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  • · Fachbeitrag · Grundvermögen

    Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG bei Erwerbsvorgängen i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    • 1.§ 16 Abs. 2 GrEStG ist auf einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 GrEStG anwendbar.
    • 2.Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG ist nicht mehr erfüllt, wenn durch einen Anteilsrückerwerb das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft unterschritten wird.
     

    Sachverhalt

    Die Klägerin K war mit 64,8 % am Stammkapital einer Grundstücks-GmbH beteiligt. Weitere Gesellschafter waren H (25,2 %) und F (10 %). Mit Vertrag vom 18.12.08 erwarb K den Geschäftsanteil von H sowie einen Teilgeschäftsanteil von F (5 %), sodass sie nun mit 95 % an der GmbH beteiligt war. Das FA setzte GrESt fest (Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). K vereinbarte später vertraglich mit F die Rückabtretung des Geschäftsanteils (5 %) und den erneuten Erwerb eines Geschäftsanteils von 4,9 %.

     

    Das FA lehnte die Aufhebung der GrESt-Festsetzung ab, da § 16 Abs. 2 GrEStG eine vollständige Rückübertragung der Anteile, deren Übergang die Steuerbarkeit aus § 1 Abs. 3 GrEStG ausgelöst habe, erfordere. Das FG gab der Klage statt.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Festsetzung der GrESt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG war nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang erfolgt. Die Vorschrift betrifft über ihren Wortlaut hinaus auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG. Dies folgt aus § 16 Abs. 5 GrEStG, wonach § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG nicht gilt, wenn einer der in § 1 Abs. 2, Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt worden war. Die Regelung setzt mithin die Anwendbarkeit des § 16 GrEStG auch auf Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG voraus (BFH 2.3.11, II R 64/08, BFH/NV 11, 1009).

     

    Der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG steht nicht entgegen, dass keine vollständige Rückabwicklung aller Anteilserwerbe erfolgt ist. Entscheidend ist, dass aufgrund des Vertrags vom 10.2.10 weniger als 95 % der Anteile in der Hand der K vereinigt wurden und dass hinsichtlich des auf F zurückübertragenen Anteils von 0,1 % eine vollständige Rückübertragung erfolgte. Wird durch Anteilsrückerwerb das Quantum von 95 % der Gesellschaftsanteile unterschritten, ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG nicht mehr erfüllt. Unbeachtlich ist, dass der Anspruch der K auf Kaufpreisrückerstattung mit dem neuerlichen Kaufpreisanspruch des F verrechnet wurde. Die Gegenleistung für einen Anteilserwerb i.S. von § 1 Abs. 3 GrEStG ist ohne Belang, weil sich die Bemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG nach den Werten i.S. des § 138 Abs. 2 bis 4 BewG bemisst.

     

    Praxishinweis

    Zur Anwendung von § 1 Abs. 2a GrEStG (Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundstückbesitzenden Personengesellschaft) hat der BFH (12.10.06, II R 79/05, BStBl II 07, 409, Abruf-Nr. 070439) entschieden, dass die steuerbaren Änderungen im Gesellschafterbestand insoweit nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei sind, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruhen. Der Anwendbarkeit von § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG steht nicht entgegen, dass § 1 Abs. 2a GrEStG den Übergang der Grundstücke auf eine neue Personengesellschaft fingiert, während der SchenkSt die freigebige Zuwendung der Kommanditanteile unterliegt.

     

    Der in § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG verwendete Begriff „Grundstücksschenkungen unter Lebenden“ erfasst nicht nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken, sondern auch freigebige Zuwendungen von Anteilen an einer grundstückbesitzenden Personengesellschaft. Entsprechendes sollte auch im Hinblick auf § 1 Abs. 3 GrEStG gelten.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 249 | ID 42272661