Zivilrecht/Steuerrecht
Sicherungsklauseln für Eltern bei der Schenkung
Unter dem Druck der anstehenden Entscheidung des BVerfG zu den Einheitswerten wird immer häufiger Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Allgemein wird dabei empfohlen, die Schenkung eines Objekts, das zugleich als Einkunftsquelle dient, unter Nießbrauchsvorbehalt zu stellen, um sich die Erträge zu sichern, ggf. auch die roten Zahlen für den steuerlichen Verlustausgleich. Dabei sollte man grundsätzlich immer einen Teil des Vermögens zurückhalten, insbesondere nicht auch noch das eigene Heim aus Angst vor dem BVerfG verschenken. Dahinter steht die Überlegung, die Flick (Handelsblatt v. 27.12.94) so schön formulierte: "Nichts fördert die Dankbarkeit mehr als die Aussicht, noch mehr zu erben."
Aber auch bei Übertragungen eines Teils des eigenen Vermögens auf die folgende Generation sollte man die juristischen Möglichkeiten, mit denen sich der Schenker Einfluß auf den Beschenkten und das verschenkte Gut sichern kann, nutzen. Davon wird weniger Gebrauch gemacht, als möglich und nötig.
Die Rahmenbedingungen einer Schenkung können sich bis zum Tod des Schenkers grundlegend ändern. Deshalb sollte Vorsorge dagegen getroffen werden, daß es nicht zu einer steuerlichen Doppelbelastung kommt, insbesondere für den Fall, daß der Beschenkte vor dem Schenker stirbt. Auch muß die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, daß sich der in Aussicht genommene Unternehmensnachfolger als ungeeignet erweist. Meist besteht dann der Wunsch, das bereits übertragene Vermögen anderen Kindern zukommen zu lassen. Deshalb sehen viele Schenkungsverträge einen solchen Übergang auf Geschwister vor.
A schenkt und überträgt seinem ältesten Sohn B ein Grundstück (EW + 40% = 310.000 DM), was 13.200 DM Schenkungsteuer kostet (310.000 ./. 90.000 = 220.000 x 6 % = 13.200 DM). A muß noch miterleben, daß B bei einem Verkehrsunfall verunglückt. Im Schenkungsvertrag war vorgesehen, daß in diesem Fall das Grundstück auf C, den Bruder des Verstorbenen übergehen soll. C zahlt in der ErbSt-Klasse III bei einem Freibetrag von nur 10.000 DM Erbschaftsteuer in Höhe von 21.5% von 300.000 DM = 64.500 DM.
Wenn der Schenkungsvertrag zwischen A und B eine Rückfallklausel für den Fall des Vorversterbens des B vorgesehen hätte, wäre das Grundstück nach § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG steuerfrei an A zurückgefallen. Die Schenkung von A an C hätte zwar noch einmal 13.200 DM gekostet, aber immerhin 51.300 DM weniger.
Noch günstiger wäre ein Rückforderungsrecht i.S. des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gewesen, weil damit die Schenkungssteuer der Erstschenkung an B mit Wirkung für die Vergangenheit erloschen wäre. Das gleiche gilt, wenn das Überleben des Beschenkten als auflösende Bedingung gestaltet worden wäre (§ 5 BewG). Eine solche - erbschaftsteuerlich optimale -auflösende Bedingung - reduziert auch die Pflichtteils-, Erbteils- und güterrechtlichen Ansprüche der Schwiegerkinder von Unternehmern nach dem Tod des eigenen Kindes.
1. Zivilrechtliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Sicherungsklauseln
Es gib drei Instrumente, um einen Herausgabeanspruch vertraglich abzusichern:
1. Die auflösende Bedingung,
2. das vertragliche Rückforderungsrecht bei Nichterfüllung einer Auflage und
3. den Widerrrufsvorbehalt.
1.1 Die auflösende Bedingung
Wird ein Rechtsgeschäft - hier der Schenkungsvertrag - unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts. Mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein (§ 518 Abs. 1 BGB). Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig. Rückfallklauseln beinhalten zwar regelmäßig eine auflösende Bedingung, enthalten also den in solchen Fällen erwünschten Automatismus. Es ist aber immer zu klären, ob dieser Effekt tatsächlich gewollt war.
