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  • · Fachbeitrag · Bundesverfassungsgericht

    Verfassungsrechtliche Prüfung des ErbStG

    | Am 8.7.14 hat der 1. Senat des BVerfG über den Vorlagebeschluss des BFH vom 27.9.12, II R 9/11 mündlich verhandelt. Das Gericht muss unter anderem prüfen, ob § 19 Abs. 1 ErbStG i.V. mit §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist, weil die 2009 eingeführten Vergünstigungen für Unternehmen zu weitreichend sind. In der mündlichen Verhandlung wurden die Argumente für und gegen eine Verfassungsmäßigkeit ausgetauscht. |

     

    Mündliche Verhandlung / Pro Begünstigung

    Bundesregierung und Wirtschaftsverbände verteidigten die Begünstigungen nach dem ErbStG wie folgt:

     

    • Aus der der Reform 2009 vorangegangenen Entscheidung des BVerfG habe der Gesetzgeber entnommen, dass er zur Sicherung von Arbeitsplätzen Betriebsvermögen verschonen darf, ohne dies aber in den Bewertungsregeln für Unternehmen zu verstecken.
    • Missbrauchsmöglichkeiten wie z.B. das Steuersparmodell der „Cash-GmbH“ seien mittlerweile durch den Gesetzgeber beseitigt worden.
    • Die Politik habe sich bewusst dagegen entschieden, alle Erben zur Steuer heranzuziehen und dafür den Steuersatz einheitlich zu senken. Dadurch entgingen dem Staat zwar Einnahmen, doch müsse man den Kosten einer Begünstigung von Betriebsvermögen die Kosten einer höheren Arbeitslosigkeit gegenüberstellen.
    • Schließlich appelliere man an das Gericht, dem Bundestag keinen Wechsel des Konzepts vorzuschreiben, da die Arbeitsplatzsicherheit eine Rechtfertigung für die Verschonung sei.
     

    Mündliche Verhandlung / Contra Begünstigung

    Die Richter des BVerfG äußerten indes erhebliche Zweifel daran, ob die Erben im bisherigen Ausmaß von der ErbSt verschont bleiben dürfen:

     

    • Ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot sei nicht auszuschließen. Das Argument des Zusammenhalts eines Familienvermögens könne eine Ungleichbehandlung kaum rechtfertigen.
    • Schon simple Vertrags- und Unternehmensgestaltungen könnten zur völligen Vermeidung einer ErbSt führen.
    • Die Zielsetzung des Gesetzes wirke insgesamt „diffus“ und lasse keine einheitliche Technik der Steuerverschonungen erkennen.
    • Es gebe keine Beschränkung auf kleine und mittelgroße Unternehmen etwa durch einen Bezug zur Bilanzsumme mit der verfassungsrechtlich zweifelhaften Folge, dass die bestehenden Begünstigungen letztlich nicht nur kleine und mittelgroße Familienunternehmen, sondern auch das Großkapital fördern.
     

    FAZIT | Die in der mündlichen Verhandlung angeführten Argumente lassen darauf schließen, dass eine Reform des ErbStG aus verfassungsrechtlichen Gründen zu erwarten ist. Tendenziell feststehen dürfte auch, dass sich die Besteuerungssituation für Unternehmensnachfolger im Fall einer Reform des ErbStG nicht verbessern wird. Ob radikale Reformüberlegungen wie z.B. die Einführung einer Flat-Tax mit einheitlichen niedrigen Steuersätzen eine Chance bekommen oder die Reform sich dem Grunde nach am bestehenden Besteuerungskonzept orientiert, hängt letztlich von der Entscheidung des BVerfG ab, die für den Herbst erwartet wird.(GB)

    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 189 | ID 42819235