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  • 02.07.2009 | GmbH-Anteil

    Ableitung des gemeinen Werts aus einem nach dem Bewertungsstichtag geminderten Kaufpreis

    von WP / StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    Bei der Ableitung des gemeinen Werts aus stichtagsnahen Verkäufen (§ 11 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BewG) ist ein nach dem Bewertungsstichtag geminderter Kaufpreis maßgebend, wenn bereits am Bewertungsstichtag die Voraussetzungen eines Minderungsrechts objektiv vorhanden waren und die Minderung auch später tatsächlich vollzogen worden ist (BFH 22.1.09, II R 43/07, Abruf-Nr. 091535).

     

    Sachverhalt

    Die A-GmbH hatte ihre Anteile an der X-GmbH (Klägerin) im Jahre 1994 erworben. Im Oktober 1995 vereinbarte die A-GmbH mit dem Veräußerer der Anteile eine Kaufpreisminderung. Die A-GmbH hatte im Rahmen des Anteilserwerbs ferner einen Gewinnausschüttungsanspruch erworben, den sie in ihrer Bilanz zum 31.12.94 aktiviert hatte. In ihrer Erklärung zur Feststellung des gemeinen Werts nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften auf den 31.12.94 setzte die Klägerin den gemeinen Wert ihres Nennkapitals mit dem Wert an, zu dem die A-GmbH ihre Anteile an der Klägerin erworben hatte und brachte die in 1995 vereinbarte Kaufpreisreduzierung zum Abzug. Auch den Gewinnausschüttungsanspruch berücksichtigte die Klägerin wertmindernd, da der gezahlte Kaufpreis zur Vermeidung einer substanzsteuerlichen Doppelbesteuerung gemäß § 103 Abs. 2 BewG entsprechend herabzusetzen sei.  

     

    Dagegen sah das FA allein den in 1994 vereinbarten Kaufpreis als maßgeblich an. Das FG folgte dem FA, da zum Bewertungsstichtag keine Erkenntnisse zur Rechtfertigung eines Abschlags auf den ermittelten gemeinen Wert vorlagen. § 103 Abs. 2 BewG sei auf eine aus stichtagsnahen Verkäufen abgeleitete Anteilsbewertung unanwendbar.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das FG hat zu Unrecht auf den Erkenntnisstand des Erwerbers zum Bewertungsstichtag abgestellt. Nach § 11 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BewG ist der gemeine Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften vorrangig vor der Schätzung nach § 11 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BewG aus Verkaufsfällen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Hierbei bleiben Verkäufe nach dem Stichtag grundsätzlich außer Betracht (BFH 30.1.76, III R 74/74, BStBl II 76, 280). Eine Ausnahme bilden Sachverhalte, bei denen zwar der eigentliche Vertragsabschluss kurz - innerhalb einer nach Wochen zu bemessenden Zeitspanne - nach dem Bewertungsstichtag stattfand, die Einigung über den Kaufpreis aber bereits vorher herbeigeführt war (BFH 2.11.88, II R 52/85, BStBl II 89, 80; 16.5.03, II B 50/02, BFH/NV 03, 1150). Eine nach Abschluss des Kaufvertrags noch vor dem Stichtag vollzogene Kaufpreisminderung ist zu berücksichtigen, da § 11 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BewG die Ermittlung des Werts nicht notierter Anteile an der Wertbestätigung am Markt ausrichtet.