· Fachbeitrag · Pflichtteilsrecht
Pflichtteilsverzichtsvertrag: Vertretung des Vaters durch Pflichtteilsberechtigten ausgeschlossen
Wird ein Vertrag über eine vorweggenommene Erbfolge mit einem Pflichtteilsverzichtsvertrag des Beschenkten gegenüber dem Schenker verbunden und handelt der Beschenkte hierbei als Vertreter ohne Vertretungsmacht, Genehmigung sich vorbehaltend, für den Schenker, so führt dessen Genehmigung nicht zur Wirksamkeit des Pflichtteilsverzichts. Der Pflichtteilsverzicht ist nichtig und erfasst gemäß § 139 BGB den gesamten Vertrag (OLG Düsseldorf 21.6.11, 3 Wx 46/11, Abruf-Nr. 114104). |
Sachverhalt
Durch notariellen Übergabevertrag von Ende 2002 hat B seinem Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sein Einzelunternehmen sowie Grundbesitz übertragen. Im Gegenzug verzichtete der Sohn auf sein Pflichtteil am Nachlass des Vaters. Bei der Beurkundung des Vertrags handelte der Sohn als Vertreter ohne Vertretungsmacht, Genehmigung sich vorbehaltend, für seinen Vater und dessen Ehefrau.
Entscheidungsgründe
Der Übertragungsvertrag erhält neben der Auflassung des Grundstücks unter anderem auch einen Verzicht des Sohnes auf seinen Pflichtteil am Nachlass des Vaters. Gemäß § 2347 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Erblasser einen Erbverzichtsvertrag nur persönlich schließen. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes höchstpersönliches Rechtsgeschäft, bei dem die Vertretung des Erblassers sowohl im Willen als auch in der Erklärung ausgeschlossen ist. Die Vorschrift gilt für alle Arten von Erbverzichtsverträgen, gleichgültig ob es sich um einen Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht, einen Pflichtteilsverzicht oder um einen in sonstiger Weise eingeschränkten oder teilweisen Verzicht auf das gesetzliche Erb- oder Pflichtteilsrecht handelt. Die Genehmigungserklärung des Vaters kann auch nicht als Erklärung der Annahme eines von dem Sohn abgegebenen Angebots auf Abschluss eines Verzichtsvertrags gewertet werden. Hier ist schon der Formvorschrift des § 2348 BGB nicht genügt, wonach ein Erbverzichtsvertrag der notariellen Beurkundung bedarf. Die Genehmigungserklärung wurde lediglich unterschriftsbeglaubigt.
Die Nichtigkeit des Erbverzichts führt zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags. Die Übertragung des Einzelunternehmens mit allen Aktiva und Passiva einschließlich des Grundbesitzes erfolgte im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Deshalb ist nicht anzunehmen, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil, also den Pflichtteilsverzicht, vorgenommen worden wäre.
Praxishinweis
Nach § 2347 BGB muss der Erblasser bei einem Verzichtsvertrag persönlich handeln - dies gilt für jede Art Verzicht (Erbverzicht, Pflichtteilsverzicht), d.h. Vertretung ist hier nicht möglich. Andererseits kann der Verzichtende bei Abschluss des Verzichtsvertrags vertreten werden. (GS)