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  • · Fachbeitrag · Europarecht

    Dauernde Lasten auch beim beschränkt Steuerpflichtigen als Sonderausgaben abzugsfähig

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    Der für beschränkt Steuerpflichtige in § 50 Abs. 1 S. 4 EStG angeordnete Ausschluss der Berücksichtigung der für die Übernahme eines ertragbringenden und existenzsichernden Gesellschaftsanteils gezahlten dauernden Lasten als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV (FG Münster 17.11.11, 2 K 507/07-E, Abruf-Nr. 121134, NZB BFH Az. I B 190/11).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger ist deutscher Staatsbürger und lebt im europäischen Ausland. Er erwarb von seinem Vater dessen Anteil an einer gewerblich tätigen GbR mit Sitz in Deutschland. Als Gegenleistung verpflichtete sich der Kläger, an seinen Vater einkommensteuerlich als dauernde Lasten zu qualifizierende Leistungen zu erbringen. Das FA versagte die Berücksichtigung der dauernden Lasten als Sonderausgaben (SA). Wegen der beschränkten Steuerpflicht des Klägers entfalle der SA-Abzug nach § 50 Abs. 1 S. 4 EStG (jetzt § 50 Abs. 1 S. 3 EStG).

     

    Entscheidungsgründe

    Die vom Kläger gezahlten dauernden Lasten sind trotz des entgegenstehenden Wortlauts in § 50 Abs. 1 S. 4 EStG als SA i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. zu erfassen. Während beschränkt Steuerpflichtige nach § 50 Abs. 1 S. 1 EStG Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, abziehen können, bestimmt § 50 Abs. 1 S. 4 EStG i.V. mit § 10 EStG, dass bei der Veranlagung von beschränkt Steuerpflichtigen ein SA-Abzug ausgeschlossen ist. Es verstößt jedoch gegen die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV), wenn dauernde Lasten, die ein Inländer für die Übertragung einer inländischen Einkunftsquelle leistet, steuerlich abzugsfähig sind, während ein solcher Abzug bei einem gebietsfremden Steuerpflichtigen ausgeschlossen sein soll.

     

    Praxishinweis

    Das FG Münster berief sich auch auf das zu einem ähnlichen Fall ergangene EUGH-Urteil vom 31.3.11 (C-450/09, ErbBstg 11, 179). Danach steht Art. 63 AEUV der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die den Eltern für die Übertragung einer in diesem Land belegenen Immobilie im Inland gezahlte Rente mit Einkünften ausder Vermietung dieser Immobilien zu verrechnen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt. Die Benachteiligung könne Gebietsfremde davon abhalten, Immobilien in Deutschland zu erwerben oder zu behalten oder auch Gebietsansässige davon abhalten, als Begünstigte Personen in einem anderen Mitgliedstaat zu benennen.

     

    Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung ist die Beschränkung von Steuervergünstigungen auf Gebietsansässige im Allgemeinen aber nicht diskriminierend, da sich Gebietsansässige und Gebietsfremde hinsichtlich der direkten Steuern in einem Staat nicht in einer vergleichbaren Situation befinden. Das Einkommen, das ein Gebietsfremder im Hoheitsgebiet eines Staates erzielt, ist meist nur ein Teil seiner Gesamteinkünfte, deren Schwerpunkt an seinem Wohnort liegt. Die persönliche Steuerkraft des Gebietsfremden, die sich aus der Berücksichtigung seiner Gesamteinkünfte sowie seiner persönlichen Lage und seines Familienstands ergibt, kann leichter an dem Ort beurteilt werden, der in der Regel der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der betroffenen Person ist (EuGH 14.2.95, Schumacker, C 279/93, Slg 95, I 225; EuGH 12.6.03, Gerritse, C 234/01, Slg 03, I 5933; EuGH 6.10.09, Kommission/Spanien, C 562/07, Slg 09, I 9553). Ausnahmen sind nationale Regelungen, wonach beispielsweise der persönliche Freibetrag im Fall der Schenkung eines im Inland belegenen Grundstücks dann, wenn Schenker und Schenkungsempfänger ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der anzusetzen wäre, wenn einer von ihnen seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat hätte (EUGH 22.4.10, C 510/08, ErbBstg 10, 174).

    Quelle: Ausgabe 05-06 / 2012 | Seite 122 | ID 33253810