· Fachbeitrag · Generationennachfolge
Betriebsverpachtung einmal anders
von StB Hans Günter Christoffel, Bornheim
| In vielen Fällen entscheidet sich der Unternehmer bei der Generationennachfolge für einen sukzessiven Übergang seines Unternehmens. Oft bindet er zunächst z. B. seine Kinder mit einem geringen Anteil an das Unternehmen, um dann in weiteren Schritten das Unternehmen übergehen zu lassen, ggf. auch durch den Erbfall. Alternativ könnte das Unternehmen in einem ersten Schritt an den potenziellen Nachfolger verpachtet werden, um es dann entweder zu Lebzeiten oder im Todesfall zu übertragen. Letzteres bereitet Schwierigkeiten, wenn im Unternehmen wertvolle Betriebsgrundstücke vorhanden sind. Dann ist es erforderlich, diese nicht als Verwaltungsvermögen in Erscheinung treten zu lassen, sondern die Rückausnahme in § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG zu nutzen. Welche Probleme dabei in der Praxis auftreten und wie diese gelöst werden können, wird nachfolgend erläutert. |
1. Vorstellungen des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber sieht für Grundstücke, die im Rahmen der Betriebsverpachtung überlassen werden, eine Rückausnahme beim Verwaltungsvermögen vor, wenn
- der Erbe, auf den der verpachtete Betrieb übergeht, bereits Pächter des Betriebs ist oder
- bei einer Schenkung unter Lebenden der Verpächter den Pächter im Rahmen einer unbefristeten Verpachtung durch eine letztwillige oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder
- bei einer Schenkung der Bedachte zunächst den Betrieb noch nicht selber führen kann, weil ihm z. B. die dazu erforderliche Qualifikation noch fehlt und der Schenker im Hinblick darauf den verschenkten Betrieb für eine Übergangszeit von maximal zehn Jahren an einen Dritten verpachtet hat (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG; R E 13b.15 Abs. 1 S. 1 ErbStR 2019).
Dabei sind folgende zusätzliche Voraussetzungen zu beachten:
- Die Nutzungsüberlassung hat im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs zu erfolgen, wobei der Verpächter Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Tätigkeit erzielen muss.
- Der Betrieb muss vor seiner Verpachtung grundsätzlich begünstigungsfähig gewesen sein.
- Bei dem Betrieb darf es sich nicht um ein Wohnungsunternehmen handeln, das als solches nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG nicht begünstigt ist.
MERKE | Die Nutzungsüberlassung von Grundstücken im Rahmen der Verpachtung eines Betriebs im Ganzen gehört immer dann zum schädlichen Verwaltungsvermögen, wenn der verpachtete Betrieb bereits in der Zeit vor der Verpachtung nicht die Voraussetzungen für die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen erfüllt hat. Hierdurch soll, so die Gesetzesbegründung, vermieden werden, dass ein in der aktiven Zeit nicht begünstigtes Unternehmen über den Weg der Betriebsverpachtung in begünstigtes Vermögen umqualifiziert werden kann. |
Die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines „ganzen Betriebs“ lehnt sich an die ertragsteuerlichen Grundsätze zur Betriebsverpachtung nach § 16 Abs. 3b EStG an. Danach muss der Verpächter laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Tätigkeit erzielen, was nur der Fall ist, wenn er keine Betriebsaufgabe erklärt hat.
Beachten Sie | Bei einer Schenkung fordert die Finanzverwaltung in R E 13b.15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStR 2019, dass zwischen Verpächter und Pächter ein unbefristeter Pachtvertrag besteht und dass der Pächter durch eine letztwillige oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erbe eingesetzt ist. Die Eigenschaft als Vermächtnisnehmer reicht nach dem Gesetzeswortlaut nicht aus. Dies wird im Schrifttum teilweise anders gesehen, so Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, Rz. 396 zu § 13b ErbStG.
Auch die weitere Voraussetzung, dass der Betrieb beim Erwerb von Todes wegen zu Lebzeiten des Erblassers unbefristet an den Erben verpachtet gewesen sein muss, ist strittig (so ebenfalls Fischer/Pahlke/Wachter, Rz. 397). Hier ist die Finanzverwaltung aber großzügiger. Sie gewährt die Rückausnahme im Erbfall, wenn der Erbe, auf den der verpachtete Betrieb übergeht, bereits Pächter des Betriebs ist. Nur bei einer Schenkung unter Lebenden fordert sie einen unbefristeten Pachtvertrag.
