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  • · Fachbeitrag · Gestaltungshinweis

    Das ging schief: Übertragung eines ruhenden Gewerbebetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt

    von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster

    | Der BFH verfestigt seine Rechtsprechung zu § 6 Abs. 3 EStG: Die Anwendung der Vorschrift setzt voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird. |

    1. Ausgangssituation

    In ErbBstg 17, 169 ff. (Musterfall in dieser Ausgabe) werden die steuerlichen Folgen der Weitergabe eines geerbten KG-Anteils gegen Versorgungsleistungen oder unter Nießbrauchsvorbehalt erläutert: Dabei können beide Varianten als unentgeltliche Übertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG ausgestaltet werden. Im Falle des Nießbrauchs muss hierfür allerdings gewährleistet sein, dass mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils auch die Mitunternehmerstellung auf den Beschenkten übergeht.

     

    Unter Verweis auf eine Verfügung des LfSt Bayern (1.6.16, DStR 16, 1322) kommt der Beitrag im Hinblick auf die Steuerverschonungen gemäß §§ 13a, 13b ErbStG zu dem Ergebnis, dass bei Weitergabe des begünstigt erworbenen Vermögens gegen Versorgungsleistungen ein Verstoß gegen die Behaltensregelungen i. S. des § 13a Abs. 6 Nr. 1 bzw. Nr. 4 ErbStG vorliegt, während dies bei Weitergabe des begünstigt erworbenen Vermögens unter einer Duldungsauflage (Nießbrauchsvorbehalt) nicht der Fall ist. Unter diesem Aspekt wird daher der Weitergabe des Mitunternehmeranteils unter Nießbrauchsvorbehalt der Vorzug gegeben.

     

    Dass sich diese Erkenntnisse nicht verallgemeinern lassen, zeigt ein Urteil des BFH zur ertragsteuerlichen Beurteilung der Übertragung eines ruhenden Gewerbebetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt (BFH 25.1.17, X R 59/14, Abruf-Nr. 194480). Da der BFH die Voraussetzungen einer unentgeltlichen Übertragung nicht als erfüllt ansah, kam es zu einer Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven von mehr als 1.000.000 EUR. Die Entscheidung verdeutlicht, dass im Vorfeld einer Übertragung sorgfältig geprüft werden muss, ob die steuerlichen Folgen von Nießbrauchs- oder Rentenvereinbarungen eindeutig beurteilt werden können und deren Vereinbarung damit vertretbar erscheint.

    2. Ruhender Gewerbebetrieb und Nießbrauch

    Dem Urteil des BFH (25.1.17, X R 59/14, Abruf-Nr. 194480) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der verstorbene Ehemann (EM) war zunächst Alleineigentümer eines mit einer Gaststätte sowie vermieteten Wohnungen und Büros bebauten Grundstücks. Die Gaststätte hatte der Ehemann zunächst selbst betrieben, aber bereits seit 1967 an wechselnde Pächter verpachtet. Er führte den Betrieb seit der Verpachtung als ruhenden Gewerbebetrieb und erzielte daraus weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

     

    Schon 1990 schloss der Ehemann unter Beteiligung seiner Ehefrau (EF) mit seinem Sohn (S) einen notariell beurkundeten Übertragungsvertrag, wonach das Grundstück ohne Vereinbarung eines Entgelts auf S übergehen sollte, jedoch sollte die Auflassung erst nach dem Tod des EM und der EF erfolgen. Zur Sicherung des Anspruchs wurde dem S die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt. Besitz, Nutzen und Lasten des übertragenen Grundbesitzes sollten erst nach dem Tod des EM und der EF auf S übergehen. Soweit EM vor EF versterben sollte, stand EF nach § 10 des Vertrags bis zu ihrem Tod ein uneingeschränktes, rechnungsfreies Nießbrauchsrecht an dem Grundbesitz zu.

     

    Nachdem EM im Februar 2005 verstorben war, wurde EF seine testamentarische Alleinerbin. Unter Bezugnahme auf den Übertragungsvertrag ließen EF und S schon am 4.5.05 folgende Erklärung notariell beurkunden, die dann Gegenstand der steuerlichen Beurteilung durch den BFH wurde.

     

    • Erklärung der EF und des S

    § 1 Vorbemerkungen und Grundbuchbestand

    EF und S sind übereingekommen, dass die Auflassung des Grundbesitzes an S und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch bereits zu Lebzeiten der EF erfolgen soll, und zwar unter gleichzeitiger Eintragung eines Nießbrauchsrechts für diese.

