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  • · Fachbeitrag · Schenkungsteuer

    Verdeckte Gewinnausschüttung: Keine Schenkungen der GmbH

    von RA StB Dr. Thomas Stein, FA StR, Ulm

    | Der BFH bestätigt, dass auch verdeckte Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften an nahestehende Personen nicht als Zuwendungen der GmbH an die nahestehende Person der Schenkungsteuer unterliegen. |

    1. Drei Revisionsverfahren

    Der II. Senat des BFH hatte gleich drei Revisionsverfahren zu entscheiden, in denen die Schenkungsteuerbarkeit von verdeckten Gewinnausschüttungen durch die Zahlung überhöhter Gegenleistungen an nahestehende Personen Streitgegenstand war. Alle Urteile sind am 13.9.17 ergangen und wurden am 24.1.18 veröffentlicht.

     

    • BFH 13.9.17, II R 54/15, Abruf-Nr. 199080: Der Ehemann E hatte Maschinen, Geräte und ein bebautes Grundstück zu überhöhten Preisen an die M-GmbH vermietet, deren Alleingesellschafterin seine Ehefrau F war. Alleingesellschafter-Geschäftsführer der GmbH war Ehemann E.

     

    • BFH 13.9.17, II R 32/16, Abruf-Nr. 199078: Ein Grundstück wurde zu einem überhöhten Preis an eine GmbH vermietet. Eigentümerin des Grundstücks war die Ehefrau bzw. Mutter der beiden Gesellschafter der GmbH.

     

    • BFH 13.9.17, II R 42/16, Abruf-Nr. 199081: Alleingesellschafter der Mutter-GmbH waren Vater V mit 94 % und Tochter T mit 6 %. Die Mutter-GmbH war Alleingesellschafterin der Tochtergesellschaft B-GmbH. Die B-GmbH kaufte dem Bruder des V Aktien an einer AG zu einem überhöhten Kaufpreis ab.

     

    Das Finanzamt setzte in allen drei Fällen Schenkungsteuer für Zuwendungen im Verhältnis der leistenden GmbH zur nahestehenden Person fest.

    2. Bestimmung des Zuwendungsverhältnisses

    Die Entscheidungsgründe aller drei Entscheidungen sind nahezu wortlautidentisch. Eingangs werden die allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geprüft. Dabei wird in Fortführung der ständigen BFH-Rechtsprechung betont, dass die Bestimmung der Personen des „Zuwendenden“ und des „Bedachten“ einer freigebigen Zuwendung ausschließlich nach der Zivilrechtslage erfolgt. Folglich würde eine Zuwendung durch eine GmbH als Schenker voraussetzen, dass diese als Beteiligter freigebige Zuwendungen leisten kann.

     

    Im Weiteren betont der BFH erneut, dass Kapitalgesellschaften neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen kennen. Freigebige Zuwendungen der GmbH sind per se nicht anzunehmen. Sobald die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen GmbH und Gesellschafter beruht, scheidet demnach eine schenkungsteuerbare Vorteilsgewährung der GmbH aus.

     

    Darüber hinaus bejaht der II. Senat des BFH nun auch die Maßgeblichkeit des Gesellschaftsverhältnisses für überhöhte Entgelte, wenn diese nicht an einen Gesellschafter, sondern im abgekürzten Zahlungsweg ‒ aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der GmbH und einer dem Gesellschafter nahestehenden Person ‒ geleistet werden. Der II. Senat distanziert sich damit ausdrücklich von seiner früheren Entscheidung (BFH 7.11.07, II R 28/06, BStBl II 08, 258), in der eine gemischt freigebige Zuwendung der GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person für möglich gehalten wurde.

     

    Auch die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person kann keine (gemischt) freigebige Zuwendung der GmbH darstellen.

     

    Nichts anderes folgt aus § 15 Abs. 4 ErbStG: Zumal die GmbH in Fällen verdeckter Gewinnausschüttungen die Entgelte auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage leistet, ist sie mangels freigebiger Zuwendung auch nicht Schenkerin gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Damit weist der BFH das Ansinnen zurück, im Hinblick auf den im Jahr 2011 eingeführten § 15 Abs. 4 ErbStG ein Zuwendungsverhältnis von GmbHs zu Gesellschaftern und denen nahestehende Personen herzuleiten.

     

    Mit dem Vertragsschluss bzw. der Zahlung der überhöhten Entgelte an die nahestehende Person wird dem Begehren des Gesellschafters entsprochen. Im Ergebnis werden durch dieses Vorgehen nur die Rechte des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis auf Vorabausschüttung oder Entnahme befriedigt. Andere schenkungsteuerliche Würdigungen bezogen auf die GmbH sind nicht vorzunehmen. Dies gilt auch, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung über mehrere Stufen erfolgt ‒ etwa bei vGA der Tochter-GmbH an eine dem Gesellschafter der Mutter-GmbH nahestehende Person.

