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  • Schenkungsteuer

    Verjährung bei der Schenkungsteuer

    von RiFG Dietmar Sedlaczek, Bünde

    Die Praxis zeigt, dass auch die für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen FÄ den Eintritt der Verjährung nicht immer erkennen. Da die Steuer mit Eintritt der Verjährung erlischt (§ 47 AO), ist die Verjährung in der Beratung immer zu prüfen. Anhand von einigen Praxisbeispielen soll das Zusammenspiel aus Anzeige- und Erklärungspflichten und dem Lauf der steuerlichen Verjährungsfrist dargestellt werden.

    1. Anzeige-/Erklärungspflicht

    Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kennt keine allgemeine Erklärungspflicht. Weder aus den §§ 149 ff. AO noch aus § 31 ErbStG folgt die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung. Vielmehr ermächtigt § 31 ErbStG das FA, von jedem an einem Erbfall, einer Schenkung oder einer Zweckzuwendung Beteiligten die Abgabe einer Steuererklärung zu verlangen. Damit das FA überhaupt vom Steuerfall erfährt, sieht das ErbStG eine Reihe von Anzeigepflichten vor, die bei einer Schenkung Erwerber und Schenker aber auch Dritte (z.B. Notare) treffen.

    Nach § 30 Abs. 1 ErbStG muss jeder schenkungsteuerpflichtige Erwerb binnen einer Frist von drei Monaten nach Kenntnis von dem Erwerb dem zuständigen FA (i.d.R. das Wohnsitz-FA des Schenkers, § 35 ErbStG) durch den Erwerber angezeigt werden. Die Anzeige soll die in § 30 Abs. 4 ErbStG geforderten Angaben enthalten (vgl. Tz. 2).

    2. Festsetzungsfrist

    Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich vier Kalenderjahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Sie beginnt nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erbschaft- und Schenkungsteuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Die Festsetzungsverjährung läuft bei der Schenkungsteuer nicht vor Ablauf des Kalenderjahres an, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 AO). Eine Anzeige gemäß § 30 ErbStG, die die Verjährungsfrist für die Schenkungsteuer anlaufen lässt (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO), soll die in § 30 Abs. 4 ErbStG geforderten Angaben enthalten:

    • Vor- und Nachname, Beruf, Wohnung von Schenker und Erwerber,
    • Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung,
    • Gegenstand und Wert des Erwerbs,
    • Rechtsgrund des Erwerbs,
    • persönliches Verhältnis des Erwerbers zum Schenker,
    • frühere Zuwendungen des Schenkers an den Erwerber nach Art, Wert und Zeitpunkt der einzelnen Zuwendung.

    Ob die Angaben, die für den Anlauf der Verjährungsfrist bei der Erbschaftsteuer ausreichen auch bei der Schenkungsteuer genügen, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Da aber die Anzeige einer Schenkung die gleiche Funktion wie die Anzeige einer Erbschaft hat, nämlich dem FA die Entscheidung zu ermöglichen, weiter tätig zu werden, dürften diese Angaben (vgl. ErbBstg 02, 148) ausreichen.

    Die Verjährungsfrist für die Schenkungsteuer läuft erst an, wenn das FA von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt (§ 170 Abs. 5 AO). Trotz nicht erfüllter Anzeigepflicht läuft die Verjährungsfrist für die Schenkungsteuer an, wenn das FA aus der Erklärung oder Anzeige eines Dritten die Angaben entnehmen kann (§ 30 Abs. 3 ErbStG).

    3. Notarielle Schenkung oder Handschenkung

    Beispiel 1

    E schenkt N 400.000 EUR im Jahr 01. E stirbt in 08. In diesem Jahr erfährt das FA von der Schenkung und setzt Schenkungsteuer fest. Zu Recht?

    Es kommt darauf an, ob die Schenkung notariell beurkundet wurde (§ 518 Abs. 2 S.1 BGB) oder ob eine so genannte Handschenkung anzunehmen ist.