Typische Rückfallklauseln dieser Art sind:
- Rückfallklausel für den Fall eines Antrages auf Eröffnung des Konkurs-oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Beschenkten, ggf. unter der weiteren auflösenden Bedingung, daß der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht aus einem anderen Grund als mangels Masse zurückgewiesen wird.
- Rückfallklausel für den Fall, daß der geschenkte Gegenstand oder das geschenkte Recht von einem Privatgläubiger des Beschenkten gepfändet wird unter der weiteren auflösenden Bedingung, daß der Beschenkte den Pfändungsbeschluß nicht binnen gewisser Zeit (z.B. zwei Monate) beseitigt.
» Zur stillschweigenden auflösenden Bedingung: Gasser, Zur Rechtsnatur von Übergabeverträgen 93, 133 ff.
1.2 Das vertragliche Rückforderungsrecht bei Nichterfüllen einer Auflage
Enthält der Übergabevertrag Bedingungen über das Verhalten des Begünstigten, deren Nichteinhaltung Rückforderungsansprüche auslöst, handelt es sich grundsätzlich um Auflagen i.S.d. § 525 BGB (Erman/Seiler, BGB, § 525 Rn. 2; Wiedemann/Heinemann, DB 90, 1649 ff.) Diese begründen damit ein Rückforderungsrecht des Schenkers bei Nichterfüllung. Regelmäßig bezieht sich die vereinbarte Rückforderung nur auf die Substanz des verschenkten Wirtschaftsgutes und nicht auf zwischenzeitlich erzielte Erträge, was der Vorschrift des § 812 I 1. Alt. BGB entspricht (Erman/Seiler BGB § 531 Rn. 3).
Vertragsvorschlag:
"Der Übergeber behält sich das Recht vor, auf Kosten des Übernehmers das Übergabeobjekt zurückfordern zu können, wenn
» der Übernehmer den Grundbesitz ohne seine Zustimmung veräußert oder belastet oder
» Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Übernehmer eingeleitet worden sind,
» der Übernehmer vor dem Übergeber verstirbt
» usw.
Das Rückforderungsrecht kann bei dem jeweiligen Rückforderungsfall nur innerhalb von drei Monaten nach Eintritt seiner Voraussetzung ausgeübt werden. Nachgewiesene Verwendungen auf den Grundbesitz werden den Erben des Übernehmers im Fall der Rückforderung bei Vorversterben erstattet. In den übrigen Fällen findet ein Verwendungsersatz nicht statt.
Das Rückforderungsrecht erlischt mit dem Tod des Übergebers. Dieser erhält für den Fall der Rückforderung beim Vorversterben des Übernehmers hiermit unwiderruflich auf den Todesfall Vollmacht zur Vornahme aller zur Rückübertragung erforderlichen Rechtshandlungen unter Befreiung von § 181 BGB.
Das Rückforderungsrecht ist durch Vormerkung zu sichern, deren Eintragung auf dem übergebenen Grundstück hiermit bewilligt und beantragt wird."
(Langenfeld,Vertragsgestaltungen 91 Rn. 306; vgl. auch Jerschke in Beck`sches Notar-Handbuch 92 Rn. A V 223).
1.3 Der Vorbehalt des Widerrufs
Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, daß Schenker und Beschenkter in den Schenkungsvertrag zahlreiche Klauseln aufnehmen können, zu deren Einhaltung sich die Vertragspartner verpflichten und deren Nichteinhaltung einen Herausgabeanspruch des Schenkers begründen. Zivilrechtlich ist auch ein genereller, uneingeschränkter jederzeitiger Widerrufsvorbehalt wirksam. Das alles ist aber nicht unproblematisch, weil eine Auflistung von Widerrufsgründen dazu führen kann, daß die Pflichtteilsergänzungsfrist des § 2325 BGB nicht zu laufen beginnt. Generell empfiehlt es sich bei Widerrufsvorbehalten, konkrete Widerrufsgründe aufzuführen (vgl. BGHZ 112, 40; Erman/Seiler, § 516 Rn. 9).