    3. Praxisfolgen

    Soweit in vergleichbaren Fällen bereits ein Schenkungsteuerbescheid im Zuwendungsverhältnis der GmbH zur nahestehenden Person ergangen ist, kann nun erfolgversprechend gegen diese Schenkungsteuerbescheide vorgegangen werden, sofern diese noch nicht bestandskräftig sind.

     

    3.1 Bekräftigung: Keine Zuwendung der GmbH an GmbH-Gesellschafter

    Als Konsequenz dieser Entscheidung erwägt die Finanzverwaltung nun, ob noch an der Auffassung zur generellen Schenkungsteuerbarkeit verdeckter Gewinnausschüttungen (Erlass vom 14.3.12, BStBl I 12, 331 Tz. 2.6; Nichtanwendungserlass vom 5.6.13, BStBl I 13, 1465) festgehalten werden kann. Aufgrund dieser und vorangegangener BFH-Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung (BFH 30.1.13, II R 6/12, ErbBstg 13, 121; BFH 2.9.15, II B 146/14, BFH/NV 15, 1586) liegen nun mehrere entgegenstehende BFH-Urteile vor, sodass von einer gefestigten BFH-Rechtsprechung auszugehen ist. Nach aktueller Erlasslage nimmt die Finanzverwaltung aber weiterhin den Standpunkt ein, dass auch verdeckte Gewinnausschüttungen an Gesellschafter freigebige Zuwendungen der GmbH darstellen können.

     

    3.2 Zuwendung im Verhältnis Gesellschafter zur nahestehende Person

    Im Hinblick auf das BFH-Urteil in der Sache II R 28/06 vom 7.11.07 (BStBl II 08, 258) muss eine Zuwendung im Verhältnis des Gesellschafters zur nahestehenden Person im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung an sich ausscheiden. Eine Zuwendung im Verhältnis Gesellschafter zur nahestehenden Person wurde im Leitsatz dieser Entscheidung des Jahres 2007 verneint.

     

    Aus einer Gesamtbetrachtung der Urteile kann bisweilen der Rückschluss gezogen werden, trotz einer Vermögensverlagerung auf eine nahestehende Person müsse eine Schenkungsteuerbarkeit insgesamt ausscheiden. Dieser Rückschluss gründet darauf, dass in den Entscheidungen vom 13.9.17 (a.a.O.) eine Zuwendung der GmbH verneint wurde, in der Entscheidung vom 7.11.07 (a.a.O.) aber zugleich die Zuwendung zwischen Gesellschafter und nahestehender Person.

     

    Dennoch ist dieser Rückschluss nicht unkritisch: In den Urteilsgründen der Urteile vom 13.9.17 (a.a.O.) betont der BFH, dass die Mitwirkung des Gesellschafters in diesen Fällen der vGA gerade darauf gerichtet sei, der nahestehenden Person den Vermögensvorteil im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung zukommen zu lassen. Unklar bleiben aber die weiteren Konsequenzen, die der II. Senat hieraus gegebenenfalls ableitet. Wenngleich sich der II. Senat bezüglich der Verneinung der Zuwendungen der GmbH von den Urteilsgründen der Entscheidung II R 28/06 vom 7.11.07 distanziert, gilt dies aber nicht für die Entscheidung in der Rechtssache II R 28/06 insgesamt; allerdings war auf diese Dimension im Hinblick auf die Rechtsfragen der Urteile vom 13.9.17 (a.a.O.) auch nicht einzugehen.

     

    Folglich kann die Ausführung in den Urteilen vom 13.9.17 (a.a.O.) ‒ die Verschaffung des Vermögensvorteils für die nahestehende Person sei Zielrichtung des Handelns des Gesellschafters ‒ allenfalls als eine Andeutung auf eine zukünftige weitere Abkehr von der Entscheidung II R 28/06 (a.a.O.) aufgefasst werden. Im Hinblick darauf wird zukünftig verstärkt das Rechtsverhältnis zwischen Gesellschafter und nahestehender Person zu untersuchen und die künftige Rechtsprechung zu verfolgen sein und zugleich, inwieweit der vom II. Senat angenommene Ausschluss der Doppelbelastung mit ESt und SchenkSt gelten kann und soll (BFH 2.9.15, II B 146/14, BFH/NV 15, 1586).

     

    MERKE | Sollte der II. Senat künftig ‒ entgegen der Entscheidung in der Sache II R 28/06 ‒ von Zuwendungen im Grundverhältnis zwischen Gesellschafter und nahestehender Person ausgehen, könnte auch die disquotale Gewinnausschüttung an Gesellschafter einer Neubewertung dahingehend ausgesetzt sein, ob gegebenenfalls Zuwendungen unter den Gesellschaftern anzunehmen sind. Die Entscheidungen II R 6/12 und II B 146/14 betrafen ebenfalls nur das Zuwendungsverhältnis GmbH zum Gesellschafter und beinhalteten Ausführungen zur Ablehnung der Doppelsteuerung eines Vorgangs mit ESt und SchenkSt. Eine Zuwendung unter den Gesellschaftern war nicht Gegenstand dieser Entscheidungen.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2018 | Seite 74 | ID 45116263