· Fachbeitrag · Gesellschaftsrecht
Abfindung an Erbprätendenten als Veräußerungsgewinn
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
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Sachverhalt
Die Erblasserin H war Kommanditistin einer GmbH & Co. KG. Nach dem Testament sollten alle Verwandten als Erben ausgeschlossen werden. Das Unternehmen sollte von einem Dritten fortgeführt werden. Die potenziellen Erben einigten sich im Rahmen eines Vergleichs über die Erbfolge. Die Vergleichsbeteiligten, die gegen Entgelt auf ihre Rechtsposition verzichteten, machten geltend, sie seien Vermächtnisnehmer. Das FA vertrat die Ansicht, dass diese Vergleichsbeteiligten einen Veräußerungsgewinn erzielt hätten, und bezog diese in die Gewinnfeststellung der KG ein. Das FG (FG Münster 19.1.10, 1 K 2093/07 F, EFG 10, 918) folgte den Klägern.
Entscheidungsgründe
Die Abfindungszahlungen haben die Betroffenen nicht als Vermächtnisse erhalten, da ein Vermächtnis nur vom Erblasser eingeräumt und nicht nachträglich durch Vergleich geregelt werden kann. Die Abfindungszahlungen an die weichenden Erbprätendenten sind denselben als Veräußerungsgewinn zuzurechnen, da der entgeltliche Verzicht auf die Durchsetzung ihrer Rechtsposition als potenzielle Erben wie die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu behandeln ist. Der BFH geht für den Streitfall davon aus, dass alle potenziellen Erben in die Mitunternehmerstellung der H einrücken konnten. Sollte dies nicht der Fall sein, was das FG im zweiten Rechtsgang zu ermitteln habe, wäre der Klage jedoch stattzugeben.
Eine Rechtsnachfolge in den Gesellschaftsanteil ergibt sich nicht aus der Stellung der betroffenen Personen als Erbe, sondern aus der gesellschaftsrechtlichen Sonderrechtsnachfolge. Nach § 177 HGB werden die Erben Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil, wenn vertraglich nichts anderes bestimmt ist. Maßgeblich ist also, ob der Gesellschaftsvertrag der KG eine von § 177 HGB abweichende Regelung enthält. Ist dies nicht der Fall, wären den Betroffenen die Abfindungen als Veräußerungsgewinne zuzurechnen.
Der Abfindungsvorgang wäre wie die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu behandeln; es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, die Abgefundenen anders zu besteuern als einen unangefochtenen Miterben oder Mitgesellschafter, der aus der Gesellschaft gegen eine Abfindung ausscheidet. Der Veräußerungsgewinn des Abgefundenen ist dabei wie bei der Übertragung eines Gesellschaftsanteils zu ermitteln.
Praxishinweis
Mit Urteil vom 14.3.96 hatte der BFH bereits entschieden, dass Abfindungszahlungen an angebliche Miterben nach den Regeln über die Erbauseinandersetzung zu behandeln sind, wenn die Abfindung für den Verzicht auf die weitere Geltendmachung des behaupteten Erbrechts gezahlt wird (BFH 14.3.96, IV R 9/95, BStBl II 96, 310).
Hat ein Erblasser mehrere Testamente errichtet, in denen er jeweils verschiedene Personen als Alleinerben eingesetzt hat, und ist die Wirksamkeit des zuletzt errichteten Testaments wegen behaupteter Testierunfähigkeit des Erblassers zwischen den potenziellen Erben streitig, ist die Abfindung, die der weichende Erbprätendent aufgrund eines Prozessvergleichs vom zuletzt eingesetzten Alleinerben dafür erhält, dass er die Erbenstellung des Alleinerben nicht mehr bestreitet, kein der ErbSt unterliegender Erwerb von Todes wegen i.S. des § 3 ErbStG (BFH 4.5.11, II R 34/09, ErbBstg 11, 185).
Weiterführender Hinweis
- Grewe, Abfindung an weichenden Erbprätendenten unterliegt nicht der Erbschaftsteuer, ErbBstg 11, 185