05.08.2011 | Gemeinschaftliches Testament
Pflichtteilsstrafklausel kann auch bei einem unwirksamen Testament greifen
Eine Pflichtteilsstrafklausel kann auch dann eingreifen, wenn der Pflichtteilsberechtigte die Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments geltend macht und seinen gesetzlichen Erbteil fordert (OLG München 7.4.11, 31 Wx 227/10, Abruf-Nr. 112123). |
Sachverhalt
Der verwitwete Erblasser ist 2009 im Alter von 92 Jahren verstorben. Seine Ehefrau ist 2008 im Alter von 84 Jahren vorverstorben. Sie haben zwei gemeinsame Kinder A und B. Die Eheleute hatten sich in einem handschriftlichen gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Eine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung war nicht geregelt. Das Testament enthält eine Pflichtteilsstrafklausel. In dem Nachlassverfahren nach der vorverstorbenen Ehefrau trat A der Erteilung des vom überlebenden Ehegatten beantragten Erbscheins mit der Behauptung entgegen, es läge kein formgültiges Testament vor. Nach dem Tod des Erblassers hat nun B die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin nach dem Erblasser ausweist. A ist dem entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
B ist Alleinerbin geworden. Aufgrund der in dem gemeinschaftlichen Testament enthaltenen Pflichtteilsklausel ist die Schlusserbenstellung der A entfallen, sodass Anwachsung (§ 2094 BGB) ihres Erbanteils zugunsten der B eingetreten ist.
Eine Pflichtteilsklausel ist eine typische letztwillige Anordnung, durch die gemeinschaftlich testierende und sich gegenseitig als Erben, ihre Abkömmlinge als Schlusserben einsetzende Ehegatten sicherstellen wollen, dass dem Überlebenden bis zu seinem Tod der Nachlass ungeschmälert verbleibt und er nicht durch das Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört wird. Verlangt ein Schlusserbe den Pflichtteil nach dem ersten Todesfall, so entfällt seine Einsetzung als Schlusserbe; es gilt dann nicht die Auslegungsregel des § 2069 BGB, vielmehr gilt die Anwachsung (§ 2094 BGB) als gewollt.
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