· Fachbeitrag · Betriebsvermögen
Konzept zur Unternehmensnachfolge geht nicht auf: Veräußerung und Rückschenkung des Kaufpreises
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
(BFH 22.10.13, X R 14/11, Abruf-Nr. 140170) |
Sachverhalt
Der Kläger K war Alleingesellschafter einer GmbH und Alleineigentümer der an die GmbH verpachteten Grundstücke (Betriebsaufspaltung). Gemäß einem Konzept zur Unternehmensnachfolge veräußerte K am 9.12.97 die Grundstücke an seine Söhne A und B. Einen Teil des Kaufpreises für die Grundstücke überwies K am selben Tag an die GmbH als Einlage in die Kapitalrücklage. Den Rest des Kaufpreises überwies K an A und B mit dem Vermerk „Schenkung“. Am 29.12.97 verkaufte K seine GmbH-Anteile an A und B zum Kaufpreis in Höhe des Nominalwerts. K überwies die Kaufpreise erneut mit dem Vermerk „Schenkung“ zurück. Nach dem Konzept sollten die durch die Grundstücksverkäufe realisierten stillen Reserven mit dem Verlust aus der Anteilsübertragung als laufende Gewinne und Verluste verrechnet werden. Die Einlage in die Kapitalrücklage wurde als nachträgliche Anschaffungskosten behandelt.
Nach Ansicht des FA führte die Grundstücksveräußerung zur Beendigung der Betriebsaufspaltung. Der Betriebsaufgabegewinn sei nach §§ 16, 34 EStG begünstigt. Die Anteilsübertragung sei wegen der Rückschenkungen als unentgeltlich zu werten und die Leistung in die Kapitalrücklage daher nicht berücksichtigungsfähig. Das FG wertete sämtliche Übertragungen wegen der Rückschenkungen als unentgeltlich, sodass bei K weder ein Veräußerungsgewinn noch ein Veräußerungsverlust entstanden sei.
Entscheidungsgründe
Die Grundstücksveräußerung hat zur Beendigung der Betriebsaufspaltung und zu einer nach § 16 Abs. 3 EStG, § 34 EStG begünstigten Betriebsaufgabe geführt. Mit Beendigung der Betriebsaufspaltung, wird bisheriges Betriebsvermögen Privatvermögen. Dies gilt auch für die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft (BFH 22.9.99, X B 47/99, BFH/NV 00, 559), sodass sich die Anteilsveräußerung im Streitfall nach § 17 EStG beurteilt. Die Übertragung der GmbH-Anteile war aber voll unentgeltlich, da der gesamte Kaufpreis sogleich an die Söhne zurückgeflossen ist. Zu der beabsichtigten Verlustrealisation konnte es deshalb nicht kommen. Die Einzahlung in die Kapitalrücklage der GmbH führte als verdeckte Einlage zwar zu nachträglichen Anschaffungskosten des K auf seine Beteiligung. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG setzt indes eine Veräußerung, also entgeltliche Übertragung, voraus (BFH 27.7.88, I R 147/83, BStBl II 89, 271).
Diesen Rechtsfolgen steht die Gesamtplanrechtsprechung des BFH nicht entgegen. Bei einem Gesamtplan wird ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt aufgrund eines vorherigen, zielgerichteten Plans „künstlich“ zerlegt. Den einzelnen Teilakten kommt dabei nur Bedeutung zu, soweit sie die Erreichung des Endzustands fördern (BFH 9.11.11, X R 60/09, BStBl II 12, 638). Stellt der Steuerpflichtige auf die Konsequenzen der Teilschritte ab, liegt kein Gesamtplan vor. Allein die Übertragung der Einzelwirtschaftsgüter in zeitlicher Nähe zueinander führt im Streitfall nicht zur Verklammerung zu einem einheitlich zu würdigenden Akt.
Auch die Einheitstheorie ist nicht anwendbar. Die Einheitstheorie ist für die teilentgeltliche (Teil-)Betriebsveräußerung entwickelt worden, um den Widerstreit zwischen § 16 EStG und § 7 Abs. 1 EStDV (jetzt § 6 Abs. 3 EStG) aufzulösen. Anders als bei Übertragungen von Privatvermögen ist eine teilentgeltliche Übertragung eines Gewerbebetriebs nicht nach dem Verhältnis des Entgelts zum Verkehrswert des übertragenen Vermögens in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil aufzuspalten, sondern einheitlich zu beurteilen. Nur soweit das Entgelt den Nettobuchwert übersteigt, entsteht ein begünstigter Gewinn des Übergebers, ist das Entgelt niedriger, ist der Buchwert fortzuführen, es entsteht beim „Veräußerer“ kein Verlust (Schmidt/Wacker, EStG, § 16 Rn. 58). Die steuerliche Verstrickung der stillen Reserven ist gesichert, da in Fällen der teilentgeltlichen Veräußerung eines (Teil-)Betriebs die Einheitstheorie nicht nur für den Veräußerer, sondern auch für den Erwerber gilt (Schmidt/Wacker, EStG, § 16 Rn. 39).
Diese lückenlose steuerliche Verstrickung der stillen Reserven kann die Einheitstheorie bei einer teilentgeltlichen Betriebsaufgabe aber nicht gewährleisten. Einzelne Wirtschaftsgüter gehen ins Privatvermögen des Betriebsinhabers über oder werden an einen Erwerber veräußert, der diese Wirtschaftsgüter privat oder betrieblich nutzt. Bei Anwendung der Einheitstheorie wäre die spätere Versteuerung der noch nicht aufgedeckten stillen Reserven beim späteren Erwerber nicht sichergestellt: Würden bei einer Betriebsaufgabe Grundstücke teilentgeltlich auf einen Erwerber übertragen, der diese privat nutzt, müsste weder der Veräußerer noch der Erwerber - vorbehaltlich des § 23 EStG - sämtliche stille Reserven besteuern.
Praxishinweis
Zwar sieht der BFH (20.1.05, IV R 14/03, BStBl II 05, 395) Veräußerungen innerhalb von bis zu 19 Monaten als einen für eine Betriebsaufgabe erforderlichen einheitlichen Vorgang an. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wurden bei gegebener Betriebsaufspaltung die der Betriebsgesellschaft überlassenen Grundstücke jedoch nach und nach veräußert. Bis zur Veräußerung des letzten Grundstücks bestand dort die Betriebsaufspaltung daher fort. Demgegenüber war die Betriebsaufspaltung im Streitfall mit der Veräußerung aller Grundstücke sofort beendet.