· Fachbeitrag · Betriebsvermögen
Berechnung des Nießbrauchsverzichts
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
Bei der Bemessung des steuerpflichtigen Erwerbs durch den Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht ist zur Vermeidung einer steuerlichen Doppelerfassung des Nießbrauchs vom gemeinen Wert des Nießbrauchs zum Zeitpunkt des Verzichts derjenige Wert des Nießbrauchs abzuziehen, der im Zeitpunkt der Bestellung bereits steuerlich erfasst wurde (FG Münster 10.1.13, 3 K 2461/11 Erb, Abruf-Nr. 130989, Revision eingelegt, Az. BFH II R 7/13). |
Sachverhalt
Am 30.12.02 schenkte der Kläger K seinem Sohn S einen GmbH-Anteil unter Nießbrauchsvorbehalt. Mit Wirkung zum 1.1.08 verzichtete K auf den Nießbrauch. Über die Besteuerung des Verzichts bestanden folgende Auffassungen:
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Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Nießbrauchsverzicht ist eine nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbare Zuwendung, da es sich um eine freigebige Zuwendung unter Lebenden handelt und der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist. Dem steht § 25 ErbStG, wonach für Erbfälle bis zum 31.12.08 das Nießbrauchsrecht nicht abzugsfähig ist, nicht entgegen (BFH 17.3.04, II R 3/01, ErbBstg 04, 126, BStBl II 04, 429).
Um eine steuerliche Doppelerfassung des Nießbrauchs zu vermeiden, sind von diesem Wert 73 EUR abzuziehen, da der Nießbrauch nur insoweit bei der Übertragung steuerlich erfasst wurde. Eine zweimalige steuerliche Erfassung des Nießbrauchs könnte nur vorliegen, soweit der Nießbrauch bei der ursprünglichen Besteuerung der Übertragung des GmbH-Anteils steuerlich tatsächlich belastet worden ist. Vorliegend war der Erwerb des GmbH-Anteils wegen § 13a ErbStG teilweise steuerfrei, weshalb der Nießbrauch bereits wegen § 10 Abs. 6 ErbStG teilweise nicht zum Abzug zugelassen war.
Das Abzugsverbot des § 10 Abs. 6 ErbStG unterscheidet sich insofern von § 25 ErbStG als es untrennbar mit der steuerlichen Freistellung des ursprünglichen Zuwendungsgegenstands verknüpft ist, wogegen § 25 ErbStG ein isoliertes Abzugsverbot vorsieht, das zu einer Bruttobesteuerung des ursprünglichen Zuwendungsgegenstands führt.
Praxishinweis
Für Erbfälle ab 1.1.09 wurde das Abzugsverbot gemäß § 25 ErbStG abgeschafft. Das Revisionsverfahren ist gleichwohl auch heute von Interesse, da die Arithmetik des bis zum 31.12.08 geltenden § 25 ErbStG, nämlich das Abzugsverbot in Verbindung mit der fakultativen Steuerstundung, gemäß § 37 Abs. 2 ErbStG für Erbfälle bis 31.12.08 weiterhin gilt.
Wäre der Nießbrauch zwischenzeitlich im Wert gesunken, hätte dies nach Ansicht des FG ebenso eine Besteuerung bedeutet: Die steuerpflichtige Bereicherung verringert sich allein aufgrund der steuerlichen Vorbelastung. Daher verbleibt es auch in Fällen eines gesunkenen Nießbrauchswertes solange bei einer steuerpflichtigen Bereicherung wie der Wert des Nießbrauchs im Besteuerungszeitpunkt steuerlich noch nicht vorbelastet ist.
Weiterführender Hinweis
- Klümpen-Neusel/Kaiser, Berücksichtigung von Nutzungslasten an Grundstücken, ErbBstg 13, 79 ff.