    3.1 Handschenkung

    Nahm E eine Handschenkung vor, waren N gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG und E gemäß § 30 Abs. 2 ErbStG verpflichtet, den Erwerb dem Erbschaftsteuer-FA anzuzeigen. Unterbleibt eine solche Anzeige, erhält das Erbschaftsteuer-FA regelmäßig keine Kenntnis von der Schenkung. In einem solchen Fall beginnt die Verjährung der Schenkungsteuer nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker stirbt (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 AO)! Unter Umständen kann die Schenkungsteuer daher auch 20 Jahre nach dem Vollzug der Schenkung noch nicht verjährt sein!

    3.2 Notarielle Schenkung

    Wurde der Schenkungsvertrag notariell beurkundet, war der Notar gemäß § 34 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 8 ErbStDV verpflichtet, dem Erbschaftsteuer-FA die Schenkung anzuzeigen. Mit Eingang der Anzeige hatte das FA Kenntnis von der Schenkung. Die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer begann gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangte. Verjährung tritt ein mit Ablauf des vierten Kalenderjahres nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige des Notars mit den erforderlichen Angaben (vgl. Tz. 2.) beim Erbschaftsteuer-FA eingegangen ist.

    Lösungshinweis 1

    Nahm E eine Handschenkung vor und haben weder E noch N diese Schenkung dem FA angezeigt, begann die Verjährung erst mit Ablauf des 31.12.08 und endet mit Ablauf des 31.12.12.

    Wurde die Schenkung durch den Notar beurkundet und dem FA in 01 angezeigt, oder haben E oder N die Schenkung in 01 angezeigt ,begann die Verjährung mit Ablauf des 31.12.01 und endete mit Ablauf des 31.12.05.

    Praxishinweis: Es ist ein Fall bekannt geworden, in dem eine notariell beurkundete Zuwendung eines Gesellschaftsanteils nach etwa 25 Jahren der Schenkungsteuer unterworfen wurde. Schenker, Beschenkter und das FA hatten keinen Zugriff mehr auf die Akten aus dieser Zeit. Auch der Notar verfügte nicht mehr über seine Handakten, aus denen die Erstattung einer Anzeige gemäß § 34 Abs. 1 ErbStG nachvollzogen werden konnte. Der damalige Schenker meinte, sich an eine Schenkungsteuerfestsetzung erinnern zu können, hatte aber auch keinen Schenkungsteuerbescheid mehr. Bei Zuwendungen unter Lebenden sollte daher der Schenkungsteuerbescheid sorgfältig bis sieben Jahre nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker verstarb, aufgehoben werden.

    4. Nicht nachweisbare Anzeige des Notars

    Beispiel 2

    Das FA setzt im März 09 Schenkungsteuer auf Grund der notariell beurkundeten Schenkung fest. Eine Anzeige durch den Notar findet sich nicht in den Akten des FA. Der Notar ist sich sicher, dass er in 01 dem FA die Schenkung gemäß § 34 Abs. 1 ErbStG i.V.m. 8 ErbStDV samt einer Ausfertigung des Vertrages angezeigt hat, hat aber seine Handakten schon vernichtet. N beruft sich auf Verjährung. Zu Recht?

    Voraussetzung für den Anlauf der Verjährung in Schenkungsfällen ist die positive Kenntnis des Erbschaftsteuer-FA (Pump/Lohmeyer, AO, § 170 Rz. 26) von der vollzogenen Schenkung (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 AO). Zwar brauchten weder E noch N selbst die Schenkung gemäß § 30 Abs. 2 ErbStG anzuzeigen, da die Schenkung vom Notar beurkundet wurde (§ 30 Abs. 3 ErbStG). Das Entfallen der Anzeigepflicht hat aber keinen Einfluss auf die Verjährung. Es handelt sich um ein Problem der Beweislast.

    Lösungshinweis 2

    Kann N beweisen, dass die Anzeige des Notars nebst einer Ausfertigung des Schenkungsvertrages beim FA eingegangen ist, ist der Steueranspruch verjährt. Kann N diesen Beweis nicht erbringen, ist keine Verjährung eingetreten.

    5. Kenntnis des FA von der Schenkung

    Der BFH ist in Schenkungsteuerfällen bei der Beurteilung des Verjährungsanlaufes sehr restriktiv. Durch Urteil vom 28.5.98 (DStR 98, 1511) hat er entschieden, dass die Verjährung gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO erst anläuft, wenn das FA positive Kenntnis von der vollzogenen Schenkung hat.

