· Fachbeitrag · Insolvenzverfahren
Vermächtnis geht in der Insolvenzmasse auf, die ErbSt ist aber keine Masseverbindlichkeit
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
Eine während des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerpflichtigen entstandene Erbschaftsteuer kann nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt werden (Niedersächsisches FG 12.7.13, 3 K 436/12, Abruf-Nr. 133980). |
Sachverhalt
Über das Vermögen des Klägers K wurde im Dezember 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Dezember 2007 verstarb Frau S, die den K als Vermächtnisnehmer eingesetzt hatte. Durch Beschluss des AG im November 2010 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben, da die Schlussverteilung vollzogen war.
Im März 2011 wurde K rechtskräftig die Restschuldbefreiung erteilt. Mit Bescheid vom 11.4.11 setzte das FA gegen K ErbSt für das Vermächtnis fest. Nach Ansicht des K sei die ErbSt aus der Insolvenzmasse zu zahlen, da das gesamte Vermächtnis der Insolvenzmasse zugeflossen und im Rahmen des Insolvenzverfahrens verwertet worden sei. Die ErbSt sei eine Masseverbindlichkeit.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat nach § 80 Abs. 1 InsO zur Folge, dass das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergeht. Ist dem Schuldner während des Insolvenzverfahrens eine Erbschaft oder ein Vermächtnis zugefallen, steht die Annahme oder Ausschlagung nach § 83 Abs. 1 InsO dennoch dem Schuldner zu. Wird eine Erbschaft in diesem Fall angenommen, ist die ErbSt eine Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO (Roth, Insolvenzsteuerrecht, 2011, Rn. 4.611). Die Steuerschuld als Masseverbindlichkeit ist durch Bescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen (BFH 21.7.94, V R 114/91, BStBl II 94, 878). Sie ist dann regelmäßig in voller Höhe aus der Insolvenzmasse zu befriedigen (Roth, a.a.O., Rn. 3.371). Bleibt die während des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit entstandene Steuerschuld unerfüllt, kann sie aber gegenüber dem Schuldner geltend und durch Bescheid festgesetzt werden.
Die während des Insolvenzverfahrens entstandene Steuerschuld ist nicht durch eine Restschuldbefreiung erfasst, da eine solche nach § 301 Abs. 1 InsO nur gegenüber den Insolvenzgläubigern wirkt, also nach § 38 InsO nur den Gläubigern gegenüber, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hatten.
Praxishinweis
Als Masseverbindlichkeiten zu behandelnde Steuerforderungen sind durch einen an den Insolvenzverwalter gerichteten Steuerbescheid geltend zu machen (BFH 6.7.11, II R 34/10, BFH/NV 12, 10). Dies betrifft aber lediglich die Geltendmachung der Steuerforderung; Steuerschuldner ist in diesen Fällen der Insolvenzschuldner als Rechtsträger der Insolvenzmasse (BFH 23.8.93, V B 135/91, BFH/NV 94, 186 - zur Rechtslage nach der KO).
Die Finanzverwaltung vertritt die Ansicht, dass daher die während des Bestehens des Insolvenzverfahrens begründeten Steuerschulden nach Aufhebung des Verfahrens gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht und vollstreckt werden können. Das FG hat darauf hingewiesen, dass der Schuldner zwar für die als Masseverbindlichkeit entstandene Steuer nachhaftet, dass diese Nachhaftung jedoch nach herrschender Literaturmeinung beschränkt auf die in der Insolvenzmasse verbleibenden Mittel sei (Roth, a.a.O, Rn. 3.206; Kießner in Braun, InsO, 2010, § 201 InsO Rn. 5, m.w.N.; Hintzen in Münchener Kommentar, InsO, 2008, § 206 InsO Rn. 8; Uhlenbrock, Insolvenzordnung, 2010, § 206 InsO Rn. 5; a.A. wohl AEAO zu § 251 AO Tz. 14).
Weiterführender Hinweis
- Grewe, § 13a Abs. 5 ErbStG: Insolvenz als schädliche Verwendung, ErbBstg 10, 147