Musterfall
Hofübergabe: Altenteil - Übergabegeld - Abfindung weichender Erben - Nachabfindungsklausel
Die Eltern (65 bzw. 62 Jahre alt) haben ihren Sohn A zum alleinigen Hoferben bestimmt. In vorweggenommener Erbfolge übergeben sie ihren in Baden-Württemberg belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, den sie bisher als Mitunternehmer geführt hatten (vertraglich oder stillschweigend gegründete Gesellschaft oder Gütergemeinschaft) zum 30.6.02 ihrem verheirateten Sohn A gegen ein einmaliges Übergabegeld von 50 000 DM und die Einräumung eines Altenteils in Form von freier Kost und Wohnung sowie von laufenden Geldleistungen von 500 DM monatlich. A war bisher als Arbeitnehmer im Betrieb der Eltern beschäftigt und bewohnte mit seiner Familie eine Wohnung auf dem Hof; die Wohnungsüberlassung ist im Arbeitsvertrag vereinbart worden.
Der Betrieb umfaßt neben der Hofstelle eine landwirtschaftlich genutzte Eigentumsfläche von 50 ha und einen Wald von 10 ha; zusätzlich enthält der Betrieb infolge einer Baulandumlegung fünf Bauplätze zu je 7 Ar. Sie werden mit dem Betrieb übergeben.
Für den Wald behalten sich die Eltern ein Holzeinschlagsrecht vor.
Der Sohn wird im Hofübergabevertrag verpflichtet, die Tochter B (verheiratet, wohnt nicht mehr auf dem Hof) gegen Pflichtteilsverzicht abzufinden.
Die Eltern stellen zum 30.6.02 folgende Übergabebilanz auf:
Aktiva Buchwert Teilwert | Passiva Buchwert
|
Grund und Boden |Verbindlich-
(§ 55 Abs. 1 | keiten 250.000
bis 4 EStG) |
500.000 m2 2.625.000 1.000.000 | Rücklage
| §6 b EStG 107.000
3.500 m2 28.049 700.000 | Kapitalkonto 3.097.550
100.000 m2 200.000 93.000 |
Gebäude 350.000 640.000 |
Forstliche |
Bestockung 1 291.000 |
Tiere 50.000 220.000 |
Maschinen 165.000 400.000 |
Umlaufvermögen 36.500 306.000 |
-----------------------------------------------------------------
3.454.550 3.650.000 | 3.454.550
Die Berater prüfen die ertragsteuerlichen Folgen der Hofübergabe wie folgt:
1. Altenteilsleistungen
1.1 Vertragsmuster
"Aus Anlaß der Hofübergabe verpflichtet sich A, seinen Eltern als Gesamtgläubigern folgendes Altenteil auf Lebenszeit zu gewähren:
a)Ein unbeschränktes Wohnungsrecht an der Wohnung ...
b)Heizung, Beleuchtung, Instandhaltung der Wohnung lt. Buchst. a
c)Standesgemäße Beerdigung und Grabpflege, soweit die Kosten nicht durch Versicherungsleistungen oder Leistungen Dritter gedeckt sind,
d)angemessene und ausreichende Kost (im Bedarfsfall Schon- und Krankenkost) am gemeinsamen Tisch des Hofübernehmers oder nach Wahl der Übergeber durch Reichung der Mahlzeiten in deren Wohnung, solange sie auf der Hofstelle wohnen.
e)Pflege der Eltern, soweit sie im häuslichen Bereich geleistet werden kann und dem Verpflichteten unter Berücksichtigung aller Umstände zumutbar ist.
f)Zahlung eines Geldbetrags von 500 DM monatlich im voraus bis zum Tod des Letztversterbenden. Falls der vom statistischen Bundesamts festgestellte Preisindex eines Zweipersonenhaushalts auf der Basis 19.... = 100 um mindestens 10 Punkte nach oben oder nach unten abweicht, ändert sich die monatliche Geldleistung entsprechend. Die Vertragsparteien beantragen die Genehmigung dieser Wertsicherungsklausel durch die Landeszentralbank.
Der Übernehmer bewilligt und beantragt die Eintragung des Wohnungsrechts als beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch ..... und die übrigen Rechte als Reallast."