     

    § 2 Auflassung

    Aufgrund der im Übertragungsvertrag erteilten Auflassungsvollmacht erklärt S mit Zustimmung der EF die Auflassung nunmehr wie folgt: Es besteht Einigkeit darüber, dass der im Grundbuch ... gebuchte Grundbesitz von dem verstorbenen Vater des S nunmehr auf S als Alleineigentümer übergehen soll.

     

    § 3 Nießbrauchsrecht

    Unter Bezugnahme auf die Bestimmungen in § 10 des Übertragungsvertrags bewilligen S und EF die Eintragung des Nießbrauchsrechts zugunsten der EF mit der Maßgabe, dass zur Löschung der Nachweis des Todes der Berechtigten genüge.

     

    Die Eigentumsumschreibung und das Nießbrauchsrecht sind am 27.10.05 im Grundbuch eingetragen worden. EF erklärte bezüglich der Verpachtung der Gaststätte und der Vermietung der sonstigen Räumlichkeiten für das gesamte Jahr 2005 Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

    3. Rechtliche Wertung der Vereinbarung

    Der BFH musste nun entscheiden, ob mit der Auflassung und Eigentumsumschreibung des Grundstücks

    • eine unentgeltliche Betriebsübertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG erfolgte,
    • ein laufender Gewinn erzielt wurde (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder
    • ein tarifbegünstigter Aufgabegewinn (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG i. V. mit § 16 Abs. 3 EStG) erzielt wurde.

     

    Hierzu lassen sich aus der Entscheidung des BFH und seiner bisherigen Rechtsprechung folgende Erkenntnisse gewinnen:

     

    3.1 Bezeichnung des Übertragungsgegenstandes

    Der Vertrag zwischen EF und S vom 4.5.05 wirft zunächst die Frage auf, ob mit der Vereinbarung nur das Grundstück oder der ruhende Gewerbebetrieb übertragen werden sollte. Da nur die Übertragung des Grundstücks, nicht hingegen die Übertragung des Gewerbebetriebs der notariellen Beurkundung bedarf, sollte grundsätzlich und losgelöst von der zusätzlichen Nießbrauchsvereinbarung darauf geachtet werden, dass der Übertragungsvertrag auf die Betriebsübertragung Bezug nimmt. Dies gilt auch dann, wenn das Grundstück die einzige wesentliche Betriebsgrundlage des (ruhenden) Gewerbebetriebs ist. Die fehlende Einbeziehung des (ruhenden) Gewerbebetriebs in den Übertragungsvertrag verleitet sonst zu der Prüfung, ob die isolierte Übertragung des Grundstücks zu einer Entnahme führt. Der BFH hat es im zu entscheidenden Fall dahinstehen lassen, ob EF mit der Erklärung vom 4.5.05 einen Betrieb oder lediglich ein Grundstück übertragen hat, da er für beide Alternativen zu den gleichen steuerlichen Folgen kommt.

     

    3.1.1 Vereinbarung nach dem Wortlaut

    Werden die Vereinbarungen aufgrund ihres Wortlauts dahingehend ausgelegt, dass lediglich das Grundstück übertragen wurde, während EF ihren Verpachtungsbetrieb nun mittels des vorbehaltenen Nießbrauchs am Grundstück fortsetzte, sei es als Gewerbebetrieb, sei es im Wege der Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG, liegt entweder

    • eine Entnahme des Grundstücks, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen ist, oder
    • eine Betriebsaufgabe vor.

     

    Diese Wertung erfolgt unabhängig von der Einräumung des Nießbrauchsrechts.

     

    3.1.2 Vereinbarung nach den Gesamtumständen

    Werden die Vereinbarungen aufgrund der Gesamtumstände dahingehend ausgelegt, dass sich die Übertragung nicht auf das Grundstück allein beschränkte, sondern sich vielmehr auf den ruhenden verpachteten Betrieb bezog, dessen einzige wesentliche Betriebsgrundlage das bebaute Grundstück war, hätte EF dem S im Jahr 2005 einen Gewerbebetrieb unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen.

