· Fachbeitrag · Vorweggenommene Erbfolge
Vermögensübergeber bleibt Geschäftsführer, kein Sonderausgabenabzug der Versorgungsrente
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
| Versorgungsrenten sind nur dann als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2c EStG 2013 (jetzt: § 10 Abs. 1a Nr. 2 S. 2c EStG) abziehbar, wenn der Übergeber nach der Übertragung der Anteile an einer GmbH nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft ist ‒ so der BFH mit Urteil vom 20.3.17. |
Sachverhalt
Der Vater V des Klägers K war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer (GF) einer GmbH. Im Jahr 2012 übertrug V im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen Geschäftsanteil auf K gegen Zahlung einer indexgebundenen Versorgungsrente an die Eltern bis zum Tode des Längstlebenden. K wurde zum alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten weiteren GF der GmbH bestellt. V blieb jedoch weiterhin GF der GmbH. Seine Abberufung ohne eigene Zustimmung berechtigte V zum Widerruf der Anteilsübertragung. K machte die Zahlungen an die Eltern als Versorgungsleistungen im Rahmen der Sonderausgaben (SA) geltend. Das FA und das FG Münster (31.8.16, 12 K 3245/15 E, EFG 16, 1943) lehnten dies ab, da V als Vermögensübergeber die GF-Tätigkeit nicht vollständig eingestellt habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision des K ist unbegründet (BFH 20.3.17, X R 35/16, Abruf-Nr. 196051). Als SA abziehbar sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2c EStG 2013 (heute § 10 Abs. 1a Nr. 2 S. 2c EStG) Versorgungsleistungen in Zusammenhang mit der Übertragung eines GmbH-Anteils von mindestens 50 %, wenn der Übergeber als GF tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
Im Streitfall hat V zwar seinen 100 %-igen Anteil an der GmbH auf K übertragen. Auch war V vor der Vermögensübertragung GF der GmbH, und K wurde danach deren alleinvertretungsberechtigter GF. V blieb jedoch nach der Anteilsübertragung weiterhin GF. Zudem berechtigte ihn seine Abberufung als GF zum Widerruf der Anteilsübertragung. Voraussetzung für eine nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2c EStG 2013 begünstigte Anteilsübertragung ist aber, dass der Übergeber seine GF-Tätigkeit insgesamt aufgibt (z. B. Schmidt/Heinicke, EStG, 36. Aufl., § 10 Rn. 143). Bereits das verwendete Wort „übernehmen“ in § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2c EStG 2013 spricht dafür, dass der Übergeber nach der Anteilsübertragung seine GF-Tätigkeit insgesamt aufgeben muss.
Im Regierungsentwurf des JStG 2008 war die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften zunächst nicht begünstigt, da der Gesellschafter mit der Übertragung lediglich eine Kapitaleinkunftsquelle, aber keine betriebliche Tätigkeit aufgebe (BT-Drucks. 16/6290, S. 53). Erst auf Anregung des Bundesrats wurde die Übertragung von kleinen und mittelständischen Familienunternehmen in der Rechtsform der GmbH durch einen die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafter-GF im Rahmen der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen steuerlich begünstigt (BT-Drucks. 16/7036, S. 11). Ein Gesellschafter-GF gibt die einem Einzelunternehmer oder einem Mitunternehmer an einer Personengesellschaft vergleichbare „betriebliche“ Tätigkeit aber nur dann auf, wenn er nach der Übertragung der Anteile an der GmbH nicht mehr GF der Gesellschaft ist. Bleibt er dagegen GF, überträgt er nur eine Kapitaleinkunftsquelle, deren Überlassung gerade nicht begünstigt werden sollte.
Relevanz für die Praxis
Die Übertragung von Anteilen an ‒ auch kleinen ‒ Aktiengesellschaften erfasst § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2c EStG 2013 (heute § 10 Abs. 1a Nr. 2 S. 2c EStG) nicht. Das Gesetz spricht ausdrücklich nur von GmbH. Die Ansicht des BFH, der Übergeber müsse nach der Anteilsübertragung seine GF-Tätigkeit insgesamt aufgeben, entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF 11.3.10, IV C 3-S 2221/09/10004, BStBl I 10, 227).