1.2 Versorgungscharakter der Leistungen
Der Wert der den Eltern als Hofübergeber eingeräumten Versorgungsleistungen ist kein Entgelt für das übertragene Vermögen. Die wiederkehrenden Leistungen sind Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG des verpflichteten Hofübernehmers und in derselben Höhe Einnahmen der sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG, wenn und soweit sie tatsächlich geleistet werden (BFH 24.3.93 BFH/NV S. 717).
Wegen ihres Charakters als vorbehaltene Vermögenserträge des übertragenen Hofes ist eine Verrechnung mit dem Wert des übergebenen Vermögens nicht zulässig (BFH GrS 5.7.90 BStBl. II 847). Dem Vollabzug steht das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG nicht entgegen, weil die wiederkehrenden Leistungen im Hofübergabevertrag selbst als Gegenleistung für die Hofübergabe klar und eindeutig (BFH 20.5.92 BFH/NV S. 805) eingeräumt worden sind und ihnen deshalb kein Unterhaltscharakter beigemessen werden kann (R 123 EStR 1993) hierzu auch BMF aaO Tz 4, 5).
Das Abzugsverbot hätte auch nicht eingreifen können, wenn der übergebene Betrieb nur einem Elternteil gehört hätte, die Versorgungsleistungen aber beiden als Gesamtgläubigern eingeräumt worden wären (BFH 22.9.93 BStBl 94 II, 107).
1.3 Geldleistungen
Leibrenten unterliegen dem Sonderausgaben-Abzug und der Zuordnung als sonstige Einkünfte nur mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG. Leibrenten sind wertmäßig gleiche, periodisch wiederkehrende, aus einem Stammrecht fließende Leistungen, deren Dauer von der Lebenszeit einer Person abhängt. Eine Wertsicherungs- oder Währungsklausel kann sicherstellen, daß die Rente wertmäßig gleich bleibt. Der Leibrentencharakter wird nicht eingeschränkt, wenn die Leistungen von der Bemessungsgrundlage von Sozialversicherungsrenten abhängen (BFH 12.11.85 BStBl. 86 II, 261) oder im Fall der Wiederverheiratung des Berechtigten erlöschen.
Eine Leibrente liegt jedoch dann nicht vor, wenn die wiederkehrenden Leistungen für den Fall abänderbar sind, daß sich die Verhältnisse des Berechtigten oder des Verpflichteten wesentlich ändern. Die wiederkehrenden Leistungen sind dann dauernde Lasten, die in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar und dem Empfänger als sonstige Einkünfte zuzurechnen sind.
Die Abänderbarkeit wird oft unter Hinweis auf § 323 ZPO formuliert, obwohl diese Vorschrift für privatschriftliche Verträge nicht einschlägig ist. Enthält der Hofübergabevertrag eine derartige Klausel - wie im Musterfall - nicht, so sind die Leistungen nach der neuen BFH-Rechtsprechung (GrS 15.7.91 BStBl 92 II, 78; BFH 11.3.92 BStBl II, 499; v. 15.7.92 BFH/NV S. 817) entsprechend der "Rechtsnatur des Versorgungsvertrags" abänderbar. Sie sind somit keine Leibrenten, sondern als dauernde Lasten in voller Höhe zu berücksichtigen.
1.4 Sachleistungen
Die unbaren Altenteilsleistungen, wie Verpflegung, Heizung und Beleuchtung, sind dauernde Lasten, die nach § 1 Abs. 1 der SachBezVO bewertet werden können. Dies ergibt folgenden Wertansatz:
-----------------------------------------------------------------
Einzelperson | Altenteilerpaar |
-----------------------------------------------------------------
|Verpflegung |Heizung |Verpflegung |Heizung |
| |und Beleuchtung | |und Beleuchtung|
-----------------------------------------------------------------
1993 | 3.823 DM | 850 DM | 6.881 DM | 1.530 DM |
-----------------------------------------------------------------
1994 | 3.953 DM | 878 DM | 7.115 DM | 1.580 DM |
-----------------------------------------------------------------
Keine Sonderausgaben (dauernde Lasten) sind Beerdigungskosten (BFH 20.3.84 BStBl 85 II, 43) und die Kosten der Grabpflege (BFH 4.4.89 BStBl II, 779) sowie durch persönliche Arbeit erbrachte Dienstleistungen (BFH 28.7.83 BStBl 84 II, 97; jedoch bei Fremdleistungen die tatsächlichen Aufwendungen: BFH 22.1.92 BStBl II, 552).
