· Fachbeitrag · Grunderwerbsteuer
GrESt: Zugunsten des Meistbietenden bestehendes Nießbrauchsrecht zählt zur Bemessungsgrundlage
Der Wert eines im Grundbuch zugunsten des Meistbietenden eingetragenen Nießbrauchsrechts ist beim Erwerb durch Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren als Gegenleistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG zu berücksichtigen (FG Köln 8.5.13, 5 K 3384/10, Rev. BFH II R 11/14, Abruf-Nr. 141346). |
Sachverhalt
Die Klägerin K erwarb im Wege der Zwangsversteigerung ein Grundstück. Der Zuschlag erfolgte unter der Bedingung, dass das im Grundbuch zugunsten der K eingetragene Nießbrauchsrecht bestehen blieb. Das FA berücksichtigte den Wert des Nießbrauchsrechts als Gegenleistung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG. Der Umfang des Meistgebots werde nicht dadurch beeinflusst, dass ein bestehen bleibendes Recht dem Meistbietenden zustehe. Der Umfang der Gegenleistung könne nicht nur auf die tatsächliche Höhe des abgegebenen Meistgebots beschränkt werden. Ausschlaggebend sei, dass das Nießbrauchsrecht auch nach dem Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren bestehen geblieben und somit eine fortbestehende Belastung sei.
Entscheidungsgründe
Das Nießbrauchsrecht ist Teil der Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG. Danach gilt beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren als Gegenleistung das Meistgebot einschließlich der bestehen bleibenden Rechte. Das Meistgebot umfasst das geringste Gebot (§ 44 Abs. 1 ZVG) und das über das geringste Gebot hinausgehende Mehrgebot (§ 49 Abs. 1 ZVG). Zu dem geringsten Gebot gehören gemäß § 44 Abs. 1 ZVG, § 52 ZVG auch die bestehen bleibenden Rechte. Bestehen bleibende Rechte sind solche Rechte, die bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt werden und nicht durch Zahlung zu decken sind (§ 52 ZVG; BFH 20.4.07, II B 69/06, BFH/NV 07, 1538). Sie sind mit ihrem Kapitalbetrag, dem Nennwert, anzusetzen. Der Umstand, dass ein bestehen bleibendes Recht dem Meistbietenden zusteht, beeinflusst nicht den Umfang des Meistgebots.
Aus § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG, wonach dauernde Lasten nicht zur Gegenleistung im Zwangsversteigerungsverfahren gehören, ergibt sich nichts anderes. Denn § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG ist nur anzuwenden, wenn Grundstückslasten nach den Versteigerungsbedingungen (§§ 49 ff., 59 ZVG) aufgrund gesetzlicher Anordnung außerhalb des geringsten Gebots ausnahmsweise bestehen bleiben. Sie sind nur relevant für Grundstückslasten, die von dem an das Meistgebot anknüpfenden § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG nicht erfasst sind.
Praxishinweis
Nach Ansicht des BFH (12.10.83, II R 18/82, BStBl II 84, 116) ist eine Bewertung bestehen bleibender Rechte unter dem Nennbetrag möglich und geboten, wenn und soweit der Ersteher tatsächlich nicht belastet ist. Jenem Streitfall liegt jedoch ein anderer Sachverhalt zugrunde: Der Ersteigerer war bereits vorher zur Hälfte Miteigentümer des mit einer Grundschuld belasteten Grundstücks. Der BFH zählte daher die Grundschuld hälftig zur Gegenleistung.(GG)