12.11.2009 | Nachlassverbindlichkeit
Doppelbelastung mit ESt und ErbSt
Der Gesetzgeber hat für Veranlagungszeiträume ab 2009 und Erbfälle nach dem 31.12.08 mit § 35b EStG eine Ermäßigungsvorschrift eingeführt, die die Doppelbelastung mit ESt und ErbSt lindern soll. Die Vorschrift entspricht dem Wortlaut des § 35 EStG, der für Veranlagungszeiträume bis 1998 galt (§ 35 EStG (a.F.)).
1. Regelungsinhalt
Nach § 35b EStG gilt Folgendes: Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der ErbSt unterlegen haben, wird auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche ESt, die auf diese Einkünfte entfällt ermäßigt. Diese Ermäßigung bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem die festgesetzte ErbSt zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) die Freibeträge nach den §§ 16 und 17 EStG und der steuerfreie Betrag nach § 5 ErbStG hinzugerechnet werden. Die Steuerermäßigung gilt nur für Erwerbe von Todes wegen, nicht jedoch für Schenkungen. Typische Anwendungsfälle sind
- Veräußerungsgewinne (§ 14 EStG, § 16 EStG, § 17 EStG, § 18 Abs. 3 EStG, § 20 Abs. 2 EStG, § 23 EStG) und
- Forderungen aus einer betrieblichen Tätigkeit im Fall der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, die erst nach dem Tod des Erblassers bezahlt werden.
Beispiel: Wirkungsweise des § 35b EStG | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Szenario 1: Der Steuerwert des erworbenen Vermögens enthält eine Forderung i.H. von 100.000 EUR, die erst nach dem Tod des Erblassers zufließt und vom Erben zu versteuern ist (SolZ wird vernachlässigt).
Praxishinweis: Bezugsgröße der nach § 35b EStG vorzunehmenden Aufteilung der Einkünfte ist nicht das zu versteuernde Einkommen - wie vereinfachend in diesem Beispiel dargestellt -, sondern das Verhältnis der begünstigten Einkünfte zur Summe der Einkünfte ist maßgeblich (Schmidt, EStG, 28. Aufl., § 35b Rn. 21).
Szenario 2: Die Forderung soll dem Erblasser bereits vor dem Tod zugeflossen sein.
Das Beispiel zeigt, dass die Anwendung von § 35b EStG den Nachteil der latenten ESt-Belastung nur teilweise ausgleicht. Die verbleibende Doppelbelastung ist höher, wenn der Erbe aufgrund des Erwerbs der von ihm zu versteuernden Einkünfte erbschaftsteuerlich eine höhere Progressionsstufe erlangt. |
2. Rechtsprechung zu § 35 EStG (a.F.)
Entsprechendes galt für § 35 EStG (a.F.). Während der Geltung des § 35 EStG (a.F.) vertrat der BFH die Ansicht, dass die latente ESt-Belastung nicht zusätzlich als Nachlassverbindlichkeit abziehbar ist (BFH 16.8.06, II B 144/05, BFH/NV 06, 2261). Wesentliches Argument war dabei der Verweis auf die Steuerermäßigung nach § 35 EStG (a.F.). Insofern wird davon auszugehen sein, dass für VZ ab 2009 ein Abzug latenter ESt als Nachlassverbindlichkeit vom BFH erneut abgelehnt wird und eine Doppelbelastung mit ErbSt und ESt damit nicht vollständig beseitigt werden kann.
3. Rechtsprechung nach Abschaffung des § 35 EStG (a.F.)
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