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  • 18.11.2008 | Gemeinschaftliches Testament

    Zur Formulierung „gleichzeitiges Ableben“

    Zur Auslegung der Formulierung „gleichzeitiges Ableben“ in einem gemeinschaftlichen Testament, das weitere Erläuterungen enthält, welche über den seltenen Fall des zeitgleichen Ablebens hinausreichen (OLG München 16.7.07, 31 Wx 035/07, Abruf-Nr. 083386).

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin hatte mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt hatten. Weiter war in dem Testament geregelt: „Im Falle, dass beide gleichzeitig ableben, wünschen wir: unser Sohn 1 soll das Haus sowie Grundstück mit Garage bekommen. Er hat an seine Schwestern jeweils 40.000 DM zu zahlen. Unser Sohn 2 soll nur seinen Pflichtteil erhalten, da er sich von uns abgewandt hat. Denn wer von uns zu Lebzeiten nichts wissen will, braucht auch nach unserem Ableben nichts.“ Im Erbscheinsverfahren ist streitig, ob Sohn 1 Alleinerbe geworden ist, oder ob vielmehr jedes der vier Kinder Erbe zu je ¼ geworden ist.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Testament ist so auszulegen, dass die Eheleute die Einsetzung des Sohnes 1 als Alleinerben, die Töchter als Vermächtnisnehmer und die Enterbung des Sohnes 2 nicht auf den Fall des gleichzeitigen Versterbens beschränkt wissen wollten. In dem Testament ist zwar der Sohn 1 nicht als Alleinerbe bezeichnet; die Eheleute haben ihm aber die wesentlichen Vermögensgegenstände zugewendet, sodass die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen ist (§ 2087 Abs. 1 BGB).  

     

    Das gemeinschaftliche Testament enthält eine Schlusserbeneinsetzung auch für den Fall, dass die Eheleute nicht gleichzeitig versterben. Eine Auslegung nach dem strengen Wortsinn des Wortes „gleichzeitig“ könnte wohl nur greifen, wenn sich die Eheleute ohne weitere Erläuterungen auf die Erbeinsetzung, die Enterbung und die Vermächtnisanordnungen beschränkt hätten.