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  • · Fachbeitrag · Erbschaftsteuer

    Härteausgleich: Kein Stufentarif bei der ErbSt

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Die ErbSt bemisst sich nach der Tabelle gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG unter Beachtung des Härteausgleichs. Die Anwendung eines Stufentarifs wie bei den außergewöhnlichen Belastungen kommt nicht in Betracht ‒ so das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 18.7.18. |

     

    Sachverhalt

    Kläger K erwarb unentgeltlich von seinem Vater V Immobilienvermögen (steuerpflichtiger Erwerb: 246.800 EUR). Das FA setzte gegen K SchenkSt fest und legte dabei die Steuerklasse I und den Steuersatz von 11 % zugrunde (§ 19 Abs. 1 ErbStG). Der Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG hat sich nicht ausgewirkt. Nach Ansicht des K sei die SchenkSt für den Erwerb in Höhe eines Teilbetrags von 75.000 EUR mit 7 % und im Übrigen mit 11 % festzusetzen. K verwies auf das Urteil des BFH vom 19.1.17 (VI R 75/14, BStBl II 17, 684) zur Berechnung der zumutbaren Belastung nach § 33 EStG. Das FA lehnte dies ab.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet (FG Baden-Württemberg 18.7.18, 7 K 1351/18, Abruf-Nr. 205508, NZB BFH II B 83/18). Gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG wird die ErbSt/SchenkSt abhängig von der Steuerklasse und des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs erhoben, wobei die Einordnung in die einzelnen Stufen des steuerpflichtigen Erwerbs anhand von Absolutbeträgen erfolgt („bis einschließlich … Euro“). Damit enthält die Steuertabelle einen Vollmengenstaffeltarif, der den gesamten steuerpflichtigen Erwerb vollständig mit dem seiner Wertstufe als Obergrenze entsprechenden Steuersatz erfasst (Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, November 2017, § 19 Rn. 7).

     

    § 19 Abs. 3 ErbStG (Härteausgleich) soll starke Sprünge der Steuerbelastung beim Überschreiten der jeweils oberen Betragsgrenze des § 19 Abs. 1 ErbStG abmildern: Bei nur geringem Überschreiten einer Wertstufe wird die Mehrsteuer durch den höheren Steuersatz nur erhoben, wenn diese aus einem bestimmten Anteil des die Wertgrenze übersteigenden Betrags des Erwerbs gedeckt werden kann (Gesetzesbegründung zu § 19 Abs. 3 ErbStG 1974, BT-Drs. VI/3418, S. 72). Allerdings zeigt auch die Ausgestaltung des Härteausgleichs nach § 19 Abs. 3 ErbStG, dass § 19 Abs. 1 ErbStG einen Vollmengenstaffeltarif beinhaltet: Es ist nur auf die jeweils einschlägige eine Tabellenstufe abzustellen und anschließend die Härtefallprüfung nach § 19 Abs. 3 ErbStG vorzunehmen. Für eine Berechnung nach dem von K begehrten additiven Teilmengentarif fehlt die gesetzliche Grundlage. Dabei ist unerheblich, ob der Härteausgleich die reguläre Steuerbelastung nach § 19 Abs. 1 ErbStG begrenzt hat oder nicht.

     

    Relevanz für die Praxis

    An diesem Ergebnis ändert auch das Urteil des BFH vom 19.1.17 (VI R 75/14, BStBl II 17,684) zur Berechnung der zumutbaren Belastung in § 33 Abs. 3 S. 1 EStG nichts. Zwar hat der BFH ausgeführt, dass § 33 Abs. 3 S. 1 EStG für die Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes des Gesamtbetrags der Einkünfte gerade nicht auf den „gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte“ abstelle. Zutreffend weist der BFH aber auch darauf hin, dass die Interpretation von § 33 Abs. 3 S. 1 EStG eine andere sei als im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, da es dort den Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG gebe. Daraus lasse sich der gesetzgeberische Wille erkennen, dass der steuerpflichtige Erwerb allein nach der verwirklichten Tabellenstufe des § 19 Abs. 1 ErbStG vorzunehmen sei.

     

    • Ermittlung der Erbschaftsteuer im Streitfall
    „Stufentarif“ laut Kläger
    Härteausgleich § 19 Abs. 3 ErbStG
    Finanzamt/ Finanzgericht

    steuerpflichtiger Erwerb

    246.800 EUR

    246.800 EUR

    246.800 EUR

    75.000 EUR * 7 v. H. =

    5.250 EUR

    (246.800 EUR ./. 75.000 EUR) * 11 % =

    + 18.898 EUR

    SchenkSt

    24.148 EUR

    SchenkSt 11 %

    27.148 EUR

    Unterschied der Steuer gemäß § 19 Abs. 3 ErbStG (Unterschiedsbetrag)

     

    (246.800 EUR * 11 %) ./. (75.000 EUR * 7 %) = 21.898 EUR

    Betrag, um den der Erwerb die vorhergehende Wertgrenze überschreitet

     

    246.800 EUR ./. 75.000 EUR = 171.800 EUR

    § 19 Abs. 3a ErbStG (50 %)

    171.800 EUR * 50 % = 85.900 EUR (Obergrenze)

    kein Härteausgleich

    => kein Härteausgleich, da Unterschiedsbetrag nicht größer als Obergrenze

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2018 | Seite 293 | ID 45565193