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  • · Fachbeitrag · Verschonungsabschlag

    Die Komplementär-GmbH als „Stolperfalle“ bei einer GmbH & Co. KG

    von StB Hans Günter Christoffel, Bornheim

    | In ErbBstg 20, 92 ff. habe ich im Beitrag „Junge Finanzmittel und Schuldenverrechnung im Verbund ‒ eine gefährliche Stolperfalle“ über eine Betriebsaufspaltung berichtet, bei der sich eine Forderung gegenüber der Betreiber-GmbH im Sonder-BV des Gesellschafters der Besitz-GmbH & Co. KG befand. Hier musste zwecks Schuldenverrechnung nach § 13b Abs. 9 ErbStG die Forderung in das Gesamthandsvermögen der GmbH & Co. KG überführt werden, damit sie dort mit der Verbindlichkeit der Betreiber-GmbH verrechnet werden konnte. Eine ähnliche Problematik ergibt sich bei dem viel häufigeren Fall einer Komplementär-GmbH, die ihr eingezahltes Stammkapital der KG als Darlehen zur Verfügung stellt. Hier ist es gut zu wissen, wie dieser Steuerfall beim 90 %-Test und bei der 20%igen Verwaltungsvermögensquote für die Gewährung des Verschonungsabschlags von 100 % günstig gestaltet werden kann. |

    1. Ausgangssachverhalt

    A ist als Kommanditist Alleingesellschafter der A-GmbH & Co. KG und hält zudem alle Anteile an der Komplementärin r‒ der B-GmbH. Es liegt somit eine Ein-Personen-Gesellschaft vor. In diesem Fall gehören die Anteile an der Komplementär-GmbH zum Sonder-BV des A bei der A-GmbH & Co. KG. Sie stellen nicht nur notwendiges Sonder-BV dar. Sie sind nach Auffassung der Finanzverwaltung auch eine wesentliche Betriebsgrundlage, weil die GmbH aus Sicht des Kommanditisten benötigt wird, um überhaupt eine Personengesellschaft und damit eine Kommanditistenstellung mit der entsprechenden Haftungsbegrenzung zu begründen und zu erhalten (OFD NRW 21.6.16, S 2242-2014/0003 ‒ St 114/S 2242 ‒ 2014/0003 ‒ St 115; Abschnitt I, Nr. 3).

     

    A will nun sowohl seinen KG- als auch seinen GmbH-Anteil zum 1.7.20 unentgeltlich auf seine Tochter T übertragen. Die Bilanzen sehen vereinfacht wie folgt aus:

     

    • Bilanz der A-GmbH & Co. KG
    1.7.2020

    Bewegl. Anlagevermögen

    3 Mio. EUR

    Kap. I

    0,1 Mio. EUR

    Vorräte

    1 Mio. EUR

    Kap. II

    0,9 Mio. EUR

    Forderungen

    2 Mio. EUR

    Rückstellungen

    0,5 Mio. EUR

    Bank

    1 Mio. EUR

    Verbindlichkeiten

    5,5 Mio. EUR

    7 Mio. EUR

    7 Mio. EUR

     
    • Sonderbilanz A
    1.7.2020

    GmbH-Anteil

    25.000 EUR

    Kap.

    25.000 EUR

    25.000 EUR

    25.000 EUR

     
    • Bilanz der B-GmbH
    1.7.2020

    Forderung

    Stammkapital

    30.000 EUR

    A-GmbH & Co. KG

    30.000 EUR

             

    30.000 EUR

    30.000 EUR

     

    Die Bewertung des Anteils an der A-GmbH & Co. KG erfolgt im Ertragswertverfahren, wobei sich der Wert des Gesamthandsvermögens aus dem Durchschnittsertrag von 241.800 EUR ergibt und zusätzlich der gemeine Wert der im Sonder-BV befindlichen Anteile an der B-GmbH mit 30.000 EUR anzusetzen ist. Dann sieht die Bewertung des Anteils an der GmbH & Co. KG wie folgt aus:

     

    • Wert des Anteils an der A-GmbH & Co. KG

    Gesamthandsvermögen (241.800 EUR x 13,75) =

    3.324.750 EUR

    Sonderbetriebsvermögen (Anteil an der B-GmbH)

    + 30.000 EUR

    Gemeiner Wert des Mitunternehmeranteils

    3.354.750 EUR

     

    2. Durchführung des 90 %-Tests

    Beim 90 %-Test sind neben den Finanzmitteln in der A-GmbH & Co. KG von 3 Mio. EUR noch zusätzlich Forderungen aus der Beteiligung der B-GmbH von 30.000 EUR als „Untergesellschaft“ im Sonder-BV nach § 13b Abs. 9 und 10 ErbStG zu erfassen. Damit belaufen sich die Finanzmittel auf 3.030.000 EUR. Diese Finanzmittel sind zum Unternehmenswert von 3.354.750 EUR ins Verhältnis zu setzen. Das ergibt einen Prozentsatz von 90,32 %. Dieser Wert liegt über dem Grenzwert von 90 %, sodass die Übertragung des Mitunternehmeranteils nach § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG nicht begünstigungsfähig wäre.

