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  • · Fachbeitrag · Betriebsvermögensprivilegien

    GmbH-Anteile: Mehrfachstimmrecht begründet noch keine Poolvereinbarung

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | GmbH-Anteile von nicht mehr als 25 % behalten den Status als Verwaltungsvermögen, auch wenn der Erblasser ein mehrfaches Stimmrecht innehat, eine Verpflichtung zur gemeinsamen Stimmrechtsausübung aber nicht besteht. Die Steuerbegünstigung gemäß §§ 13a , 13b ErbStG ist nicht zu gewähren. Für die Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG für den mehrfachen Erwerb desselben Vermögens kommt es auf die tatsächlich festgesetzte ErbSt an. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K ist Alleinerbe seines Vaters V, der seine vorverstorbene Ehefrau, die Mutter M des K, beerbt hatte. Zu deren Nachlass gehörte ein auf V übergegangenes und mit seinem Tod erloschenes Nießbrauchsrecht. V wählte hierfür die Versteuerung gemäß § 23 ErbStG (Besteuerung des Jahreswerts). K vertrat die Ansicht, dass für die Anwendung von § 27 ErbStG die Berechnung ohne Einfluss der Besteuerung des Jahreswerts nach § 23 ErbStG erfolgen müsse. Aus Sicht des FA sei für § 27 ErbStG maßgeblich, welche Steuer V für den vorangegangenen Erwerb tatsächlich entrichtet habe.

     

    Zum Nachlass des V gehörte ferner der Gewerbebetrieb E, über den V einen 12 %igen Anteil an einer GmbH hielt. Die übrigen Anteile hielt K mittelbar und unmittelbar. Dem V stand ein höchstpersönliches, nicht auf Erben übergehendes zehnfaches Stimmrecht zu. K beantragte für den Betrieb E die Steuerbegünstigung gemäß §§ 13a, 13b ErbStG. Das FA lehnte dies ab, da es sich bei dem GmbH-Anteil des V um Verwaltungsvermögen handele, was im Streitfall zu einer Verwaltungsvermögensquote von 91 % führe. K trug vor, dass V wegen des zehnfachen Stimmrechts seinen Einfluss in der Gesellschaft gegen die übrigen Gesellschafter habe durchsetzen können. Der Anteil des V an der GmbH sei somit kein Verwaltungsvermögen.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet (FG Münster 9.6.16, 3 K 3171/14 Erb, Abruf-Nr. 188928, Revision zugelassen). Gemäß § 13a Abs. 1 und Abs. 8 Nr. 4 ErbStG unterliegt im Erbgang erworbenes Betriebsvermögen der Vollverschonung. Jedoch bleibt Vermögen i. S. des § 13b Abs. 1 ErbStG von der Begünstigung ausgenommen, wenn das Betriebsvermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

     

    Zum Verwaltungsvermögen gehören nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ErbStG Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaft zum Besteuerungszeitpunkt (Tod des Erblassers, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) 25 % oder weniger beträgt. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nicht gebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben (§ 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 2 S. 2 ErbStG; sogenannte Poolvereinbarung). Durch eine derartige Vereinbarung werden der Anteil des Erblassers und Anteile weiterer Gesellschafter gebündelt, um die 25 %-Grenze des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 2 S. 1 ErbStG zu überschreiten. Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen bewirken zwar, dass Verfügungen über die Anteile faktisch nur möglich waren, wenn V und K zusammenwirkten. Eine rechtliche Pflicht zu diesem Zusammenwirken, wie sie die Regelung des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG voraussetzt, ergibt sich hieraus aber nicht. Es fehlt an einer Regelung, die V und K dazu verpflichtet, ihr Stimmrecht einheitlich auszuüben. Allein die Stimmrechtsvervielfachung bei V begründet eine derartige Verpflichtung nicht.

     

    Auch im Hinblick auf § 27 ErbStG ist die Klage unbegründet. Nach § 27 ErbStG ermäßigt sich die ErbSt, wenn Personen der Steuerklasse I von Todes wegen Vermögen anfällt, das in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben worden ist und für das nach dem ErbStG eine Steuer zu erheben war. § 27 ErbStG soll die Mehrfachbelastung mehrfach übergegangenen Vermögens mindern.

     

    Maßgeblich ist daher die ErbSt-Festsetzung, in der die Wahl des V für die Jahresversteuerung bezüglich des Nießbrauchsrechts umgesetzt ist. Der Auffassung des K, für die Berechnung gemäß § 27 Abs. 3 ErbStG den Kapitalwert des Nießbrauchs in der Verhältnisrechnung mit der durch den Tod des V begrenzten Laufzeit anzusetzen, ist nicht zu folgen, zumal § 27 Abs. 2 ErbStG eine fiktive Verhältnisrechnung - anders als § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG bei der Steuerberechnung zur Berücksichtigung früherer Erwerbe - nicht vorsieht.

     

    Relevanz für die Praxis

    Würde man der Rechtsauffassung des K folgen und die gesellschaftsvertraglichen Regelungen als für eine Poolvereinbarung ausreichend erachten, käme - so das FG - eine Begünstigung vorliegend dennoch nicht in Betracht, da mit dem Tod des V als dem für die Besteuerung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) dessen Mehrfachstimmrecht erloschen ist, sodass nur eine Beteiligung von nicht mehr als 25 % zum Betriebsvermögen gehörte.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Brüggemann, Steuerbefreiung: Anforderungen an den Poolvertrag bei Kapitalgesellschaften, ErbBstg 11, 68 ff.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2016 | Seite 261 | ID 44238215