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  • 01.04.2006 | Vor- und Nacherbfall

    Befreiung des Vorerben

    1.Zu den Voraussetzungen einer nicht ausdrücklich angeordneten Befreiung des Vorerben. 
    2.Die Einsetzung zum Alleinerben reicht für sich allein nicht aus, um eine Befreiung des Vorerben anzudeuten. 
    (OLG Karlsruhe 10.8.05, 14 Wx 2/05, Abruf-Nr. 060867)  

     

    Sachverhalt

    Die ledige und kinderlose Erblasserin setzte in ihrem ersten handschriftlichen Testament ihre Schwester zur Alleinerbin ein. In einem nachfolgenden handschriftlichen Ergänzungstestament enterbte sie ihren Neffen ausdrücklich wegen persönlicher Differenzen.  

     

    In der Ergänzungsverfügung heißt es: „(…) sehe ich mich veranlasst, mein gesamtes Eigentum nach dem Tod meiner Schwester Herrn Dr. XX (Arzt) zu vermachen. Auch die gesamte Familie meines Neffen schließe ich von dem mir zu vererbenden Besitz aus.“ Im Erbscheinsverfahren hatte die Schwester beantragt, dass sie alleinige – von Verfügungsbeschränkungen befreite – Vorerbin sei. Hiergegen hatte der Arzt Beschwerde eingelegt. 

     

    Entscheidungsgründe

    Im Testament und seiner Ergänzung wird nicht klar zum Ausdruck gebracht, ob die Schwester befreite oder nicht befreite Vorerbin ist. Da die Befreiung der Vorerbin jedenfalls nicht ausdrücklich angeordnet wurde, ist die Frage, inwieweit sie befreit ist, auslegungsbedürftig. Der Umstand, dass die Schwester mit dem ersten und später ergänzten Testament zur Vollerbin eingesetzt worden war, reicht für sich allein nicht aus, eine Befreiung der Vorerbin anzudeuten. Die Begriffe „Alleinerbe” und „nicht befreiter Vorerbe” gehören unterschiedlichen Kategorien an und bilden kein Gegensatzpaar.