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  • · Fachbeitrag · Reform des Erbschaftsteuergesetzes

    Bundestag beschließt die Anpassung des ErbStG

    | Der Bundestag hat am 24.6.16 den Gesetzentwurf zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG gemäß der Empfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks. 18/8911 vom 22.6.16) verabschiedet. Der Bundesrat soll dem Gesetz am 8.7.16 zustimmen. Der Gesetzentwurf belässt es grundsätzlich bei den Steuerverschonungen für Unternehmen, nimmt jedoch erhebliche Veränderungen am bisherigen Begünstigungskonzept vor. |

     

    Inkrafttreten: Das reformierte Gesetz soll für alle Erwerbe gelten, für die die Steuer nach dem 30.6.16 entsteht. Am 8.7.16 soll das Gesetz durch den Bundesrat gehen und rückwirkend zum 1.7.16 in Kraft treten. Die Rückwirkung des Gesetzes wird verfassungsrechtlich für unbedenklich angesehen.

     

    Unternehmensbewertung: Entgegen ursprünglichen Vorstellungen soll es nun auch Änderungen bei der Unternehmensbewertung geben. Der im vereinfachten Bewertungsverfahren anzuwendende Basiszins (§ 203 BewG) wird nach unten auf mindestens 3,5 % und nach oben auf höchstens 5,5 % begrenzt, sodass sich der Kapitalisierungsfaktor in einem Korridor von mindestens 10,0 und maximal 12,5 bewegt.

     

    Verschonung: Bis zu einer Grenze von 26 Mio. EUR bleibt es grundsätzlich bei der bisherigen Regelverschonung von 85 % zuzüglich einem Abzugsbetrag bis zu 150.000 EUR oder auf Antrag bei der Optionsverschonung von 100 %. Da das Betriebsvermögen der begünstigungsfähigen Unternehmen zukünftig in begünstigtes Vermögen und nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen aufgeteilt wird, hängt - entgegen den Vorstellungen des Bundesrats - die Wahl zwischen den beiden Verschonungsmöglichkeiten nicht mehr von der Quote des nicht begünstigten Verwaltungsvermögens ab.

     

    Begünstigungsfähiges Vermögen: Die Definition des begünstigungsfähigen Vermögens (1. Stufe der Prüfung) entspricht der Definition des bisherigen begünstigten Vermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG. Damit bleiben auch gewerblich geprägte Personengesellschaften mit Einkünften gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG begünstigungsfähig.

     

    Altersversorgungsverpflichtungen: Vermögensgegenstände, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen, gehören nicht zum Verwaltungsvermögen und sind mit den damit im Zusammenhang stehenden Schulden zu verrechnen.

     

    Verwaltungsvermögen: Die bisherige Definition des Verwaltungsvermögens bleibt grundsätzlich erhalten, wird aber inhaltlich geringfügig geändert und redaktionell angepasst. Unter anderem wird eine neue Rückausnahme für Grundstücke geschaffen, die zu dem Zweck überlassen werden, eigene Erzeugnisse des erworbenen Betriebs dort abzusetzen, und die zulässige Quote für die Finanzmittel von 20 % auf 15 % reduziert.

     

    Nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen: Die vom BVerfG beanstandete Verwaltungsvermögensquote von 50 % bei der Regelverschonung (Alles-oder-Nichts-Prinzip) wird ersatzlos gestrichen. Nun wird in einem - auf den ersten Blick - komplizierten Berechnungsmodus der nach anteiligem Abzug von Schulden und pauschalem Abzug von unschädlichem Verwaltungsvermögen verbleibende Nettowert des Verwaltungsvermögens ermittelt („konsolidierte Ermittlung des Verwaltungsvermögens“) und vom gemeinen Wert des Unternehmens abgezogen. Das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen wird damit als steuerpflichtiges Vermögen der Besteuerung zugeführt.

     

    Ausschluss der Begünstigung (90 %-Grenze): Erreicht der ermittelte Nettowert des Verwaltungsvermögens 90 % des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens, ist das Unternehmen auch hinsichtlich der verbleibenden 10 % zur Vermeidung von Missbrauchsgestaltungen nicht begünstigt.

     

    Unschädliches Verwaltungsvermögen (10 %-Grenze): Soweit der Nettowert des Verwaltungsvermögens eine Grenze von 10 % nicht übersteigt, bleibt das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen allerdings unschädlich.

     

    Investitionsklausel: Eine Investitionsklausel soll nur bei Erwerben von Todes wegen unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit schaffen, Verwaltungsvermögen innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer in begünstigungsfähiges Vermögen zu investieren.

