· Fachbeitrag · Gewerbebetrieb
Keine Buchwertfortführung bei Übertragung eines verpachteten Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
Wird ein verpachteter Betrieb unter Vorbehalt des Nießbrauchs unentgeltlich übertragen, ist die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht anwendbar (FG Münster 18.9.14, 13 K 724/11 E, Abruf-Nr. 143717). |
Sachverhalt
Die Klägerin K übertrug ein mit einem Gaststättengebäude bebautes Grundstück unentgeltlich auf ihren Sohn S. K behielt sich den Nießbrauch an der seit Jahren verpachteten Gaststätte vor. Die aus dieser Verpachtung erzielten Einkünfte wurden als solche aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG erklärt. Nach Ansicht des FA habe K den ruhenden Gewerbebetrieb aufgrund des Nießbrauchs weiter betrieben. Die Übertragung des Gaststättengebäudes auf S führe daher zur Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG, sodass § 6 Abs. 3 EStG nicht anwendbar sei und die stillen Reserven aufzudecken seien. K begehrte die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG, da mit der Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen des Gewerbebetriebs auf S ein neuer ruhender Gewerbebetrieb des S entstanden sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder der Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben (§ 6 Abs. 3 S. 1 HS. 1 EStG). Der Rechtsnachfolger ist dann gemäß § 6 Abs. 3 S. 3 EStG an diese Werte gebunden (Buchwertfortführung). Die stillen Reserven gehen damit auf den Erwerber über.
Der Begriff des Betriebs i.S. des § 6 Abs. 3 S. 1 EStG ist tätigkeitsbezogen zu verstehen. Voraussetzung einer entgeltlichen Betriebsübertragung im Ganzen (Betriebsveräußerung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sowie einer unentgeltlichen Betriebsübertragung im Ganzen (§ 6 Abs. 3 S. 1 EStG) ist, dass der Gewerbetreibende nicht nur seine Betriebsmittel überträgt, sondern auch seine durch den betrieblichen Organismus bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgibt. Auch wenn sachenrechtlich Gegenstand der Veräußerung bzw. Übertragung nur die einzelnen Betriebsmittel sind, ändert dies nichts daran, dass bei einer Betriebsübertragung im Ganzen der Übertragende schuldrechtlich verpflichtet ist, dem Erwerber die Fortsetzung der bislang von ihm ausgeübten Tätigkeit zu ermöglichen. Damit verbunden ist, dass der Übertragende sich einer weiteren Tätigkeit enthält und seine bisherige Tätigkeit einstellt.
Die Betriebsverpachtung ist eine Nutzung des ursprünglich aktiv bewirtschafteten Betriebs in anderer Form, bis dessen Aufgabe erklärt wird. Es handelt sich um eine gewerbliche Tätigkeit „in anderer Form“ (BFH 12.12.13, IV R 17/10, BStBl II 14, 316). K hat sich das Nießbrauchsrecht an dem Grundstück vorbehalten und führt ihre bisherige gewerbliche Tätigkeit, die Verpachtung des Gaststättenbetriebs, daher fort. Mithin sind nur die Betriebsmittel übergegangen, nicht aber die Erwerbsquelle an sich.
Die Einkünfte der K sind bis zum Ausscheiden des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen als solche aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG und danach als solche aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandeln.
Praxishinweis
Die Realisierung der in den übertragenen Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven lässt sich auch nicht dadurch vermeiden, dass der Übertragende dem Erwerber zunächst sämtliche Betriebsmittel des Gewerbebetriebs unentgeltlich überträgt, sie sodann aber zurückpachtet, um die bisherige gewerbliche Tätigkeit fortzuführen (BFH 2.9.92, XI R 26/91, BFH/NV 93, 161). Dieses Urteil erging zu § 7 Abs. 1 EStDV, auch hier stellte der BFH darauf ab, dass der Übertragende seine bisherige Tätigkeit nicht eingestellt hat.