    Sachverhalt

    Der Vater hatte im Wege der Erbauseinandersetzung dem minderjährigen Sohn mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung einen Kommanditanteil zugewandt. Notarieller Vertrag und Genehmigung gingen beim FA 1977 ein, die Schenkungsteuer-Erklärung erst 1985.

    Der BFH verneinte den Anlauf der Verjährungsfrist gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO in 1977, da allein der Vertrag nicht die Beurteilung erlaube, ob ein schenkungsteuerlich relevanter Sachverhalt vorlag. Diese könne erst nach Einreichung der Steuererklärung erfolgen.

    Ein Kennenmüssen, z.B. auf Grund einer Anzeige oder Erklärung eines anderen, wie es beim Anlauf der Verjährung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO in Erbschaftsteuerfällen ausreiche, genüge für den Anlauf der Verjährung nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO nicht. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO stelle auf die Kenntnis des Erbschaftsteuer-FA von der vollzogenen Schenkung ab, nicht wie § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO auf den Eingang einer Anzeige oder Erklärung, aus denen u.U. erst nach weiteren Ermittlungen der Schluss gezogen werden könne, es liege eine vollzogene Schenkung vor.

    Beispiel 3

    S und N setzten sich nach dem Tode der E, die sie gemeinschaftlich beerbt hatten, durch notariellen Vertrag noch in 01 auseinander. Dabei verblieb ein erheblicher Wertunterschied zu Gunsten der S, der nicht ausgeglichen werden sollte. Der Vertrag enthielt ausdrücklich den Zusatz, die Übertragung erfolge teilweise schenkweise.

    In 05 gab S nach Aufforderung durch das Erbschaftsteuer-FA eine Schenkungsteuer-Erklärung ab. In 06 wurde Schenkungsteuer auf eine gemischte Schenkung festgesetzt. Hinweis: Der Fall ist BFH (18.10.00, BStBl II 01, 14) nachgebildet).

    Die Vorinstanz (FG Baden-Württemberg 10.6.98, DStRE 99, 197) hatte entschieden, dass die Aufforderung zur Abgabe der Erbschaftsteuer-Erklärung innerhalb der Drei-Jahres-Frist des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO erfolgen müsse, damit die Anlaufhemmung eintrete. Erfolge die Aufforderung erst im vierten Kalenderjahr nach Entstehung der Erbschaftsteuer, bleibe es bei der vierjährigen Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO.

    Dem hielt der BFH (18.10.00, BStBl II 01, 14) entgegen, dass die Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO auch eintritt , wenn die Aufforderung zur Abgabe einer Erbschaftsteuer-Erklärung erst im vierten Kalenderjahr nach der Entstehung der Steuer erfolgt. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Erbschaft- oder Schenkungsteuer-Erklärung existiere nicht, sondern werde erst mit der Aufforderung des FA zur Abgabe gemäß § 31 Abs. 1 ErbStG begründet.

    Weder in § 31 ErbStG noch in § 149 Abs. 1 S. 2 AO sei eine Frist für diese Aufforderung vorgesehen. Auch aus § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO könne eine solche Frist nicht hergeleitet werden. Die Anlaufhemmung von längstens drei Kalenderjahren nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO sei eine Rechtsfolge der in § 170 Abs. 2 AO geregelten Tatbestände, deren Eintritt sich danach richte, ob und wann bei bestehender Erklärungs- oder Anzeigepflicht die Erklärung oder Anzeige erstattet werde.

    Der durch besondere Aufforderung zur Abgabe einer Erbschaftsteuer-Erklärung Verpflichtete werde durch diese Auslegung des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht schlechter gestellt, als derjenige, der unmittelbar gesetzlich zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sei. Denn im letzten Fall hänge der Anlauf der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO ebenfalls von der Abgabe der Erklärung ab.

    Lösungshinweis 3

    Damit kann sich S nach der BFH-Rechtsprechung nicht auf Verjährung berufen. Das FA durfte die Steuer noch in 06 festsetzen.

    Praxishinweis: Sofern der Erbe ein Interesse daran hat, möglichst schnell Rechtssicherheit zu erlangen, kann er durch Abgabe der Anzeige nach § 30 ErbStG den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzen.

    Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 07/2002, Seite 176

    Quelle: Ausgabe 07 / 2002 | Seite 176 | ID 102446