     

    Junges Verwaltungsvermögen: Vollständig von der Begünstigung ausgenommen ist wie bisher das „junge Verwaltungsvermögen“, das dem Betrieb weniger als zwei Jahre vor der maßgeblichen Übertragung zuzurechnen war. Auch „junge Finanzmittel“ sollen von vornherein nicht begünstigt sein. Darunter ist der Saldo aus Einlagen und Entnahmen von Barvermögen und sonstige Forderungen zu verstehen, die innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren vor der maßgeblichen Übertragung dem Betrieb zugeführt werden. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass Steuerpflichtige die zulässigen Quoten für Finanzmittel ausreizen und optimieren.

     

    Holdingstrukturen: Das begünstigte Vermögen wird in mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen über eine konsolidierte Verbundbetrachtung ermittelt. Damit sind die vom BVerfG gerügten Gestaltungen durch Kaskadeneffekte zukünftig ausgeschlossen. Im Vergleich zum Entwurf der Bundesregierung werden wirtschaftlich nicht belastende Schulden von der Konsolidierung und der Verrechnung mit Verwaltungsvermögen ausgenommen.

     

    Abschmelzmodell: Anders als bisher kann die Verschonung nicht mehr unabhängig vom Wert des erworbenen Betriebsvermögens in Anspruch genommen werden. Es gilt eine Prüfschwelle von 26 Mio. EUR. Nach dem Abschmelzmodell reduziert sich der Umfang der Verschonung um jeweils 1 % je 750.000 EUR Unternehmenswert, soweit der Wert des Betriebsvermögens insgesamt 26 Mio. EUR übersteigt. Ab einem Erwerb von 90 Mio. EUR kommt eine Verschonung gar nicht mehr in Betracht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wert von Erwerben innerhalb von 10 Jahren zusammengerechnet wird. Der Antrag auf Anwendung des Abschmelzmodells schließt die alternativ mögliche Verschonungsbedarfsprüfung aus.

     

    Verschonungsbedarfsprüfung: Nach der Auffassung des BVerfG ist eine Verschonung von Großvermögen nur gerechtfertigt, wenn anhand einer gesonderten Prüfung der Leistungsfähigkeit ermittelt wird, dass die Steuer nur aus dem begünstigten Betriebsvermögen oder dessen Veräußerung beglichen werden könnte. Diesen Anforderungen des BVerfG trägt das Gesetz durch Einführung der Verschonungsbedarfsprüfung Rechnung.

     

    Im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber von seinem verfügbaren Vermögen 50 % einsetzen, um die Erbschaftsteuer zu begleichen. Soweit diese 50 % nicht ausreichen, kommt auf Antrag ein Erlass der Erbschaftsteuer in Betracht. Zum verfügbaren Vermögen gehört das mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangene Vermögen, das nicht zum begünstigten Vermögen i. S. des § 13b Abs. 2 ErbStG-E gehört und das ihm im Zeitpunkt der Steuerentstehung gehörende Vermögen, das nicht zum begünstigten Vermögen i. S. des § 13b Absatz 2 ErbStG-E gehören würde. Nicht zum verfügbaren Vermögen gehört hingegen das erhaltene oder bereits bei ihm vorhandene begünstigte Betriebsvermögen.

     

    Die Quote von 50 % berücksichtigt noch nicht, dass der Erwerber einkommensteuerlich verhaftete Vermögensgegenstände veräußern muss, um die geforderte Steuer zu entrichten. Außerdem wird der Erlass nur unter der auflösenden Bedingung gewährt, dass Lohnsummenklausel und Behaltensregelung für sieben Jahre eingehalten werden und der Erwerber in einem Zeitraum von 10 Jahren nach der Inanspruchnahme des Steuererlasses nicht weiteres verfügbares Vermögen erhält.

     

    Stundung: Erben wird die Möglichkeit eingeräumt, die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuer vorbehaltlos und zinslos für die Dauer von 10 Jahren nach dem Erbfall stunden zu lassen.

     

    Familienunternehmen: Unternehmen, die bestimmte gesellschaftsvertragliche oder satzungsmäßige Voraussetzungen erfüllen, kann ein Abschlag gewährt werden. Die Höhe des Abschlags richtet sich nach der im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung vorgesehenen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert und darf 30 % nicht übersteigen. Die gesellschaftsvertraglichen oder satzungsmäßigen Voraussetzungen müssen 2 Jahre vor und 20 Jahre nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer vorliegen.

     

    Lohnsummenklausel: Während die Lohnsummenklausel bisher bei mehr als 20 Mitarbeitern anzuwenden war, ist zukünftig bereits beim Erwerb eines Betriebs mit mehr als 5 Mitarbeitern auf die - in Abhängigkeit von der Anzahl der Mitarbeiter gestaffelte - Lohnsumme zu achten. Ausdrücklich soll geregelt werden, dass im Fall einer Betriebsaufspaltung die Lohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft zusammenzuzählen sind.(GB)

    Quelle: Ausgabe 07 / 2016 | Seite 159 | ID 44127041