Typische konkrete Rücktritts bzw. Widerufsvorbehalte:
» Widerrufsvorbehalt bei Nichtvollzug einer mit der Schenkung verbundenen Auflage gem. § 527 BGB
» Widerrufsvorbehalt wegen Bedürftigkeit/Verarmung des Schenkers §§ 528, 529 BGB. Hier ist eine weitere Konkretisierung empfehlenswert, weil es sonst zu Streit darüber kommen kann, ob die behauptete "Verarmung" überhaupt besteht und der "angemessene Lebensunterhalt nach der Lebensstellung des Schenkers" (vgl. " 1610 BGB) überhaupt nicht gefährdet ist. Auf ein etwaiges Verschulden des Schenkers an seiner jetzigen Situation kommt es allerdings nicht an.
» Widerrufsvorbehalt wegen groben Undanks § 530 BGB. Ein im tatsächlichen Leben oft behaupteter und vor Gerichten häufig geltend gemachter Grund, der aber eine schwere Verfehlung des Beschenkten voraussetzt, aus der der grobe Undank abgeleitet wird. Hier weichen die Auffassungen von Eltern/Kindern einerseits und Klägern/Richtern deutlich voneinander ab.
» Widerrufsvorbehalt wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, ein sparsam zu verwendendes Instrument (vgl. BGH NJW 72, 248; BGHZ 40, 334 für Übergabeverträge).
» Widerrufsvorbehalt im Falle des Konkurses über das Vermögen des Beschenkten oder der Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens.
» Rücktritts- oder Widerrufsvorbehalt für den Fall, daß der Beschenkte den Schenkungsgegenstand (Grundstück, Gesellschaftsanteil) zu Lebzeiten des Schenkers veräußert oder belastet.
» Rücktrittsvorbehalt bei Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen des Kindes gegenüber dem überlebenden Ehegatten.
» Rücktrittsvorbehalt für den Fall, daß der Beschenkte vor dem Schenker oder seiner Ehefrau ohne eheliche Abkömmlinge stirbt (vgl. Eingangsbeispiel).
Widerrufs- oder Rücktrittsvorbehalte müssen vom Schenker regelmäßig durch positive Erklärung ausgeübt werden und begründen damit erst den Herausgabeanspruch (§ 531 BGB).
1.4 Dingliche Sicherheiten
Alle Sicherheitsklauseln helfen nicht, wenn der Beschenkte zwischenzeitlich über das entsprechende Wirtschaftsgut Verfügungen treffen konnte, die den Vorgang irreversibel machen oder Dritte in ihrer Eigenschaft als Gläubiger des Beschenkten Zugriff auf das geschenkte Wirtschaftsgut hatten. Die Zwangsvollstreckung in das verschenkte Grundstück muß daher dinglich abgewehrt werden können.
Bei übertragenen Grundstücken sind Widerrufs-, Rücktritts- und Rückfallklauseln durch entsprechende Rückauflassungsvormerkungen gem. § 883 BGB im Grundbuch abzusichern. Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als der Anspruch (auf Rückübertragung!) dadurch vereitelt oder beeinträchtigt würde.
Bei auflösenden Bedingungen ist § 925 Abs. 2 BGB zu beachten. Die Rückauflassung (selbst) kann nicht unter einer Bedingung erfolgen. Möglich ist aber eine bedingte Rückauflassungsvormerkung (Müko Wacke § 883 Rn. 23).
Auch beim Nießbrauchsvorbehalt ist streng darauf zu achten, daß die Ansprüche auf die Erträge dinglich abgesichert werden, damit die Nutzungen auch dann noch fließen, wenn der beschenkte Sohn das Haus verspielt hat. Auch eine vorbehaltene Rente kann durch die Eintragung einer Reallast im Grundbuch dinglich gesichert werden (Spiegelberger aaO. Rn 142). Der angenehme Nebeneffekt solcher Sicherheiten ist, daß das verschenkte Gut nur noch schwer zu verkaufen ist.
