlagung des Vermächtnisses und Neutestierung zu lösen, ist dabei nicht ausgeschlossen. Das in § 2271 Nr. 2 S. 1 HS. 2 BGB bestimmte Recht zur Ausschlagung kann zum Schutz der testierenden Ehegatten nicht abbedungen werden.  

     

    § 2180 BGB sieht keine Frist für die Ausschlagung eines Vermächtnisses vor. Die Regelung des § 1944 BGB, wonach die Ausschlagung nur binnen sechs Wochen erfolgen kann, findet auf das Vermächtnis keine Anwendung, da in § 2180 Abs. 3 BGB auf sie gerade nicht verwiesen wird. Eine analoge Anwendung des § 1944 BGB - jedenfalls im Fall des § 2271 Abs. 2 BGB - kommt nicht in Betracht.