     

    3.2 Nießbrauchsvorbehalt und wirtschaftliches Eigentum

    Mit der Eintragung des Eigentumsübergangs am Grundstück sowie der gleichzeitigen Bestellung des Nießbrauchsrechts im Grundbuch am 27.10.05 wurde S nicht nur rechtlicher, sondern auch wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks. Das vorbehaltene „uneingeschränkte und rechnungsfreie“ Nießbrauchsrecht führt nicht dazu, dass EF das wirtschaftliche Eigentum gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO weiterhin innehatte. Wirtschaftliches Eigentum verlangt, dass ein anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft ausübt und den nach bürgerlichem Recht Berechtigten (durch vertragliche Vereinbarung oder aus anderen Gründen) für die gewöhnliche Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO).

     

    Nach ständiger Rechtsprechung ist der Vorbehaltsnießbraucher nur dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn sich seine rechtliche und tatsächliche Stellung gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer des Grundstücks von der normalen ‒ lediglich eine Nutzungsbefugnis vermittelnden ‒ Position eines Nießbrauchers so deutlich unterscheidet, dass er die tatsächliche Herrschaft über das nießbrauchsbelastete Grundstück ausübt. Entscheidend ist der wirtschaftliche Ausschluss des Eigentümers von der Einwirkung auf die Sache, den die Rechtsprechung dann annimmt, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch besteht oder der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat. Dies gilt unabhängig davon, ob das Verfügungsrecht, insbesondere das Recht zur Belastung und Veräußerung, beim zivilrechtlichen Eigentümer verbleibt. Die Vereinbarung zwischen EF und S weist keine Besonderheiten auf, die auf ein wirtschaftliches Eigentum der EF schließen lassen könnten. Insbesondere ist unerheblich, dass der Vorbehaltsnießbrauch auf Lebenszeit der Nießbraucherin EF bestellt wurde.

     

    3.3 Nießbrauchsvorbehalt und unentgeltliche Betriebsübertragung

    Selbstverständlich kann auch ein ruhender, verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb Übertragungsgegenstand des § 6 Abs. 3 EStG sein.

     

    MERKE | Bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Betriebs kann es hingegen zur Aufdeckung aller stiller Reserven kommen (BFH 6.4.16, X R 52/13, BStBI II 16, 710, Rn. 27).

     

    In Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH zu § 7 Abs. 1 EStDV, der Vorgängervorschrift zu § 6 Abs. 3 EStG, geht der BFH davon aus, dass auch bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG das wirtschaftliche Eigentum an den wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang und unter Aufrechterhaltung des geschäftlichen Organismus auf einen Erwerber übertragen werden muss. Dabei ist der Begriff des Betriebs nicht allein gegenstands-, sondern zugleich tätigkeitsbezogen zu verstehen.

     

    Voraussetzung einer Betriebsübertragung ist deshalb, dass der Gewerbetreibende die im Rahmen des übertragenen Betriebs ausgeübte gewerbliche Tätigkeit aufgibt. Damit verbindet der BFH die Notwendigkeit, dass der Übertragende ‒ ebenso wie bei einer Betriebsveräußerung gemäß § 16 Abs. 1 EStG ‒ sich einer weiteren Tätigkeit im Rahmen des übertragenen Gewerbebetriebs endgültig enthält und seine bisherige Tätigkeit einstellt. Anderenfalls werden lediglich einzelne oder alle Betriebsmittel, nicht aber der Betrieb als solcher übertragen.

     

    MERKE | Der BFH widerspricht damit ausdrücklich der in einem Teil des Schrifttums vertretenen Auffassung, die auf die Einstellung der Tätigkeit des Übertragenden als Voraussetzung für eine steuerneutrale unentgeltliche Betriebsübertragung verzichten und die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchs steuerneutral ermöglichen will.

     

    Der BFH sieht den eigentlichen Zweck der Steuerverschonung des § 6 Abs. 3 EStG in der Bewahrung der wirtschaftlichen Einheit, also des übertragenen Betriebs, an dem sich die Auslegung dieser Ausnahmeregelung zu messen hat. Diese wirtschaftliche Einheit ist für den BFH untrennbar mit der Tätigkeit des jeweiligen Betriebsinhabers für diesen Betrieb verbunden. Wird der neue Betriebsinhaber nicht in die Lage versetzt, die gewerbliche Tätigkeit fortzusetzen, weil der frühere Betriebsinhaber weiterhin unter Einsatz des übertragenen Betriebsvermögens gewerblich tätig ist, kann aus seiner Sicht eine wirtschaftliche Einheit nicht übergegangen sein.