1.5 Besonderheiten bei Gesellschaftsbeteiligungen
Moderne Gesellschaftsverträge enthalten eine Fülle von Vorschriften, die die Weiterexistenz der Gesellschaft sichern sollen, wenn einer der Gesellschafter in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Eben diese Vorschriften helfen auch, die Risiken bei der schenkweisen Übertragung von Gesellschaftsanteilen an die eigenen Kinder zu verringern.
Mindestens sollte im Gesellschaftsvertrag für solche Fälle die Zustimmung der anderen Gesellschafter für die Übertragung von Anteilen vereinbart worden sein, gekoppelt mit Abfindungsregelungen bei Zwangsvollstreckungen in den übertragenen Anteil und automatischem Ausschluß des betroffenen Gesellschafters.
Darüber hinaus kann man im Gesellschaftsvertrag vereinbaren:
» als Sicherheit vor unüberlegten Entscheidungen des beschenkten Kindes die Festlegung von Abstimmungsquoten in der Gesellschafterversammlung. Allerdings muß auch die Schenkung danach ausgerichtet werden. Es reichen eben 51% nicht aus, die beim Vater bleiben, wenn der Gesellschaftsvertrag für bestimmte Gesellschafterbeschlüsse 75 % verlangt.
» ein Mehrfachstimmrecht für den Schenker; dann können schon die 10 % des Vaters entscheidenden Einfluß haben. Ein Mehrfachstimmrecht für den Senior ergibt die qualifizierte Mehrheit von über 75%, die der Gesellschaftsvertrag verlangt.
» Sonderrechte für den Kapitalanteil des Seniors, die ihm ohne sein Einverständnis nicht entzogen werden können, wie z.B. die Befugnis, Geschäftsführer zu benennen und abzuberufen und deren Geschäftsführungsbefugnis (Innenverhältnis) und Vertretungsbefugnis (Außenverhältnis) zu bestimmen.
» die Mehrheit für den Senior in der Komplementär-GmbH der GmbH und Co. KG festzuschreiben und deren Geschäftsführungsbefugnis im KG-Gesellschaftsvertrag sicher zu verankern.
Darüber hinaus sind auch bei der Schenkung von Gesellschaftsbeteililigungen Rückforderungsrechte und Widerrufsklauseln (BGH DNotZ 91, 819) geeignete Instrumente zum Schutz des Schenkers vor törichten Handlungen des Beschenkten.
Nicht verläßlich ist dagegen eine gesellschaftsvertragliche Regelung nach der ein Gesellschafter (z.B. der Vater) das Recht hat, einen Mitgesellschafter (z.B. den Sohn) nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen. Eine solche Bestimmung ist nichtig (vgl. Spiegelberger aaO. Rn. 410)..
1.6 Verkaufsrecht vorbehalten!
Will sich der Schenker das Recht vorbehalten, eine übertragene Immobilie auch später noch veräußern zu können, muß hierfür eine rechtsgeschäftliche Vollmacht bestellt werden. Das ist nicht steuerschädlich (Troll DStZ 70 S. 562; vgl. auch Formularvorschlag von Langenfeld). Der Schenker darf später nicht im eigenen Namen, sondern nur im Namen und für Rechnung des Beschenkten verkaufen. Ein Vorbehalt des Inhalts, daß der Schenker im eigenen Namen verkaufen darf, ist zivilrechtlich zwar zulässig (Müko Petzold Rn. 5 vor 1030) dürfte jedoch steuerlich nicht anerkannt werden.
1.7 Beleihungsfähigkeit erhalten
Damit dem Schenker die Möglichkeit erhalten bleibt, den übertragenen Grundbesitz später noch belasten zu können, z.B. um betrieblich notwendige Kredite dinglich abzusichern, könnte er sich vor der Übertragung eine - zunächst nicht valutierte - Eigentümergrundschuld eintragen lassen. Gegenüber der auch bestehenden Möglichkeit, sich im Übertragsvertrag unwiderruflich die Vollmacht einräumen zu lassen, den übertragenen Grundbesitz belasten zu können, ist dies die bessere Lösung.