Bei Verpachtung an einen Dritten ist die Rückausnahme nur dann zu gewähren, wenn die Betriebsübergabe zu Lebzeiten des Verpächters erfolgt und die Verpachtung an den Dritten erforderlich war, weil der Bedachte im Zeitpunkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht fortführen konnte. Zudem muss die Verpachtung auf bis zu zehn Jahre befristet sein. Hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b, Doppelbuchst. bb Abs. 2 ErbStG).
2. Suche nach einem Ausweg
In der Praxis kommt es hin und wieder vor, dass bei einer Betriebsverpachtung im Ganzen eine Betriebsaufgabeerklärung (§ 16 Abs. 3b S. 1 Nr. 1 EStG) abgegeben wird, um sicherzustellen, dass sich künftig stille Reserven nur noch im Rahmen der Spekulationsbesteuerung steuerpflichtig auswirken können. Von dieser Möglichkeit machen vor allem diejenigen Gebrauch, bei denen durch die Betriebsaufgabeerklärung keine wesentlichen stillen Reserven ausgelöst werden oder die aus der betrieblichen Tätigkeit genügend Verlustverrechnungspotenzial haben, um die Besteuerung stiller Reserven weitestgehend zu vermeiden. Bei der eingangs angedachten Verpachtung des Betriebs an den Sohn oder die Tochter stellt sich dann allerdings die Frage, wie die Übergabe des Verpachtungsbetriebs noch günstig gestaltet werden kann ‒ vor allem dann, wenn Grundstücke mit einem erheblichen Wert vorhanden sind.
Die Nutzungsüberlassung muss für diesen Fall im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs in der Weise erfolgen, dass der Pächter daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Arbeit erzielt. Dies könnte herbeigeführt werden, indem der Verpachtungsbetrieb vor Übergabe an den Sohn oder die Tochter in eine GmbH & Co. KG überführt wird, die als gewerblich tätige Gesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erzielt.
Beachten Sie | Dies genügt allerdings weder dem Gesetzgeber noch der Finanzverwaltung. Letztere schließt in R E 13b.15 Abs. 1 S. 3 ErbStR 2019 die Anwendung der Rückausnahme aus, wenn der verpachtete Betrieb bereits vor der Verpachtung nicht die Voraussetzungen für die Begünstigungen erfüllt hat, sodass über den Weg der Betriebsverpachtung keine Umqualifizierung in begünstigtes Vermögen erfolgen darf. Dies lässt sich m. E. so auslegen, dass der verschenkte Betrieb vor Verpachtung an Sohn oder Tochter ein aktiver Betrieb mit Betriebsvermögen sein muss.
Ein solcher Betrieb lässt sich jedoch noch in begünstigtes Vermögen in Bezug auf die Grundstücke umgestalten. Dazu kann entweder die Rückausnahme Betriebsaufspaltung oder die Rückausnahme SBV genutzt werden.
|
Unternehmer A hat ein Hotel auf eigenem Grundstück betrieben. Vor Jahren hat er die Betriebsaufgabe erklärt, um den ermäßigten Steuersatz nutzen zu können. Seitdem erzielt er aus der Verpachtung des Hotelbetriebs an seinen Sohn B Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. B führt den Verpachtungsbetrieb seines Vaters in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG als Einmann-Gesellschaft fort. Der Vater beabsichtigt, den Verpachtungsbetrieb seinem Sohn zu schenken. Dieser besteht im Wesentlichen aus dem Hotelgrundstück. |
Würde der Vater den Verpachtungsbetrieb ohne „Umgestaltung“ auf den Sohn übertragen, käme dieser nicht in den Genuss der Vergünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG. Auch die Umqualifizierung der Vermietungseinkünfte in gewerbliche Einkünfte durch Einbringung des Verpachtungsbetriebs in eine von dem Vater neu gegründete GmbH & Co. KG würde hier nicht weiterhelfen.
Anders sieht es aus, wenn sich der Vater an der GmbH & Co. KG des Sohnes beteiligt, z. B. mit 5 %, und als neuer Gesellschafter den Pachtvertrag mit der GmbH & Co. KG fortsetzt. Dann wird der Verpachtungsbetrieb SBV des Vaters. Als SBV, das in der GmbH & Co. KG zu eigenen gewerblichen Zwecken genutzt wird, genießt das Hotelgrundstück die Rückausnahme in § 13b Abs. 4 S. 2 Nr. 1 Buchst. a ErbStG. Überträgt nun der Vater den Anteil an der Personengesellschaft zusammen mit seinem SBV in Form des Hotelgrundstücks auf seinen Sohn, dürfte keine Schenkungsteuer anfallen. Das Grundstück im SBV ist auch dann begünstigt, wenn zu dem Verpachtungsbetrieb zusätzlich noch bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, z. B. Inventar, rechnen; auch dies ist dann begünstigtes Betriebsvermögen.