     

    Wäre es in diesem Fall zur Verrechnung der Forderung der B-GmbH, deren Anteil sich im Sonder-BV des A bei der A-GmbH & Co. KG befindet, mit der Verbindlichkeit der A-GmbH & Co. KG im Gesamthandsvermögen gekommen, so hätten sich die Finanzmittel auf 3 Mio. EUR reduziert. Damit hätte sich ein Anteil der Finanzmittel am gemeinen Wert des Mitunternehmeranteils von 89,43 % ergeben.

     

    Beachten Sie | Eine solche Schuldenverrechnung lässt die Finanzverwaltung in R E 13b.29 Abs. 5 S. 7 ErbStR 2019 ausdrücklich nicht zu. Dort heißt es: „Daneben sind Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften im Gesamthandsvermögen und im Sonder-BV untereinander nicht zu kürzen.“ Die Forderung der B-GmbH darf also nicht mit der Verbindlichkeit der A-GmbH & Co. KG verrechnet werden.

    3. Lösung über die Einheits-GmbH & Co. KG

    Um dennoch eine Verrechnung von Forderung und Verbindlichkeit zu erreichen, sollte der Anteil an der B-GmbH in das Gesamthandsvermögen der A-GmbH & Co. KG eingebracht werden. Dadurch ändert sich zwar nicht der gemeine Wert des Mitunternehmeranteils. Denn bei der Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren sind Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die sich im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft befinden, nach § 200 Abs. 3 BewG neben dem Ertragswert mit dem „eigenständig zu ermittelnden gemeinen Wert“ anzusetzen, also im vorliegenden Fall mit 30.000 EUR.

     

    Was sich allerdings ändert, ist die Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten. Denn nun liegt eine Obergesellschaft als A-GmbH & Co. KG vor, die an einer Untergesellschaft, der B-GmbH, zu 100 % beteiligt ist. Für diesen Fall bestimmt § 13b Abs. 9 S. 1 ErbStG, dass an die Stelle der Beteiligung an der B-GmbH entsprechend der Beteiligungsquote die von ihr gehaltenen Finanzmittel der Obergesellschaft, also der A-GmbH & Co. KG, zuzurechnen sind. Soweit sich allerdings in der Verbundvermögensaufstellung der A-GmbH & Co. KG und der B-GmbH Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen, also zu verrechnen.

     

    Damit fällt die Forderung der B-GmbH, die über das Transparenzprinzip der A-GmbH & Co. KG zugerechnet wird, weg, weil sie dort mit der im Gesamthandsvermögen korrespondierenden Verbindlichkeit saldiert wird. Also bleiben für den 90 %-Test nur die Finanzmittel übrig, die sich im Gesamthandsvermögen der A-GmbH & Co. KG befinden, also 3 Mio. EUR. Infolgedessen ist die 90 %-Grenze weder erreicht noch überschritten:

     

    3.000.000 EUR

    = 89,43 %

    3.354.750 EUR

     

    Damit liegt begünstigungsfähiges Betriebsvermögen in Form des Mitunternehmeranteils an der A-GmbH & Co. KG vor.

    4. Schenkungsteuerbelastung bei Übertragung der Anteile an der A-GmbH & Co. KG

    Ist die 90 %-Hürde geschafft, so dürfen die Forderungen und das Bankguthaben von insgesamt 3 Mio. EUR mit den bei der A-GmbH & Co. KG ausgewiesenen Rückstellungen und Verbindlichkeiten verrechnet werden. Dabei sind die Verbindlichkeiten um 30.000 EUR zu kürzen. Hierbei handelt es sich um den Betrag, der zur Saldierung der Forderung benötigt wird, die sich im Betriebsvermögen der B-GmbH befindet.

     

    Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass keine schädlichen Finanzmittel mehr vorhanden sind; übriges Verwaltungsvermögen ist ebenfalls nicht in der Bilanz zum 1.7.20 ausgewiesen. Dies bedeutet für die A-GmbH & Co. KG, dass sie nur über begünstigtes Betriebsvermögen verfügt, sodass bei Inanspruchnahme eines 100%igen Verschonungsabschlags kein steuerpflichtiges Betriebsvermögen verbleibt. Ohne Inanspruchnahme des persönlichen Freibetrags fällt somit bei der Tochter keine Schenkungsteuer an.

     

    Damit ist die Einheits-GmbH & Co. KG aus schenkungsteuerlicher Sicht ein ideales Instrument, Forderungen bei der GmbH mit Verbindlichkeiten bei der GmbH & Co. KG saldieren zu können, um so eine bessere Grundlage für den 90 %-Test zu erhalten.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2020 | Seite 196 | ID 46684944