1.5 Die Altenteilerwohnung
Sie ist notwendiges Betriebsvermögen, solange ein Nutzungswert besteuert wird. Dies ist der Fall, wenn der Nutzungswert bereits 1986 (als Betriebsinhaber- oder Altenteilerwohnung) besteuert oder der Bauantrag vor dem 1.1.87 gestellt und die Wohnung seither nicht entnommen worden ist (§ 52 Abs. 15 Sätze 2 und 3 EStG).
Der Nutzungswert in Höhe der Marktmiete (BFH v. 11.8.92 BStBl. II S. 31) ist Betriebseinnahme und Sonderausgabe des verpflichteten Hofübernehmers sowie eine sonstige Einkunft des Altenteilers. Bei Landwirten, die ihren Gewinn mit den Durchschnittssätzen des § 13 a EStG ermitteln, erfolgt der Ansatz der Betriebseinnahme ebenso wie der Sonderausgaben-Abzug mit dem Nettomietwert von einem Achtzehntel des im EW enthaltenen Wohnungswerts nach § 13 a Abs. 7 EStG, die Zurechnung als sonstige Einkünfte der Altenteiler gleichwohl mit dem vollen Bruttomietwert, von dem er seine Aufwendungen, die er zivilrechtlich zu tragen hat, als Werbungskosten abziehen kann.
Bei anderen Wohnungen (Bezug nach dem 1.1.87) ist weder beim Eigentümer noch beim Nutzungsberechtigten ein Nutzungswert zu besteuern. Dauernde Lasten des Hofinhabers sind dann nur die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der Wohnung, weil er die dem Nutzungsberechtigten gesetzlich obliegenden (§§ 601 Abs. 1, 1041, 1093 Abs. 1 BGB) Aufwendungen übernommen hat, z.B. die Kosten der Beseitigung geringer Dachschäden (BFH 8.12.82 BStBl II 1983, 710).
Ist hingegen das Wohnungsrecht - wie im Musterfall - dinglich bestellt, so ist es ohne die Verpflichtung des Altenteilers nach § 1041 BGB begründet worden. Die Übernahme der gewöhnlichen Unterhaltskosten durch den Eigentümer erfolgt freiwillig und unterliegt dem Abzugsverbot nach § 12 Nr. 2 EStG (BFH 7.12.82 BStBl 83 II, 660).
2. Das Übergabegeld
Der fällige und unbedingte Betrag von 50 000 DM ist Veräußerungsentgelt des Hofübergebers und Anschaffungskosten des Hofübernehmers für den übertragenen Betrieb (hier allerdings ohne Auswirkung, vergleiche Seiten 17/18).
3. Die Wohnung des Hofübernehmers
Weil die Wohnung im Musterfall durch die arbeitsvertragliche Vereinbarung dem bisherigen Arbeitnehmer A aus betrieblichen Gründen ohne unmittelbare Mietzinsleistungen zur Nutzung überlassen worden ist, war sie notwendiges Betriebsvermögen der Eltern.
Die Wohnung ist nicht unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden, denn der Mietwert war steuerpflichtiger Arbeitslohn des A. Durch die Hofübergabe an A wird sie in seiner Hand notwendiges Privatvermögen, darin liegt ihre Entnahme.
Wenn die Wohnung z.B. durch Hofübergabe bis spätestens 31.12.98 entnommen wird, bleibt der Entnahmegewinn nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG außer Ansatz. Vgl. hierzu die schematische Übersicht aller möglichen Fälle bei Schmucker, Nutzungsüberlassung einer Wohnung an den künftigen Hofnachfolger, Inf 94, 522.
4. Abfindung des Pflichtteilsanspruchs
4.1 Bemessung des Anspruchs
In der Land- und Forstwirtschaft gilt das erbrechtliche Privileg, nach dem der Hoferbe zum Ertragswert berechtigt ist. Das bedeutet, daß sich die Abfindungsansprüche der weichenden Erben und Pflichtteilsberechtigten nur nach dem Ertragswert des Betriebs bemessen.