     

    Behält sich daher ein Eigentümer den Nießbrauch an einem Gewerbebetrieb bei dessen Übergabe vor und übt er weiterhin seine bisherige gewerbliche Tätigkeit aus, erfolgt nach Auffassung des BFH eine zeitlich gestaffelte Betriebsübergabe:

    • Zunächst wird das Eigentum an dem Betrieb übertragen und
    • später aufgrund der Beendigung des Nießbrauchs die eigene gewerbliche Tätigkeit des Übernehmers ermöglicht.

     

    Die notwendige wirtschaftliche Einheit, die es nach dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 EStG zu bewahren gilt, ist damit ‒ jedenfalls solange der Nießbrauch besteht ‒ nicht gegeben, sodass die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Betriebsübertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG nicht erfüllt sind.

     

    MERKE | Der BFH sieht sich nicht im Widerspruch zu der hiervon abweichenden Rechtsprechung des IV. Senats des BFH in Bezug auf die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch (BFH 26.2.87, IV R 325/84, BStBI II 87, 772; BFH 7.4.16, IV R 38/13, BStBl II 16, 765 Rn. 28). Die dort entwickelten Grundsätze sind für ihn auf die unentgeltliche Übertragung eines Gewerbebetriebs mit vorbehaltenem Nießbrauch nicht übertragbar.

     

    3.4 Keine Unterscheidung zwischen aktivem und ruhendem Gewerbebetrieb

    Aus den Entscheidungsgründen des BFH lässt sich entnehmen, dass es für die Frage, ob § 6 Abs. 3 EStG angewendet werden kann, unerheblich ist, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter und insofern ruhender Betrieb unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen wird. Er verweist auf die Rechtsprechung des Großen Senats des BFH (13.11.63, GrS 1/63 S, BStBl III 64, 124), wonach im Fall der Betriebsverpachtung und Aufgabeerklärung der bisherige Betrieb als fortbestehend gilt und der bisher aktiv bewirtschaftete Betrieb nur in anderer Form als bisher genutzt wird (siehe auch BFH 12.12.13, IV R 17/10, ErbBstg 14, 91, BStBl II 14, 316, Rn. 21).

     

    Da die verpachteten Wirtschaftsgüter Gegenstand des Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen bleiben, solange dieser nicht erklärt, den Betrieb aufgeben zu wollen, ist auch ihre Übertragung nur dann steuerneutral möglich, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG erfüllt sind. Eine Tätigkeitseinstellung würde nach Auffassung des BFH bei einem ruhenden Gewerbebetrieb demnach unsinnigerweise verlangen, auf eine Verpachtung zu verzichten. Denn der Verpachtungsbetrieb würde sonst im Vergleich zu einem operativ tätigen Betrieb privilegiert werden.

     

    3.5 Ermittlung des Gewinns

    Da die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung des Verpachtungsbetriebs gemäß § 6 Abs. 3 EStG nicht erfüllt sind, stellt die Übertragung des Grundstücks aus Sicht des BFH eine gewinnrealisierende Entnahme dar, die zur Aufdeckung der stillen Reserven führt.

     

    EF hat das Grundstück dem Betriebsvermögen entnommen (§ 4 Abs. 1 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG), da die unentgeltliche Übertragung aus persönlichen Gründen ein privater Vorgang ist, der nur im außerbetrieblichen Bereich vollzogen werden kann. Der Vorbehalt des Nießbrauchs hat nicht zur Folge, dass nur ein Teil der ideellen Grundstückshälfte aus dem Betriebsvermögen entnommen worden ist. Eigentum und Nießbrauch sind auch nicht teilweise identisch. Das Nießbrauchsrecht ist vielmehr mit der Bestellung im privaten Vermögensbereich neu entstanden.

     

    Da eine Verböserung der Steuerfestsetzung nicht möglich war, hat der BFH offen gelassen, ob ‒ wie vom FA angenommen ‒ der Entnahmegewinn als steuerbegünstigter Aufgabegewinn behandelt und die Tarifvergünstigung des § 34 Abs. 3 EStG gewährt werden kann. Ebenso hat er offengelassen, ob das FA bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die AfA rechtsfehlerfrei ermittelt hat, da eine Änderung insoweit für EF ebenfalls nachteilig wäre.

