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  • · Fachbeitrag · Nachlassverbindlichkeiten

    Abfindungszahlung wegen beeinträchtigender Schenkung durch Vorerben ist abzugsfähig

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Eine Abfindungszahlung, die der vom Vorerben Beschenkte zur Abwendung eines Herausgabeanspruchs eines der Nacherben leistet, mindert die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage. |

     

    Sachverhalt

    Die Eltern des Klägers K errichteten ein Ehegattentestament, wonach der erstversterbende Ehegatte den überlebenden Ehegatten zu seinem Alleinerben als befreiten Vorerben beruft. Erben des überlebenden Ehegatten und Nacherben des Erstverstorbenen sollen die drei Söhne sein. Nach dem Tod des Vaters V legte der Nachlassrichter das Testament dahingehend aus, dass die Mutter M des K alleine Vollerbin nach V und die Söhne nach dem Tod der M Schlusserben seien, und stellte den Erbschein aus. Sodann übertrug M im Wege der Schenkung Grundbesitz an K und an einen weiteren Sohn (S2).

     

    Nach dem Tod der M ließ der dritte Sohn (S3) den Erbschein für kraftlos erklären. Das Nachlassgericht ging nun davon aus, dass M nach V nur Vorerbin gewesen und mit ihrem Tod der Nacherbfall eingetreten sei. Daraufhin nahm S3 die beiden Brüder auf Rückauflassung des Grundbesitzes in Anspruch. K leistete sodann im Wege des Vergleichs eine Abfindung an S3. K begehrte beim FA die erwerbsmindernde Berücksichtigung der Vergleichszahlung. Das lehnte das FA ab, da kein Zusammenhang mit der schenkweisen Grundstücksübertragung durch M bestünde und es auch nicht zu einer tatsächlichen Rückabwicklung der Schenkung gekommen sei.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet (FG Münster 14.2.19, 3 K 1237/17 Erb, Abruf-Nr. 208010, Revision zugelassen). Die SchenkSt ist nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erloschen. Danach erlischt die Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit ein Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausgegeben werden muss. Zwar stand dem S3 ein auf § 816 Abs. 1 S. 2 BGB, § 2287 Abs. 1 BGB beruhendes Rückforderungsrecht am Grundbesitz zu, da M über den Grundbesitz als Nichtberechtigte verfügte. K hat den Übertragungsgegenstand jedoch nicht herausgegeben.

     

    Die Vergleichszahlung ist aber nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG steuermindernd zu berücksichtigen. Die Zahlung wurde zwar nicht zur Erlangung (Gesetzeswortlaut), jedoch zur Erhaltung des Erwerbs geleistet. § 10 Abs. 5 ErbStG gilt gemäß § 1 Abs. 2 ErbStG auch für Schenkungen unter Lebenden.

     

    Die Steuerfestsetzung ist gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem das rückwirkende Ereignis eintritt (Leistung der Vergleichszahlung). Dass das Geschenk nicht herausgegeben wurde, steht dem nicht entgegen, denn die beeinträchtigende Schenkung durch M war die Ursache für den Herausgabeanspruch des S3 (BFH 8.10.03, II R 46/01, BStBl II 04, 234).

     

    Relevanz für die Praxis

    Zahlungen des Beschenkten gemäß § 2329 Abs. 2 BGB zur Abwendung des Herausgabeanspruchs eines Pflichtteilsberechtigten nach § 2329 Abs. 1 BGB wegen beeinträchtigender Schenkung führen ebenso nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zum Erlöschen der ErbSt; sie sind aber gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V. mit § 1 Abs. 2 ErbStG bei der Besteuerung der Schenkung erwerbsmindernd zu berücksichtigen (BFH 8.10.03, II R 46/01, BStBl II 04, 234). Der BFH begründet diese Abzugsmöglichkeit damit, dass Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen, die mit der zur Ausgleichspflicht führenden Schenkung zusammenhängen, als Folge der Pflichtteilsbeeinträchtigung von Beginn an als potenzielle Verpflichtungslage anhaften. Das FG hielt den Streitfall mit jenem Streitfall des BFH-Urteils vergleichbar.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2019 | Seite 163 | ID 45933353