Ertragswert ist der Reinertrag, d.h. der Gewinn nach Abzug des fiktiven Unternehmerlohns, den der Betrieb bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig erzielen kann. Dieses Ertragswertprivileg ist lt. BVerfG mit dem GG vereinbar, denn es dient dem öffentlichen Interesse zur Erhaltung leistungsfähiger Betriebe (BVerfG 16.10.84 NJW 85, 1329, Inf 85, 212; zur Berechnung des Ertragswerts: BVerfG v. 26.4.88 NJW S. 2723; zur Bestimmung des Hoferben: BGH v. 14.5.87 NJW 88, 710, FamRZ 87, 937; Otte NJW 88, 672). Das Privileg gilt auch für reine Forstbetriebe (Weber BWNotZ 92, 14 m.w.N.; Schindler StBp 92, 63) und für Gärtnereien (OLG Oldenburg 17.12.91 FamRZ 92, 726).
Davon ausgeschlossen sind baureife Grundstücke und aufgegebene Betriebe (BGH 22.10.86 NJW 87, 1260, FamRZ 87, 378) sowie solche, bei denen nicht damit gerechnet werden kann, daß der Eigentümer oder ein Abkömmling die Eigenbewirtschaftung weiterführen oder wiederaufnehmen wird (BVerfG 6.6.89 NJW S. 3211, Inf S. 453). Im übrigen ist der Ertragswert auch bei Vermögensauseinandersetzungen im Rahmen der Ehescheidung maßgebend, wenn der verpflichtete Ehegatte oder ein pflichtteilsberechtigter Angehöriger den Betrieb weiterführen oder wiederaufnehmen wird (BVerfG 6.6.89 aaO; OLG Oldenburg v. 17.12.91 aaO).
Das Ertragswertprivileg begünstigt Betriebe, die unter ein höferechtliches Gesetz fallen (HöfeO für Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, BGBl 76 I, 1933; HöfeO für Rheinland-Pfalz GVBl 67, 138; Gesetz über das Württembergische Anerbenrecht GVBl 70, 290; Badisches Anerbenrecht v. 20.8.1898 GVBl 49, 289; Höfegesetz Bremen v. 13.2.71 GBl S. 14; Hessische Landgüterordnung v. 13.8.70 GVBl S. 548) oder Landguteigenschaft i.S. der §§ 2049, 2312 BGB haben. Ein Landgut ist ein Betrieb, der wesentlich den Familienunterhalt trägt (Weber Inf 1989 S. 468, BWNotZ 92, 14, Schindler StBp 92, 63).
Fällt ein Betrieb unter keine dieser Bestimmungen, und muß er deshalb auf der Grundlage des Verkehrswerts auseinandergesetzt werden, so ist sein Untergang selbstredend meist vorprogrammiert (s. auch das Beispiel von Weber, Inf 89, 468, 471).
Nach den höferechtlichen Gesetzen werden die Abfindungsansprüche auf der Grundlage des zuletzt festgestellten EW bemessen ( 12 HöfeO). Ansonsten muß der Ertragswert des Landguts i.S. der §§ 2049, 2312 BGB betriebsindividuell durch Einzelgutachten festgestellt oder - z.B. wie im Musterfall nach der ortsüblichen durchschnittlichen Domänepacht - geschätzt werden.
Der Ertragswert des Betriebs wird durch Kapitalisierung des jährlichen Reinertrags ermittelt. Die anzusetzende Verzinsung kann durch Landesgesetze bestimmt sein (Art. 137 EGBGB). In Baden-Württemberg und Bayern gilt der Multiplikator 18, in anderen Ländern meist 25.
Im Musterfall hat der Betrieb einschließlich dem lebenden und toten Inventar und den Gebäuden einen gemeinen Wert von ca. 4 Mio DM. Nach der folgenden Berechnung beträgt der Ertragswert (außer den Bauplätzen) 396.000 DM. Die Beteiligten ermitteln den vorweggenommenen Pflichtteilsanspruch der B wie folgt:
50 ha Landwirtschaft x 400 DM = 20.000 DM
10 ha Forstwirtschaft x 200 DM = 2.000 DM
------------
Jährlicher Reinertrag 22.000 DM
x 18 = 396.000 DM
Verkehrswert der Bauplätze 3.500 m2 x 200 DM = 700.000 DM
------------
1.096.000 DM
Pflichtteilsanspruch 1/4 (nach beiden Eltern) 274.000 DM
abgezinst (geschätzt) 250.000 DM
Vorempfänge wären anzurechnen (§§ 2050, 1624 BGB); für geleistete Mitarbeit kann ggf. eine Ausgleichung verlangt werden (§ 2057 a BGB). Die Abfindung sollte nur gegen Pflichtteilsverzicht erfolgen, der notariell beurkundet werden muß (§ 2348 BGB).