    4. Gestaltungsalternative Versorgungsleistung

    Gestalterisch wird sich die Beratung sowohl für die Übertragung aktiver als auch für die Übertragung ruhender Gewerbebetriebe an diesem für die Gestaltungspraxis nachteiligen, aber eindeutigen Urteil orientieren müssen.

     

    Als wirtschaftlich vergleichbare Gestaltungsalternative verbleibt damit die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen. Nach eindeutiger Auffassung der Finanzverwaltung (BMF 11.3.10, IV C 3 - S 2221/09/10004, BStBl I 10, 227 Tz. 12) ist neben der Übertragung eines laufenden (Teil-)Betriebs nach § 10 Abs. 1a Nr. 2b EStG auch die Übertragung eines verpachteten (Teil-)Betriebs begünstigt, sofern der Betrieb oder Teilbetrieb mangels Betriebsaufgabeerklärung als fortgeführt gilt. Die erhaltenen Versorgungsleistungen hat der Vermögensübergeber gemäß § 22 Nr. 1a EStG n. F. zu versteuern.

     

    Obwohl mit dem Nießbrauchsvorbehalt an einem ruhenden Gewerbebetrieb unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein mit der steuerneutral möglichen Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vergleichbares Ergebnis erreicht wird, ergeben sich somit völlig unterschiedliche Rechtsfolgen. Der BFH betont ausdrücklich, dass er in der unterschiedlichen Behandlung keinen Verstoß gegen Art. 3 GG sieht. Den Übergaben ist zwar gemein, dass sie unentgeltlich sind, oft aus familiären Gründen erfolgen, um den Generationswechsel zu ermöglichen, und der vorweggenommenen Erbfolge dienen. Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Übertragungen ist aber aus Sicht des BFH, dass bei der Betriebsübergabe unter Nießbrauchsvorbehalt die betriebliche Tätigkeit vom Übergeber fortgesetzt wird, während sie bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen endet.

     

    Der bisherige Betriebsinhaber führt bei der Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch seine gewerbliche Tätigkeit fort. Er ist mit dem Ergebnis seiner wirtschaftlichen Betätigung, z. B. den von Dritten erhaltenen Vermietungs- und Verpachtungseinnahmen, steuerpflichtig. Ihm sind die wirtschaftlichen Chancen und Risiken seiner gewerblichen Aktivitäten aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs zuzurechnen, durch die er gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 EStG erzielt.

     

    Die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist demgegenüber geprägt durch das Versorgungsbedürfnis des Übertragenden als typischerweise notwendige Folge der Übertragung von existenzsicherndem Vermögen sowie die aus dem übertragenen Wirtschaftsgut resultierende Leistungsfähigkeit des zur Zahlung Verpflichteten, des neuen Betriebsinhabers. Nur diesem stehen die wirtschaftlichen Erträge sowie die Chancen und Risiken aus der Bewirtschaftung des übertragenen Betriebs zu. Demzufolge endet bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen die betriebliche Tätigkeit des bisherigen Betriebsinhabers. Er kann keinen Einfluss mehr auf den Betrieb nehmen, vielmehr werden ihm lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen vom Übernehmer eingeräumt.

     

    Die unterschiedlichen wirtschaftlichen Folgen der unentgeltlichen Betriebsübergabe und der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sowie die daraus resultierende unterschiedliche steuerliche Qualifizierung der nach der Übergabe erzielten Einkünfte rechtfertigen es, die Übertragungen selbst ebenfalls steuerlich ungleich zu behandeln.

    5. Gestaltungsalternative Erbfall

    Sind auch Versorgungsleistungen unerwünscht, verbleibt als denkbare Alternative für einen ruhenden Gewerbebetrieb der Verzicht auf eine Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge und der Weg der Vererbung von Todes wegen. Im vom BFH entschiedenen Fall war der Sohn wohl das einzige Kind der Mutter. Hätte die Mutter das Eigentum am ruhenden Gewerbebetrieb bis zu ihrem Tod behalten und wäre der Sohn gesetzlicher oder testamentarischer Alleinerbe geworden, wären mit dem Erbfall keine stillen Reserven aufgedeckt worden und hätte die Mutter die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Eigentümerin statt als Nießbraucherin erzielt. Der Fall zeigt einmal mehr, dass die vorweggenommene Erbfolge nicht immer die ideale Lösung ist.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2017 | Seite 162 | ID 44753776