· Fachbeitrag · Nachlassverzeichnis
Das notarielle Nachlassverzeichnis ‒ Teil 1:Mit diesem „Fahrplan“ sind Sie auf der sicheren Seite
von Ulf Schönenberg-Wessel, RA und Notar, FAErbR, FASozR, FAVersR, Kiel und Oliver Klisch, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Kiel
| Das notarielle Nachlassverzeichnis ist der „Goldstandard“ in der Bearbeitung pflichtteilsrechtlicher Mandate. Dies hat zur Folge, dass sich die Gerichte vermehrt mit dem Nachlassverzeichnis beschäftigen (BGH NJW 20, 2187 m. Anm. Schönenberg-Wessel; OLG Bamberg, MittBayNot 17, 169 m. w. N.). Einheitliche Vorgaben oder auch nur ein stimmiges Gesamtbild fehlen bislang allerdings. Klar ist jedoch, dass insbesondere auch der BGH davon ausgeht, dass das vom Notar aufgenommene Nachlassverzeichnis eine höhere Gewähr der Richtigkeit und Vollständigkeit hat. Demzufolge wird der Rechtsanwalt des Pflichtteilsberechtigten schon zur Vermeidung der eigenen Haftung in der Regel die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses fordern. |
1. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen
§ 2314 BGB räumt dem pflichtteilsberechtigten Nichterben einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlassbestand und einen rechtlich selbstständigen Anspruch auf Ermittlung des Nachlasswertes ein. Die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses kann durch den Erben selbst (privates Bestandsverzeichnis) oder durch einen Notar, die zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten (amtliches Bestandsverzeichnis) erfolgen.
MERKE | Die Auskunftsansprüche stehen kumulativ nebeneinander (OLG Schleswig NJW-RR 11, 946; Kuhn/Trappe ZEV 11, 347). Der Pflichtteilsberechtigte kann daher zunächst vom Erben ein privates Bestandsverzeichnis beanspruchen und anschließend die amtliche Aufnahme des Nachlassbestandes verlangen, ohne dass dieses Verhalten missbräuchlich wäre. Der pflichtteilsberechtigte Nichterbe ist daher bei Zweifeln am privaten Bestandsverzeichnis nicht (ausschließlich) auf die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Erben angewiesen. |
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