Unbedenklich dürfte die Vollmacht dann sein, wenn eine Belastungsgrenze benannt wird. Schenkungsteuerlich ist das wie eine aufschiebend bedingte Last zu behandeln, so daß ihr Wert gem. § 6 BewG mit Null anzusetzen ist. Stirbt der Bevollmächtigte, ohne von der Vollmacht Gebrauch gemacht zu haben, ist infolge ihres Wegfalls die aufschiebende Bedingung nicht eingetreten, was steuerrechtlich wiederum nicht relevant ist.
2. Schenkungsteuerliche Folgen
Das ErbStG regelt in § 13 Abs. 1 Nr. 10 den Rückfall an den Schenker und in § 29 die Rechtsfolgen eines Rückforderung.
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG bleibt der Rückfall von Vermögensgegenständen steuerfrei, die ein bestimmter Schenker - nur Eltern und Voreltern (!) - bestimmten Beschenkten - nur Abkömmlingen (!) - durch Schenkung oder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge durch Übergabevertrag zugewandt hatte, wenn der Rückfall durch den Tod des Beschenkten ausgelöst wird. Dabei müssen zwei Punkte besonders beachtet werden:
» Die Identität von Schenker und Rückfallbegünstigtem. Fällt das vom Vater geschenkte Grundstück z.B. an die gesetzlichen Erben Vater und Mutter zurück, wird der Tatbestand des § 13 Abs. 1 Nr.10 ErbStG nur zur Hälfte verwirklicht, da bei der Mutter diese Identität fehlt.
» Identität des geschenkten und zurückfallenden Wirtschaftsgutes. Hier hat das ErbStG und der BFH mit seinem Urteil v. 22.6.94 (BStBl. II, 656; vgl. auch Erbinfo 10/94) die Voraussetzungen wesentlich enger gefaßt.
Die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG verhindert, wie der Eingangsfall darlegt, nur die Dreifachbesteuerung, nicht aber die Doppelbelastung mit Schenkungsteuer. Um auch die Doppelbelastung auszuschalten, arbeitet die Praxis mit auflösenden Bedingungen oder Rückforderungsrechten.
2.1 Die auflösende Bedingung
Ist ein Erwerb auflösend bedingt gestellt und tritt die Bedingung ein, so ist die ErbSt auf Antrag nach § 5 Abs. 2 BewG nach dem tatsächlichen Erwerb zu berichtigen. Bei Eintritt der auflösenden Bedingung dürfte daher § 29 ErbStG keine Anwendung finden. Anders als im Fall des § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG entfallen damit auch die einengenden Beschränkungen auf Eltern/Voreltern und ihre Abkömmlinge und die Schenkungsteuer auf die Erstschenkung.
2.2 Das vertragliche Rückforderungsrecht
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erlischt die Schenkungsteuer mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn ein Geschenk aufgrund eines gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Rückforderungsrechts herausgegeben werden muß. Damit erlischt, anders als im Fall des § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG und wie bei der auflösenden Bedingung, die Steuer auf die Erstschenkung. Über § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO wird der Schenkungsteuerbescheid aufgehoben.
Das Problem der zwischenzeitlich vom Beschenkten gezogenen Nutzungen regelt § 29 Abs.2 ErbStG. Die Nutzungen sind wie der Nießbrauch zu besteuern, sofern sie nicht ebenfalls herauszugeben sind (vgl. Tz. 1.2) was selten der Fall sein dürfte, da man diesen Streit mit einem evtl. Erben des verstorbenen Beschenkten - dem Schwiegerkind also tunlich vermeiden sollte. Es erbt schon nicht die Substanz.
2.3 Die Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalte
Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalte beeinträchtigen nicht die Schenkung, gleich, ob es sich um einen freien Widerrufsvorbehalt handelt oder eine Auflistung mehrerer spezifizierter Widerrufsvorbehalte.