4.2 Erfüllung
Der Hofübernehmer A finanziert die Geldabfindung durch
·Veräußerung eines der zum Betriebsvermögen
gehörenden Bauplätze für 140.000 DM
·Aufnahme eines Bankdarlehens von 110.000 DM
-----------
zusammen 250.000 DM
Durch den Verkauf des Bauplatzes entsteht bei A im Rahmen des Gesamtgewinns des übergebenen Betriebs ein laufender Veräußerungsgewinn:
·Veräußerungspreis 140.000 DM
·Buchwert nach § 55 Abs. 1, 2 Nr. 1 EStG
(Ertragsmeßzahl 3506 x 8) : 5 = 5.610 DM
»Veräußerungskosten (Notar und Grundbuch) 560 DM
-----------
Im Gesamtgewinn enthaltener Veräußerungsgewinn 133.830 DM
Freibetrag nach § 14 a Abs. 4 EStG 120.000 DM
-----------
steuerpflichtig insgesamt 13.830 DM
===========
Der Freibetrag wird nicht im Rahmen der Gewinnermittlung, sondern -soweit er entsprechend § 4 a Abs. 2 Nr. 1 EStG zeitanteilig auf den Veranlagungszeitraum entfällt - bei Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft abgezogen. Er ist deshalb mit denselben Anteilen auf die Veranlagungszeiträume zu verteilen.
Im Musterfall wird davon ausgegangen, daß das Einkommen des A (ggf. ohne den anteiligen Gewinn i.S. des § 14 a Abs. 4 EStG) in dem Veranlagungszeitraum, der dem Veranlagungszeitraum der Veräußerung vorangegangen ist, nicht die Grenze des § 14 a Abs. 4 Nr. 2 Satz 3 EStG überschreitet.
Ob die Darlehenszinsen Betriebsausgaben des Hofübernehmers sind, muß zumindest zweifelhaft sein. Die fremd finanzierten Ausgleichsleistungen sind zwar dogmatisch Anschaffungskosten, werden aber infolge des Buchwertübergangs nach § 7 Abs. 1 EStDV (s. nachstehend 6.1) wie Zuwendungen behandelt. Deshalb könnte sich die Auffassung aufdrängen, daß das Darlehen ebenso wie die Schuldzinsen, mangels Veranlassungszusammenhangs mit Anschaffungskosten dem einkommensteuerlich nicht relevanten Vermögensbereich zugerechnet werden müssen.
Die Finanzverwaltung behandelt aber das Darlehen als eine Betriebsschuld des Hofübernehmers (Einbuchung über das Kapitalkonto) und die Schuldzinsen als seine Betriebsausgaben (BMF v. 13.1.93 BStBl. I, 80; Tz. 22, 40). Die vorliegende BFH-Rechtsprechung, die dem Abzug entgegenstehen könnte, sowie die dazu ergangene Übergangsregelung der Finanzverwaltung (BFH 2.3.93 BStBl 94 II, 613; BMF 11.8.94 BStBl I, 603) betreffen ausschließlich die Erfüllung von unmittelbaren Pflichtteilsansprüchen im Rahmen der Erbauseinandersetzung und berühren die Ausgleichsleistungen bei vorweggenommenen Erbregelungen nicht.
5. Unentgeltliche Betriebsübertragung oder Betriebsveräußerung ?
5.1 Die Konsequenzen im Musterfall
Im Musterfall leistet der Hofübernehmer Entgelte von insgesamt 300.000 DM (Ausgleichsleistungen 250.000 DM, Übergabegeld 50.000 DM). Sie übersteigen das steuerliche Kapitalkonto (ohne Abzug nicht ausgleichsfähiger Verluste nach § 55 Abs. 6 EStG) in der Übergabebilanz des Hofübergebers von 3.097.550 DM nicht.
Der Hofübernehmer A hat daher (kein Wahlrecht !) den Buchwert des Betriebs der übergebenden Eltern nach § 7 Abs. 1 EStDV zu übernehmen und die stillen Reserven fortzuführen. Die Hofübergabe wird somit wie eine voll unentgeltliche Betriebsübertragung behandelt (BFH v. 10.7.86 BStBl. II, 811; Reiß FR 90, 381, 384, 385; Schmidt EStG Anm. 7 d; Korn KÖSDI 93, 9337; Märkle DStR 93, 1005; a.A. Felix FR 91. 613, 656).
