· Fachbeitrag · Vorweggenommene Erbfolge
Keine dauernde Last bei Ausschluss der Kostenübernahme für ein Alten- oder Pflegeheim
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
| Vereinbart ein Steuerpflichtiger mit seinen Eltern eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen und schließt dabei die Kostenübernahme für ein Alten- oder Pflegeheim aus, sind die Versorgungsleistungen nicht als dauernde Last in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig, sondern nur als Rente, also in Höhe des Ertragsanteils.
Sachverhalt
Kläger K übernahm mit Hofübergabevertrag vom 16.12.98 den elterlichen Weinbaubetrieb. K verpflichtete sich, seinen Eltern monatlich ab Januar 1999 einen Geldbeitrag zu deren Lebensunterhalt als „dauernde Last“ zu zahlen. Für den Fall einer Änderung der finanziellen Leistungsfähigkeit des K oder des Unterhaltsbedarfs der Eltern wurde eine Anpassung der Zahlung vorgesehen. Würde also z. B. der Bedarf der Eltern an häuslicher Pflege steigen, sei § 323 ZPO sinngemäß anwendbar. Ferner gelte eine Wertsicherungsklausel. Ein Mehrbedarf für den Fall, dass die Eltern aus ihrer derzeitigen Wohnung in ein Alten- oder Pflegeheim einziehen, wurde aber ausgeschlossen. K machte die Zahlungen an seine Eltern in voller Höhe als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG geltend. Das FA sah in den Zahlungen wegen der eingeschränkten Abänderbarkeit aber nur eine Leibrente, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG mit dem Ertragsanteil abzugsfähig ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Sind wiederkehrende Leistungen abänderbar, handelt es sich grds. um eine dauernde Last, andernfalls um eine Leibrente. Wegen des Ausschlusses der Übernahme von Heimkosten gelten die Zahlungen an die Eltern als Leibrente (FG Rheinland-Pfalz 30.7.19, 5 K 2332/17, Rev. zugelassen, Abruf-Nr. 210948).
Für eine steuerrechtlich anzuerkennende Änderungsklausel genügt der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO. Die Bezugnahme auf § 323 ZPO führt aber nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, wenn deren Höhe von Voraussetzungen abhängig gemacht wurde, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen. Fehlt eine solche Bezugnahme, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit auch aufgrund einer Regelung ergeben, die eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt.
Die Abänderbarkeit kann auch aus der Rechtsnatur des typischen Versorgungsvertrags folgen. Versorgungsleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe von existenzsicherndem Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden, sind nach Ansicht der Rechtsprechung „im Regelfall“ abänderbar. Anders wäre es nur, wenn sich aus dem Vertrag ergibt, dass die Parteien ausnahmsweise gleichbleibende Leistungen vereinbart haben (BFH 15.7.91, GrS 1/90; BFH 23.11.16, X R 8/14, BStBl II 17, 512).
Zwar haben K und seine Eltern die Änderung nach § 323 ZPO grundsätzlich dann ermöglicht, wenn sich der Unterhaltsbedarf der Eltern oder die Leistungskraft des K ändert. Die Anpassung ist aber für den finanziellen Mehrbedarf durch den Auszug aus der eigenen Wohnung gleich aus welchem Grund, aber insbesondere für die im Alter häufig vorkommende Aufnahme in ein Alten- oder Pflegeheim ausgeschlossen. Damit enthält der Vertrag zwar die Bezugnahme auf § 323 ZPO. Die tatsächlichen Anpassungsmöglichkeiten sind aber so beschränkt, dass es bei der Anpassung entsprechend der Wertsicherungsklausel verbleibt, was für die Einordnung der Zahlungen als dauernde Last nicht genügt.
Relevanz für die Praxis
In einem ähnlich gelagerten Fall hat der BFH die Zahlungen als dauernde Last anerkannt, obwohl auch hier die Übernahme der Kosten eines Pflegeheims ausgeschlossen wurde. Der Kläger hatte sich in diesem Fall jedoch zur Erbringung mehrerer Pflege- und Betreuungsleistungen in seinem Haushalt von 1,5 Stunden täglich verpflichtet. Der Streitfall zeigt, dass es hier auf die konkreten Vereinbarungen im Einzelfall ankommt.
Beachten Sie | Das FA hatte in den Jahren vor dem Streitjahr die Zahlungen an die Eltern als dauernde Last anerkannt. Das FG stellt klar, dass diese fehlerhafte Behandlung als dauernde Last in den Vorjahren einer korrekten Erfassung im Streitjahr nicht entgegensteht. Denn das FA ist aufgrund des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung verpflichtet, eine als falsch erkannte Rechtsauffassung im Rahmen der steuerprozessualen Möglichkeiten, also im ersten noch offenen Veranlagungszeitraum, aufzugeben und entsprechend zu korrigieren (BFH 16.7.64, IV 449/61, HFR 1964, 440-441).