Das ist die Konsequenz des Urteils v. 13.9.89 (BStBl. II, 1034), mit der der BFH eine Kehrtwendung um 180 Grad vollzogen und sich von seiner früheren Rechtsprechung (BFH BStBl. 85 II, 159) verabschiedet hat, bei der er noch die Schenkung verneint hatte, wenn ein freier Widerrufsvorbehalt vereinbart war. Im Leitsatz des BFH heißt es:
"Eine Schenkung unter freiem Widerrufsvorbehalt oder eine dem Schenker eingeräumte unwiderrufliche Vollmacht zur dinglichen Rückübertragung des zugewendeten Gegenstandes schließen die Annahme einer Bereicherung des Beschenkten nicht aus, wenn diese Vereinbarung ernst gemeint war."
Der BFH hatte einen Sachverhalt zu beurteilen, in welchem die Eltern ihrer Tochter ein bebautes Grundstück mit allem Zubehör geschenkt hatten. Gleichzeitig hatte die Tochter eine notarielle Erklärung unterschrieben, wonach die Eltern bevollmächtigt waren, das Grundstück an sich selbst "zu beliebigen Preisen auch unentgeltlich zurückzuübertragen, die entsprechenden Vertragsbedingungen dafür festzulegen, die Auflassung zu erklären sowie alle zur Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch erforderlichen Bewilligungen und Anträge abzugeben." Die Vollmacht war allerdings auf 8 1/2 Jahre befristet, so daß auch daran gedacht werden könnte, daß der BFH in der Vereinbarung einen Schutz der Tochter vor sich selbst gesehen hat, solange die Persönlichkeit noch nicht gefestigt erschien. Felix (KÖSDI 94 S. 9649) hält diese zeitliche Beschränkung allerdings für unbeachtlich.
Ein unbeschränktes Widerrufsrecht ist damit erbschaftsteuerlich nicht mehr schädlich (Meincke § 7 Rn. 53; Spiegelberger aaO. Rn. 254). Dennoch ist aus familiären und auch aus zivilrechtlichen Gründen ein spezifizierter Widerrufsvorbehaltskatalog anzuraten. Ferner sollte bestimmt werden, daß bei Widerruf zwischenzeitliche Nutzungen und Belastungen nicht ausgeglichen werden (s.o.).
Mit dem geltend gemachten Widerruf und nach Rückgabe des geschenkten Wirtschaftsgutes an den Schenker treten die Rechtsfolgen des § 29 Abs.1 Nr. 1 ErbStG ein (Meincke § 29 Rn.7; vgl. Tz. 2.3).
2.4 Einräumung dinglicher Sicherheiten
Dieselben Grundsätze gelten für die Bestellung dinglicher Sicherheiten (vgl. oben Tz. 1.4 und 1.7). Auch hier wird weiterhin von eine Schenkung ausgegangen ((Meincke § 7 Rn. 53).
2.5 Steuerübernahmeklausel bei Schenkung
Steuerschuldner sind bei einer Schenkung nach § 20 Abs. 1 ErbStG Schenker und Beschenkter als Gesamtschuldner (§ 44 AO). Dabei soll sich das Finanzamt grundsätzlich an den Beschenkten halten, weil primär davon ausgegangen wird, daß ihn als Erwerber die Steuerschuld trifft (Meincke § 20 Rn. 6). Eine Inanspruchnahme des Schenkers kommt u.a. dann in Betracht, wenn die Übernahme im Schenkungsvertrag vereinbart worden ist.
Damit stellt sich die Frage, was günstiger ist: Soll der Beschenkte die Schenkungsteuer zahlen oder soll sie der Schenker zusätzlich übernehmen? Der Blick in die Literatur ist verwirrend und schwankt zwischen der Meinung, daß im Schenkungsvertrag immer vorgesehen werden solle, daß der Beschenkte die Schenkungsteuer übernimmt (Streck/Schwedhelm/Olbing DStR 94, 1481 ff. Tz. 5.1 m. w. Hinweisen.) und der Ansicht von Flick (Handelsblatt v. 27.12.94), daß die Übernahme der Steuer durch den Schenker wegen der Kappungsregelung des § 10 Abs. 2 ErbStG vorteilhafter sei und es nur bei oberflächlicher Betrachtung so aussehe, als ob es besser wäre, wenn der Beschenkte die Erbschaftsteuer übernehme.