Im Gesamthandsvermögen der GmbH & Co. KG dürfte sich kaum schädliches Verwaltungsvermögen befinden, sodass ein Verschonungsabschlag von 100 % durchaus denkbar wäre. Die Verschonung umfasst auch den im SBV befindlichen Verpachtungsbetrieb. Bei dieser Gestaltung wirkt sich der Umstand, dass das verpachte Hotelgrundstück aus dem Privatvermögen des Vaters in sein SBV verlagert wird, auf die Frage, ob schädliches Verwaltungsvermögen vorliegt, nicht aus. Denn für die Annahme von schädlichem Verwaltungsvermögen kommt es auf die Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt an. In diesem Zeitpunkt handelt es sich um ein Grundstück, das von der GmbH & Co. KG eigenbetrieblich genutzt wird und durch die Rückausnahme „SBV“ trotz Nutzungsüberlassung begünstigt ist. Die 2-Jahresfrist für die Annahme von jungem Verwaltungsvermögen spielt hier keine Rolle, da im Besteuerungszeitpunkt kein Verwaltungsvermögen vorliegt.
MERKE | Grunderwerbsteuer wird durch diesen Vorgang ebenfalls nicht ausgelöst, da die Übertragung von Vater auf Sohn nach § 3 Nr. 6 GrEStG als Übertragung in gerader Linie steuerfrei gestellt ist. Einkommensteuerlich ergeben sich für den Sohn ebenfalls keine Nachteile, da bei Übertragung des Verpachtungsbetriebs aus dem Privatvermögen des Vaters auch beim Sohn SBV geschaffen worden wäre, dann allerdings ohne Vergünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG. |
3. Anwendung auch bei Fremdverpachtung
Auch bei einer Betriebsverpachtung an einen fremden Dritten kann diese Gestaltungsmöglichkeit genutzt werden, wenn sich der Verpächter an dem Unternehmen des Pächters beteiligen kann.
|
Der Unternehmer A hat sein Unternehmen im Ganzen an B verpachtet, der auf dem verpachteten Grundstück ein Hotel betreibt. C möchte den Verpachtungsbetrieb von A zu einem Kaufpreis von 5 Mio. EUR erwerben. Im Anschluss an diesen Erwerb möchte er den Verpachtungsbetrieb seinem Neffen schenken. Der Pachtvertrag mit B hat noch eine Laufzeit von einem Jahr. B hat großes Interesse, diesen Pachtvertrag fortzusetzen. |
Gelingt es C, mit B eine Vereinbarung dergestalt zu treffen, dass er sich mit einem geringen Anteil, z. B. von 5 %, am Hotelbetrieb des B beteiligen kann, und ist C dafür bereit, den Pachtvertrag mindestens um sieben Jahre zu verlängern, gehört das Grundstück, das C an die neue Personengesellschaft aus B und C verpachtet, zum SBV des C. Als solches rechnet es zum begünstigten Betriebsvermögen, da eine Nutzung durch eine Personengesellschaft erfolgt, an der der Verpächter als Mitunternehmer beteiligt ist (Rückausnahme i. S. d. § 13b Abs. 4 S. 2 Nr. 1 Buchst. a ErbStG).
Überträgt nun C den Anteil an der Personengesellschaft mit seinem SBV in Form des Grundstücks auf seinen Neffen D, dürfte keine Schenkungsteuer anfallen. Voraussetzung ist allerdings, dass sich im Gesamthandsvermögen weder erhebliches Verwaltungsvermögen noch erhebliches Finanzkapital befindet, sodass der 90-%-Test in § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG eingehalten wird. Dann stellt sich für D nur die Frage, ob er einen 85%igen oder 100%igen Verschonungsabschlag in Anspruch nehmen kann.
Aus Haftungsgründen sollte es sich bei der Personengesellschaft nicht um eine GbR, sondern um eine GmbH & Co. KG handeln. Maßgebend für die Anwendung der Rückausnahme „SBV“ sind auch hier die Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt. Dazu reicht es aus, dass C das Grundstück an die Personengesellschaft vermietet und diese es eigenbetrieblich nutzt. Bei einem Hotelbetrieb ist dies der Fall.