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  • · Fachbeitrag · Vorweggenommene Erbfolge

    Versorgungsleistungen: Sonderausgabenabzug als Rente oder dauernde Last?

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Wiederkehrende Leistungen sind nicht als Leibrente, sondern als dauernde Last anzusehen, wenn zwar die Abänderbarkeit der Barleistungen bei wesentlich veränderten Lebensbedürfnissen (Heimunterbringung, Pflegebedürftigkeit) ausgeschlossen wird, der Vermögensübernehmer sich jedoch in nennenswertem Umfang verpflichtet, selbst Pflege- und Betreuungsleistungen zu erbringen. |

     

    Sachverhalt

    Im Jahr 2006 haben die Eltern ihrem Sohn (Kläger K) ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb übertragen. Die Eltern haben sich an dem übertragenen Hausgrundstück ein lebenslängliches Wohnrecht vorbehalten. K hat sich zu folgenden Leistungen verpflichtet:

    • Kosten für Heizung, Strom, Wasser, Abwasser und Schönheitsreparaturen,
    • Reinigung und Instandhaltung der Kleidung, Wäsche und Räume,
    • Beförderung der Eltern mit seinem Auto für erforderliche Arztbesuche,
    • Betreuung und Verpflegung der Eltern bis zu 1,5 Stunden täglich,
    • auf Lebenszeit monatliche Zahlung von 300 EUR.

     

    Schuldrechtlich soll die Höhe der vereinbarten „dauernden Last“ abhängig sein von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, jedoch nicht vom Mehrbedarf der Eltern infolge auswärtiger Unterbringung, und von der Leistungskraft des Erwerbers, insbesondere der Gewinnentwicklung des übertragenen Objekts. Nach dem Übergabevertrag soll § 323 ZPO Anwendung finden.

     

    Das FA hat die Aufwendungen für die Verpflegung der Eltern mit dem amtlichen Sachbezugswert im Rahmen des SA-Abzugs als dauernde Last berücksichtigt (Streitjahr 2010). Die monatlichen Geldzahlungen hat das FA nur als Leibrente mit dem Ertragsanteil anerkannt, was das FA mit der fehlenden Abänderbarkeit der Zahlungen begründet. Das FG Rheinland-Pfalz (15.1.14, 1 K 1829/12, ZEV 14, 274) wertete die Barleistungen dagegen als dauernde Last: Diese seien abhängig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

     

    Entscheidungsgründe

    Die vereinbarten Versorgungsleistungen sind abänderbar und daher als dauernde Last abziehbar (BFH 23.11.16, X R 16/14, Abruf-Nr. 193275). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a. F. (Fassung vor Inkrafttreten des JStG 2008) sind dauernde Lasten in vollem Umfang abziehbar. Leibrenten können nur mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 S. 3a bb EStG abgezogen werden.

     

    Wiederkehrende Sach- und Geldleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, sind dauernde Lasten, wenn sie abänderbar sind (BFH 15.7.91, GrS 1/90, BStBl II 92, 78, unter C.II.3.). Für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO. Die Bezugnahme auf § 323 ZPO führt jedoch nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, wenn die Vertragspartner deren Höhe von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen (BFH 15.3.94, X R 93/90, BFH/NV 94, 848; BFH 27.8.97, X R 54/94, BStBl II 97, 813, unter II.1.b aa). Fehlt eine Bezugnahme auf § 323 ZPO, kann sich die Änderungsmöglichkeit aufgrund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt.

     

    Im Streitfall haben die Vertragsparteien auf § 323 ZPO Bezug genommen. Zwar hat K die Übernahme der Kosten eines Pflegeheims ausgeschlossen. Er hat sich jedoch zur Erbringung mehrerer Pflege- und Betreuungsleistungen verpflichtet, vor allem dazu, seine Eltern in alten und kranken Tagen in seinem Haushalt bis zu 1,5 Stunden täglich zu betreuen und zu verpflegen.

     

    Die Anpassung der Barleistung wurde lediglich hinsichtlich des Mehrbedarfs der Eltern infolge auswärtiger Unterbringung ausgeschlossen. Insofern ist die Höhe der Rentenleistungen materiell-rechtlich nicht von Voraussetzungen abhängig, die nur einer Wertsicherungsklausel entsprächen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit Vermögensübertragungen ab dem 1.1.08 sind unabhängig von der Abänderbarkeit beim Empfänger in vollem Umfang nach § 22 Nr. 1a EStG steuerpflichtig und beim Verpflichteten in voller Höhe als SA abziehbar (BMF 11.3.10, BStBl I 10, 227, Rn. 52). Jedoch wurde der Anwendungsbereich auf die in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG aufgeführten Vermögenswerte eingeschränkt.

     

    In einem weiteren Streitfall zur Behandlung von Versorgungsleistungen hat der BFH (23.11.16, X R 8/14, ErbBstg 17, 133, in dieser Ausgabe) den Abzug als dauernde Last abgelehnt: Der Vermögensübernehmer verpflichtete sich zur Zahlung eines monatlichen Geldbetrags an seine Eltern (Vermögensübergeber). Sollte bei einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der standesgemäße Unterhalt des Übernehmers oder der Eltern nicht mehr gewährleistet sein, konnten die Vertragsparteien eine Änderung gemäß § 323 ZPO verlangen. Eine Änderung für den Mehrbedarf wurde aber infolge dauernder Pflegebedürftigkeit oder Heimunterbringung der Eltern ausgeschlossen.

     

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • Brüggemann, BFH lehnt Auffassung der Finanzverwaltung ab - Ablösung Nießbrauch durch Versorgungsleistungen, ErbBstg 15, 259 ff.
    Quelle: Ausgabe 06 / 2017 | Seite 135 | ID 44670285