BMF 13.1.93 (BStBl. I, 80): "Wendet der Übernehmer Anschaffungskosten bis zur Höhe des steuerlichen Kapitalkontos auf, hat er die Buchwerte des Übergebers fortzuführen. Ein Veräußerungsverlust liegt beim Übergeber nicht vor."
Nach BFH-Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung kann der Gesamtvorgang der Hofübergabe nicht in den entgeltlichen und in den unentgeltlichen Teil aufgespalten werden. Eine derartige Trennung ist zwar bei der teilentgeltlichen Veräußerung von einzelnen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens und von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens zwingend. Bei der teilentgeltlichen Übergabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen hat hingegen die Einheitstheorie uneingeschränkte Geltung.
Die Buchwertübernahme nach § 7 Abs. 1 EStDV bedeutet auf der Seite des Hoferwerbers, daß der volle Buchwert des Kapitalkontos und damit ebenso die Buchwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter mit ihren unveränderten Gewinnermittlungseigenschaften in seine Eröffnungsbilanz eingestellt werden. Denn auch auf seiner Seite gilt uneingeschränkt die Einheitstheorie.
Das bedeutet z.B. die volle Übernahme der Rücklagen nach § 6 b EStG R 35 EStR ohne Unterbrechung der Behalte- und Reinvestitionsfristen, die Übernahme der Buchwerte des Grund und Bodens nach § 55 Abs. 1 bis 4 EStG, die auch in der Hand des Hofübernehmers von der Verlustausschlußklausel des § 55 Abs. 6 EStG betroffen bleiben, sowie die volle Fortführung der Abschreibungen, z.B. der degressiven Gebäudeabschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG.
Der Hofübernehmer hat somit keine originären Anschaffungskosten. Die Leistungen, die zwar dogmatisch den Charakter als Anschaffungskosten haben, aber das steuerliche Kapitalkonto des übergebenen Betriebs insgesamt nicht erreichen, sind in konsequenter Nachvollziehung der fiktiven vollen Unentgeltlichkeit des Betriebsübergangs als Vorgänge der privaten Vermögensebene ertragsteuerlich unbeachtlich. Wird Grund und Boden veräußert, um die Geldmittel für eine Erb- oder Pflichtteilsabfindung aufzubringen, oder wird Grund und Boden zu diesem Zweck übertragen, so kann für den Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn - wie im Musterfall -der Freibetrag nach § 14 a Abs. 4 EStG in Betracht kommen.
5.2 Entgelte über dem Kapitalkonto
Hätten die Entgelte im Musterfall z.B. insgesamt 3,4 Mio DM betragen und somit das steuerliche Kapitalkonto überschritten, so hätte die Betriebsübertragung nach dem BFH-Urteil v. 10.7.86 aaO wie eine Betriebsveräußerung behandelt und der Gewinn wie folgt ermittelt werden müssen:
Veräußerungsentgelt 3.400.000 DM
- Kapitalkonto 3.097.550 DM
+ Nach § 55 Abs. 6 EStG nicht abziehbarer
Verlust (2.825.000 - 1.093.000) 1.732.000 DM
------------
Veräußerungsgewinn i.S. des § 14 EStG 2.034.450 DM
Der Gewinn wäre nach § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt.
Die Berechnung der nach § 55 Abs. 6 EStG nicht abziehbaren Verluste in Tz. 46 des BMF-Schreibens v. 13.1.93 aaO ist unzutreffend (Hiller in Lademann/Söffing § 14 Anm. 324 b, Inf 93, 217, 245; Obermaier, DStR 93, 77, 86).