Ausgangspunkt ist § 10 Abs. 2 ErbStG. Hat danach der Schenker die Bezahlung der vom Beschenkten zu entrichtenden Steuer selbst übernommen, gilt als Erwerb der Betrag, der sich aus der Zusammenfassung von übertragenem Objekt mit der aus ihm errechneten Steuer ergibt.
Da bei der Zusammenrechnung nur der Betrag berücksichtigt wird, der sich aus dem steuerpflichtigen Erwerb ohne Berücksichtigung der Steuerklausel ergibt - und nicht etwa der Betrag, der aus der Zusammenrechnung abzuleiten wäre, ist die Übernahme der Schenkungsteuer durch den Schenker aufs Ganze gesehen günstiger (Meincke aaO § 10 Rn. 24).
Das Berechnungsschema sieht so aus:
Bemessungsgrundlage der Schenkung z.B. 390.000 DM
Freibetrag z.B. 90.000 DM
----------
steuerpflichtig 300.000 DM
StKl. I 6.5 % 19.500 DM
----------
stpfl. Bemessungsgrundlage neu 319.500 DM
StKl. I 7 % 22.365 DM
Es gilt also nicht die Bemessungsgrundlage 322.365 DM
Die Vorteile können unterschiedlich hoch sein; in jedem Fall sollte gerechnet werden. Die Steuerersparnis kann noch vergrößert werden, wenn der Schenker die Steuer trägt und die Art der Schenkung es zuläßt, den zur Schenkung bestimmten Betrag um die Schenkungsteuer zu kürzen (Moench, DStR 93, 1586) oder sich die übernommene Steuer als Gegenleistung vom Beschenkten erstatten läßt, wobei die Regeln der gemischten Schenkung greifen.
3. Einkommensteuerliche Folgen von Sicherungsklauseln
3.1 Widerrufsvorbehalt ohne jede Einschränkung
Die Probleme sind beim generellen, dem Schenker vollkommen freigestellten Widerrufsvorbehalt entstanden und beschäftigen sich mit der Frage, ob einkommensteuerlich überhaupt eine Übertragung der Einkunftsquelle vorliegt. Sie dürften sich ebenso bei undifferenzierten Rückforderungsansprüchen stellen.
Eine eindeutige höchstrichterliche Entscheidung hierzu gibt es bisher nicht. Die allgemeine Meinung in der sehr umfangreichen Fachliteratur geht aber davon aus, daß in diesen Fällen keine Einkunftsquelle übertragen wird, wozu regelmäßig die Urteile BFH v. 16.5.89 BStBl. II, 877; BFH v. 27.9.88 BStBl 89 II, 414 herangezogen werden (vgl. auch Felix KÖSDI 94, 9650 f.; Spiegelberger Vermögensnachfolge 94 Rn. 110 zum Rücktrittsrecht bei Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt und Rn. 254; Beck`sches Notar-Handbuch 92 E Rn. 20).
Ein nicht auf Einzelfälle spezifizierter freier Widerrufsvorbehalt bietet sich danach in erster Linie für Schenkungen an, die keine - oder nur geringe -Erträge abwerfen (unbebaute Grundstücke, Kunstgegenstände, Schmuck). Sobald die Gegenstände der Schenkung Erträge abwerfen, sollte der Schenker sich, falls er den Effekt nicht bewußt eingeplant hat, in der Schenkungsurkunde den Ausgleich einer eventuell auftretenden Einkommensteuerbelastung ausdrücklich vorbehalten oder besser gleich die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt vornehmen, der steuerlich unproblematisch ist. Auch diese Schenkung könnte wiederum unter Widerrufsvorbehalt gestellt werden.
