· Fachbeitrag · Vorweggenommene Erbfolge
Einlage von Grundstücken in das Sonderbetriebsvermögen
von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster
| Die Steuerverschonungen für Betriebsvermögen gelten auch für Grundstücke im Sonderbetriebsvermögen (SBV), welche der Schenker als Gesellschafter i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG der Gesellschaft zur Nutzung überlässt. Dies könnte zu der Überlegung führen, Grundstücke des Privatvermögens durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen in das SBV zu überführen und dadurch bei einer sich anschließenden vorweggenommenen Erbfolge die Steuerverschonungen zu erreichen. Die anlässlich einer solchen Gestaltung auftretenden Fragestellungen werden anhand eines Musterfalls erörtert. |
1. Musterfall
Frau F vermietet zwei bebaute Grundstücke an die X-GmbH & Co. KG (KG), deren einziger Kommanditist ihr Ehemann M ist. Die Komplementär-GmbH ist an der KG vermögensmäßig nicht beteiligt. Die Einkünfte werden als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) versteuert.
Der Verkehrswert der Grundstücke beträgt 8.000.000 EUR. Der Anteil des Grund- und Bodens beläuft sich auf 25 % (= 2.000.000 EUR), der Verkehrswert (Teilwert) der Gebäude demgemäß auf 75 % (= 6.000.000 EUR). F hatte die Grundstücke mit aufstehenden Gebäuden vor 15 Jahren zu Anschaffungskosten von 5.600.000 EUR erworben, davon entfielen 4.200.000 EUR auf die Gebäude. Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hat sie bis zum 1.8.14 insgesamt 1.260.000 EUR als AfA in Anspruch genommen.
Zum 1.8.14 überträgt M von seinem 100 %-Kommanditanteil an der KG einen Anteil von 5 % auf seine Ehefrau F. Der Wert des Anteils wird gemäß § 151 Abs. 1 Nr. 2 BewG mit 3.200.000 EUR festgestellt. Der Wert des (jungen) Verwaltungsvermögens beträgt gemäß § 13b Abs. 2a ErbStG 0 EUR. F beantragt daraufhin unwiderruflich eine Steuerverschonung von 100 %. Schenkungen von ihrem Ehemann M hat Frau F bisher nicht erhalten.
Zum 1.10.14 übertrug F sodann ihren 5 %-Kommanditanteil an der KG sowie die zwei an die KG vermieteten bebauten Grundstücke auf ihren Sohn S. Der festgestellte Wert des 5 %-Kommanditanteils und des (jungen) Verwaltungsvermögens hat sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht verändert. Der gemäß § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG festgestellte Grundbesitzwert für die beiden Grundstücke entspricht dem Verkehrswert und beträgt ebenfalls 8.000.000 EUR. Auch S beantragt unwiderruflich eine Steuerverschonung von 100 %. Schenkungen von seiner Mutter F hat S bisher nicht erhalten.
2. Einkommensteuer: Übertragung der KG-Anteils von M auf F
Die Schenkung des 5 %-Kommanditanteils durch M an F erfolgt gemäß § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten. Gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 HS. 2 EStG kann auch ein Teil eines Mitunternehmeranteils zu Buchwerten auf eine natürliche Person übertragen werden.
PRAXISHINWEIS | Sollte zum Mitunternehmeranteil des M SBV gehören, das er nicht anteilig mitüberträgt, ist für F die fünfjährige Behaltefrist gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 EStG zu beachten (BMF 3.3.05, BStBl I, 458; BMF 7.12.06, BStBl I 06, 766 Tz. 22 und 23). |
Da die Ehefrau F die zwei bebauten Grundstücke an die KG verpachtet, gehören diese seit dem 1.8.14 zum SBV der F bei der KG. Es entsteht zu diesem Zeitpunkt keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung, da die Ehefrau Alleinvermieterin ist und keine Schwesterpersonengesellschaften bestehen (BMF 28.4.98, BStBl I 98, 583 Tz. 1).
Für die Abschreibung der Grundstücke bedeutet dies, dass hinsichtlich der AfA nach einer Einlage aus dem Privatvermögen in das SBV an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Einlagewert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG) tritt. Einlagewert ist grundsätzlich der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 HS. 1 EStG).