6. Nachabfindungsklausel
6.1 Inhalt
Weil der Hofübernehmer A das Betriebsvermögen im wesentlichen zum Ertragswert übernommen hat, gebietet es der Rechtsfriede zwischen den Beteiligten, daß ihm - wie nachstehend beschrieben im Musterfall im Hofübergabevertrag - die Verpflichtung auferlegt wird, den bereits abgefundenen weichenden Erben oder Pflichtteilsberechtigten zusätzliche Gleichstellungsleistungen zu erbringen, falls er oder sein Rechtsnachfolger Wirtschaftsgüter des übernommenen Betriebsvermögens (insbesondere Baugrundstücke) innerhalb einer bestimmten Frist veräußert oder den Betrieb veräußert oder aufgibt. Hinsichtlich Inhalt und Formulierung derartiger Nachabfindungsklauseln sind die Vertragsparteien frei. Das Höferecht schreibt derartige Nachabfindungspflichten gesetzlich vor (z.B. § 13 HöfeO). Die Vertragsklauseln sollten möglichst genau bestimmen, z.B. welcher Anteil am erzielten Veräußerungserlös nachträglich an die Gewichenen abzuführen ist. Bei der Bemessung darf nicht vernachlässigt werden, daß den veräußerten Wirtschaftsgütern latente Ertragsteuern innewohnen, die der Hofübernehmer zu tragen hat.
Im Musterfall enthält der Hofübergabevertrag folgende Klausel:
"Veräußert der Hofübernehmer A oder dessen Rechtsnachfolger den übernommenen Betrieb oder Teile desselben innerhalb von 20 Jahren ab dem heutigen Vertragsabschluß oder verpachtet er den Betrieb innerhalb dieser Frist an einen Pächter, der für die Hofnachfolge lt. Buchst. c nicht in Betracht kommt, so ist er verpflichtet, 30 v.H. des Veräußerungserlöses an B, im Vorablebensfall an deren Abkömmlinge herauszugeben. Die Verpflichtung besteht nicht
a) soweit Ersatzgrundstücke bzw. ein Ersatzbetrieb innerhalb von 4 Jahren zur Eigenbewirtschaftung angeschafft werden,
b) bei Veräußerung von nicht mehr als 0,5 ha Grundstücksfläche, es sei denn, es handelt sich um Baugelände oder Bauerwartungsland,
c) beim Übergang des Betriebs auf den Ehegatten oder auf Abkömmlinge des Hofübernehmers, vorausgesetzt, daß diese in die Nachabfindungspflicht für die restliche Laufzeit eintreten."
6.2 Einkommensteuerliche Behandlung
Die Nachabfindung teilt grundsätzlich das Schicksal der ursprünglichen Abfindung. Sie führt deshalb dogmatisch zu nachträglichen Anschaffungskosten des Hofübernehmers für den übernommenen Betrieb und zu Veräußerungsentgelten des Hofübergebers, die aber wegen ihres aufschiebend bedingten Charakters erst bei Bedingungseintritt (hier: im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme des Betriebsvermögens) entstehen und das ursprüngliche Rechtsgeschäft der Hofübergabe nicht mehr berühren.
Die nachträglichen Anschaffungskosten des Hofübernehmers erhöhen deshalb zum Zeitpunkt ihrer Entstehung die Buchwerte der dann vorhandenen aktiven Wirtschaftsgüter nach dem Verhältnis ihrer stillen Reserven. Beim früheren Hofübergeber oder dessen Gesamtrechtsnachfolger sind die Entgelte nachträgliche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach § 24 Nr. 2 EStG, die durch den Freibetrag nach § 13 Abs. 3 EStG, nicht aber durch die Steuerermäßigungen nach §§ 34, 34 e EStG begünstigt sind.
Ist jedoch der Betrieb ursprünglich unter Buchwertfortführung nach § 7 Abs. 1 EStDV auf den Hofübernehmer übergegangen, so sind die nachträglichen Abfindungen, soweit sie das Kapitalkonto zum Zeitpunkt des Eintritts der Nachabfindungspflicht nicht übersteigen, als private Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG und weder als Anschaffungskosten noch als nachträgliche Einkünfte zu werten.
7. Holzeinschlagsrecht
Daß die Eltern den Bauernwald, der zwar ertragsteuerlich einen Teilbetrieb darstellt (BFH 17.1.91 BStBl II, 566), mit der Landwirtschaft übergeben und nicht zurückbehalten haben, ist von großer erbrechtlicher Bedeutung, weil er allein kein Landgut i.S. der §§ 2049, 2312 BGB darstellt und im Erbfall mit seinem Verkehrswert auseinandergesetzt werden müßte; seine Rückkehr zum Betrieb wäre meist ausgeschlossen. Das vorbehaltene Holzeinschlagsrecht ist kein Entgelt für den übergebenen Betrieb, gleichgültig ob es dinglich gesichert oder nur schuldrechtlich eingeräumt ist. Eine schuldrechtliche Vereinbarung ist ausreichend.
Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 04/1995, Seite 11