Allerdings könnte sich die Schenkung unter freiem Widerrufsvorbehalt auch als Gestaltungsinstrument für den bewähren, der einerseits nicht den Nießbrauch will, zum anderen auf die Erträge nicht verzichten möchte. Es könnte damit der derzeit begehrte Effekt ebenfalls erreicht werden: Übertragung als vollwertige Schenkung noch mit niedrigen Einheitswerten und Erhalt der Einkunftsquelle für den Übertragenden mit dem gegenüber dem Nießbrauch noch weitergehenden Schutz durch den freien Widerrufsvorbehalt, der zusätzlich dinglich abgesichert wird (Felix aaO, Müller-Ohland, Gestaltung der Erb- und Unternehmensnachfolge in der Praxis 1991).
Ob man so weit gehen kann wie Felix, der als Konsequenz auch die Entnahme von Betriebsgrundstücken verneint, wenn die Schenkung freiwiderruflich erfolgt ist, mag dahingestellt bleiben.
3.2 Kasuistisch ausgefeilte einzelne Widerrufsvorbehalte
In diesen Fällen dürfte auch wirtschaftlich eine Verlagerung der Einkunftsquelle vorliegen. Mit Urteil v. 27.1.94 (BStBl II, 635) erkannte der BFH die einem minderjährigen Kind schenkweise eingeräumte atypische Unterbeteiligung mit Rückfallklausel - für den Fall, daß das Kind vor seinem Vater stirbt und keine leiblichen ehelichen Abkömmlinge hinterläßt - als Einkunftsquelle an.
In einem früheren Urteil (v. 27.9.88 BStBl. 89 II, 414) bestätigte der BFH ebenfalls die Übertragung einer Einkunftsquelle und zeigte zugleich die Grenzen wirtschaftlichen Eigentums für die einkommensteuerliche Zurechnung auf. Hier hatte ein Vater seine GmbH-Gesellschaftsanteile und die an die Gesellschaft vermieteten Grundstücke seinen 5 teils noch minderjährigen Kindern zur gesamten Hand (GbR) übertragen und dabei folgendes bestimmt:
» Auseinandersetzungsverbot bis zum Tod beider Elternteile und nicht vor dem 25. Lebensjahr des jünsten Kindes.
» Eine frühere Auseinandersetzung oder Teilverfügung bedarf der Zustimmung des Schenkers bzw. nach seinem Tod der Zustimmung der Mutter.
» Die Verwaltung blieb gegen angemessene Vergütung auf Lebenszeit beim Schenker, danach der Mutter.
» Schenker und Ehefrau wurden unwiderruflich zu Vertretern der Beschenkten für die Ausübung der Rechte an der GmbH bestellt.
» Rückforderungsrecht, wenn die beschenkten Kinder vertragswidrige Verfügungen über die Grundstücke treffen sollten.
» Weitere Beschränkungen wurden in den GbR-Vertrag eingebaut.
Die Finanzverwaltung hatte auf wirtschaftlich beim Schenker verbliebenes Eigentum gesetzt. Der BFH fand, daß der Schenker trotz der sehr weitgehenden Verfügungsmöglichkeiten letztlich im Interesse der Kinder gehandelt habe und weiter handele und nicht auf eigene Rechnung und Gefahr.
Die Gefahr bleibt jedoch bestehen, daß bei schenkweise übertragenen Gesellschaftsbeteiligungen durch Ausschlußregelungen und Einziehungsmöglichkeiten, die mit Buchwertabfindungen gekoppelt werden und andere beschränkende Vertragsbestimmungen die Mitunternehmerschaft des Beschenkten verneint wird (vgl. Fichtelmann/Mittelbach/Petzoldt/ Schulze zur Wiesche, Steuerformularbuch S. 586). Spiegelberger (aaO Rn. 415, 433) zählt zu solchen "gefährlichen" Klauseln:
» Entnahmerecht nur mit Zustimmung der Eltern
» Ausschluß der Informations-, Überwachungs- und Widerspruchsrechte nach §§ 164,166 HGB
» Einseitiges Kündigungsrecht der Eltern
» Jederzeitiger Ausschluß zum Buchwert
» Ausschlußklausel bei Scheidung
» Langfristige Bindung des Auseinandersetzungsguthabens (15 Jahre und länger)
» Jederzeitige Verpflichtung zur unentgeltlichen Rückübertragung.
Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 02/1995, Seite 14