PRAXISHINWEIS | Bei der - hier nicht vorliegenden - Einlage eines abnutzbaren Wirtschaftsguts in ein Betriebsvermögen innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung oder Herstellung (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 HS. 2a i.V. mit S. 2 EStG) ermittelt sich der Einlagewert nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der AfA nach § 7 EStG, den erhöhten Absetzungen (außerplanmäßige AfA) sowie etwaigen Sonderabschreibungen, die auf den Zeitraum zwischen der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts und der Einlage entfallen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut vor der Einlage zur Einkunftserzielung genutzt worden ist (R 6.12 Abs. 1 EStR). |
Werden Wirtschaftsgüter nach einer Verwendung zur Erzielung von Einkünften - z.B. nach § 21 EStG - in ein Betriebsvermögen eingelegt, ist nach § 7 Abs. 1 S. 5 EStG eine vom Einlagewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG abweichende AfA-Bemessungsgrundlage zu ermitteln. Der Einlagewert mindert sich danach um die Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung, Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen, die bis zum Zeitpunkt der Einlage vorgenommen worden sind, höchstens jedoch bis zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten; ist der Einlagewert niedriger als dieser Wert, bemisst sich die weitere Absetzung für Abnutzung vom Einlagewert.
Da der Einlagewert des Wirtschaftsguts im vorliegenden Fall höher ist als die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist die AfA ab dem Zeitpunkt der Einlage nach dem um die bereits in Anspruch genommenen AfA geminderten Einlagewert zu bemessen.
Die Bemessungsgrundlage für die AfA des Gebäudes im Betriebsvermögen beträgt 4.740.000 EUR. Sie wird nach dem Einlagewert (6.000.000 EUR) abzüglich der bis dahin in Anspruch genommenen AfA (1.260.000 EUR) ermittelt, denn der Einlagewert (6.000.000 EUR) ist höher als die historischen Anschaffungskosten (4.200.000 EUR).
Nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG ist von der nach § 7 Abs. 1 S. 5 EStG ermittelten Bemessungsgrundlage des Gebäudes nach der Einlage jährlich eine Abschreibung mit einem jährlichen Betrag von 142.200 EUR (= 3 % von 4.740.000 EUR) vorzunehmen (BMF 27.10.10, BStBl I 10, 1204).
3. Erbschaftsteuer: Übertragung des KG-Anteils von M auf F
F erhält durch Schenkung des 5 %-Kommanditanteils gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG begünstigtes Vermögen gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG im Wert von 3.200.000 EUR. Die von F unwiderruflich beantragte Steuerverschonung von 100 % ist gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG i.V. mit § 13a Abs. 1 ErbStG und § 13b Abs. 4 ErbStG zu gewähren.
4. Einkommensteuer: Übertragung des MU-Anteils von F auf S
Die Schenkung des 5 %-Kommanditanteils einschließlich der zum SBV gehörenden bebauten Grundstücke durch F an S erfolgt gemäß § 6 Abs. 3 EStG ebenfalls zu Buchwerten. Das zum Mitunternehmeranteil der F gehörende SBV wird vollständig mitübertragen, sodass die fünfjährige Behaltefrist gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 EStG insoweit nicht zu beachten ist (siehe auch BMF 3.3.05, BStBl I 05, 458; BMF 7.12.06, BStBl I 06, 766 Tz. 22 und 23).
PRAXISHINWEIS | Sollte aufgrund des Vorerwerbs der F von M eine Behaltefrist bestehen, würde durch Weitergabe im Wege der Schenkung nicht dagegen verstoßen. Eine unentgeltliche Weiterübertragung ist unschädlich; allerdings geht die Behaltefrist auf den Rechtsnachfolger über. Dem Rechtsnachfolger ist die Behaltedauer des Übertragenden anzurechnen (BMF 3.3.05, BStBl I 05, 458 Tz. 14). |
5. Erbschaftsteuer: Übertragung des MU-Anteils von F auf S
Die Schenkung des 5 %-Kommanditanteils einschließlich der zum SBV gehörenden bebauten Grundstücke erfordert weder für den KG-Anteil noch für die Grundstücke eine erneute Feststellung.
