12.11.2009 | Testament
Erbschaft wird vom sozialhilfebedürftigen Erben ausgeschlagen
1. Die Ausschlagung einer werthaltigen Erbschaft, die dazu führt, dass die Sozialhilfebedürftigkeit des vorläufigen Erben fortbesteht, verstößt gegen die guten Sitten, es sei denn, die Ausschlagung wird ausnahmsweise durch ein überwiegendes Interesse des Erben motiviert. |
2. Erfolgt die Ausschlagung durch den Betreuer des Sozialhilfeempfängers, so kann diesem die nach § 1822 Nr. 2 BGB notwendige vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erteilt werden. |
(OLG Hamm 16.7.09, 15 Wx 85/09, Abruf-Nr. 093585) |
Sachverhalt
Der Betroffene ist schwerstbehindert und steht unter Betreuung. Zu den Heimpflegekosten leistet der Sozialhilfeträger einen Zuschuss. Als die Mutter des Betreuten verstarb, wurde sie von dem Betreuten und dessen Bruder aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerbt. Der Ergänzungsbetreuer erklärte für den Betreuten die Ausschlagung der Erbschaft und beantragte hierzu die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung. Das AG hat die Genehmigung mit der Begründung verweigert, dass diese sittenwidrig sei.
Entscheidungsgründe
Die Frage, ob die Ausschlagung einer Erbschaft durch einen Sozialhilfeempfänger bzw. dessen Betreuer, die dazu führt, dass eine sozialrechtliche Hilfsbedürftigkeit fortbesteht, gegen § 138 BGB verstößt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet (für Sittenwidrigkeit: z.B. OLG Stuttgart 25.6.01, 8 W 494/99, ZEV 02, 367; Staudinger/Otte, § 1942 BGB Rn. 22; ablehnend: LG Aachen 4.11.04, 7 T 99/04, ErbBstg 05, 97; Mayer, ZEV 02, 369). Vorliegend schließt sich der Senat der erstgenannten Auffassung an. Die Ausschlagung einer werthaltigen Erbschaft, die dazu führt, dass ein Sozialleistungsanspruch fortbesteht, verstößt gegen die guten Sitten, wenn nicht ausnahmsweise legitime Interessen des Erben geeignet sind, die Ausschlagung nachvollziehbar zu motivieren.
Nach Auffassung des Gerichts sind die Überlegungen, die den BGH bewogen haben, das Behindertentestament als in der Regel sittenkonform anzusehen, auf den aktuellen Fall nicht übertragbar, denn der BGH stellt die Testierfreiheit des Erblassers in den Vordergrund.
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