Bei mehrmaligem Erwerb einer wirtschaftlichen Einheit innerhalb eines Jahres hat das jeweilige Lagefinanzamt der Wertermittlung einen bereits festgestellten Grundbesitzwert (Basiswert) zugrunde zu legen, wenn innerhalb dieses Jahres keine wesentlichen Änderungen eingetreten sind. Der Basiswert ist der für den ersten Erwerbsfall auf den jeweiligen Bewertungsstichtag ermittelte Grundbesitzwert (§ 151 Abs. 3 BewG, R B 151.2 Abs. 11 ErbStR 2011).
Diese Basiswertregelung gilt für die gesonderte Feststellung des Werts eines Anteils am Betriebsvermögen entsprechend. Dabei ist für Anteile am Betriebsvermögen bei Personengesellschaften als Basiswert stets der ermittelte Wert des Gesamthandsvermögens maßgebend. Der Wert des SBV ist grundsätzlich gesondert zu ermitteln und anzusetzen (R B 151.4 Abs. 3 ErbStR 2011). Daraus folgt, dass für den zum 1.10.14 geschenkten 5 %- Kommanditanteil der auf den 1.8.14 festgestellte Wert von 3.200.000 EUR und für die Grundstücke im SBV der auf den 1.8.14 festgestellte Wert von 8.000.000 EUR anzusetzen ist.
S erhält durch Schenkung des 5 %-Kommanditanteils einschließlich des SBV gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG begünstigtes Vermögen gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Die von S unwiderruflich beantragte Steuerverschonung von 100 % ist gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG i.V. mit § 13a Abs. 1 ErbStG und § 13b Abs. 4 ErbStG auch in diesem Fall zu gewähren. Insbesondere handelt es sich bei den Grundstücken des SBV gemäß § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1a ErbStG nicht um (junges) Verwaltungsvermögen.
Ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) liegt auch unter dem Gesichtspunkt der erst zwei Monate zuvor ausgeführten Schenkung des KG-Anteils mit der Folge der Einlage der Grundstücke nicht vor. Maßgeblich für die Besteuerung sind allein die Verhältnisse im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung von F an S am 1.10.14 als Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BewG, § 11 BewG). Zudem ist nicht gesichert, dass die Gestaltung am Ende zu einer Steuerersparnis führt.
6. Steuerersparnis, stille Reserven und Gewerbesteuer
Wären die Grundstücke als Privatvermögen geschenkt worden, hätten sie unter Anwendung des persönlichen Freibetrags versteuert werden müssen. Die ersparte SchenkSt ermittelt sich wie folgt:
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Durch die Einlage zum Teilwert und der Abschreibung vom Teilwert abzüglich bereits getätigter Abschreibung ergibt sich als zusätzlicher Vorteil für die Monate August und September für F sowie für die Monate ab Oktober für S neues Abschreibungspotenzial und ein höherer Abschreibungssatz.
Wird davon ausgegangen, dass die Grundstücke nach dem Behaltenszeitraum von 7 Jahren (§ 13a Abs. 5 ErbStG, § 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG) wieder entnommen werden könnten, errechnet sich die AfA wie folgt:
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Dem stehen als Nachteile gegenüber, dass die Vermietungseinkünfte auch der GewSt unterliegen und die stillen Reserven (einschließlich der AfA) im Falle einer Entnahme nach Ablauf der siebenjährigen Behaltefrist versteuert werden müssen. Wie hoch die zu versteuernden Reserven dann sind, kann nur im Wege einer Prognose beurteilt werden, die sich in der Praxis als nicht einfach erweisen wird.
7. Auswirkungen einer Entscheidung des BVerfG
Ob und wie lange diese Gestaltungsmöglichkeit noch besteht, ist unsicher. Das BVerfG wird bald zur Verfassungsmäßigkeit des ErbStG entscheiden. Es bleibt abzuwarten, ob das BVerfG für den Fall, dass es das ErbStG in seiner bestehenden Form als verfassungswidrig ablehnt, noch eine längere Übergangsfrist für die Anwendung des bestehenden Rechts erlauben wird. Aus gestalterischer Sicht wäre es sicherlich wünschenswert, wenn eine längere Übergangsfrist zugelassen wird.
Weiterführender Hinweis
- Brüggemann, Beendigung einer Betriebsaufspaltung durch Umstrukturierung, ErbBstg 14, 202 ff.