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  • · Fachbeitrag · Vorweggenommene Erbfolge

    Versorgungsleistungen: Monatliche Zahlungen von 1.000 EUR keine Sonderausgaben

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Obwohl im Übergabevertrag die Abänderbarkeit der Leistungen nach § 323 ZPO vereinbart war, hat der BFH im Streitfall entschieden, dass es sich bei den monatlichen Zahlungen von 1.000 EUR um eine Leibrente handele. |

     

    Sachverhalt

    Im Jahr 2002 hatte der Kläger K im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen. Folgende Vereinbarungen haben die Beteiligten im Übergabevertrag getroffen:

    • lebenslanges Wohnrecht der Eltern am mitübertragenen Wohnhaus,
    • Übernahme der laufenden Kosten für das Wohnhaus durch K,
    • Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen sowie für Heizung und Strom durch die Eltern,
    • Zahlung von monatlich 1.000 EUR durch K an die Eltern (lebenslang) als „dauernde Last“.

     

    Sollte bei einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der standesgemäße Unterhalt des K oder der Eltern nicht mehr gewährleistet sein, konnten die Vertragsparteien eine Änderung gemäß § 323 ZPO verlangen. Eine Änderung konnte jedoch nicht aus dem Mehrbedarf abgeleitet werden, der sich infolge dauernder Pflegebedürftigkeit der Berechtigten oder aufgrund deren Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim ergab. Auf eine Wertsicherungsklausel verzichteten K und seine Eltern.

     

    Das FA berücksichtigte die Bewirtschaftungskosten und Zahlungen an die Eltern für die Streitjahre 2010 und 2011 als Leibrente und nicht als dauernde Last. Die Abänderbarkeit der Höhe der Barleistungen sei durch Vereinbarungen so eingeschränkt, dass sie als bedeutungslos anzusehen sei. Den Ertragsanteil der Leibrente setzte das FA mit den bis zum Jahr 2004 geltenden Ertragsanteilen an. Das FG Rheinland-Pfalz (15.1.14, 1 K 2355/13, nur juris) gab der Klage statt, da jeder Beteiligte eine Abänderung nach § 323 ZPO verlangen könnte.

     

    • 1. Die Verpflichtung zu wiederkehrenden Barleistungen in einem vor dem 1.1.08 abgeschlossenen Vermögensübergabevertrag ist als Leibrente zu beurteilen, wenn die Vertragsparteien eine Abänderbarkeit der Höhe der Rentenleistungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen. Dies gilt selbst dann, wenn auf § 323 ZPO Bezug genommen ist.

     

    • 2. Die wiederkehrenden Leistungen sind auch dann als Leibrente anzusehen, wenn die Abänderbarkeit der gesamten Versorgungsleistungen bei wesentlich veränderten Lebensbedürfnissen (Heimunterbringung, Pflegebedürftigkeit) ausgeschlossen wird.
    • 3. Die ab 2005 geänderten Ertragsanteile gemäß § 22 Nr. 1 S. 3a bb S. 4 EStG gelten auch für Vermögensübertragungen, die vor dem 1.1.05 vereinbart wurden. (Abruf-Nr. 193276)
     

    Entscheidungsgründe

    Die vereinbarten Versorgungsleistungen sind nicht abänderbar gewesen. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a. F. (Fassung vor Inkrafttreten des JStG 2008) sind dauernde Lasten in vollem Umfang abziehbar. Leibrenten können nur mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 S. 3a bb EStG abgezogen werden. Der Abzug als dauernde Last setzt die Abänderbarkeit der wiederkehrenden Sach- und Geldleistungen voraus (BFH 15.7.91, GrS 1/90, BStBl II 92, 78).

     

    Im Streitfall haben die Vertragsparteien zwar auf § 323 ZPO Bezug genommen. Eine Änderung hiernach sollte jedoch nur verlangt werden können, wenn durch eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der standesgemäße Unterhalt des Zahlungsverpflichteten oder der Berechtigten nicht mehr gewährleistet ist. Es ist nicht erkennbar, in welchen Fällen die Anpassungsklausel zum Tragen kommen könnte, wenn zugleich eine Anpassung wegen des Mehrbedarfs einer dauernden Pflegebedürftigkeit oder der Aufnahme in ein Alten-/Pflegeheim ausgeschlossen ist. Die Kosten einer vorübergehenden Pflegebedürftigkeit dürften durch die Krankenkasse/Pflegekasse gedeckt sein, und andere Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Vermögensübergeber sind kaum denkbar.

     

    Die ab 2005 geänderten Ertragsanteile gelten auch für vor dem 1.1.05 abgeschlossene Verträge. Das Gesetz enthält keine Übergangsregelung, aus der sich die künftige Anwendbarkeit der früheren Ertragsanteilstabelle ergeben würde. Vielmehr sind die geringeren Ertragsanteile auch dann zugrunde zu legen, wenn die Leibrente vor dem 1.1.05 vereinbart worden ist.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der Kläger hatte ferner Kosten für den Gebäudeanstrich, das Balkongeländer und die Schornsteinkopfverlängerung des von den Eltern genutzten Wohnhauses getragen. Das FG muss im zweiten Rechtsgang klären, ob diese Kosten als Versorgungsleistungen abziehbar sind oder ob diese Leistungen dem Pflichtenkatalog eines Grundstückseigentümers zuzurechnen sind.

     

    Aufwendungen zur Instandhaltung der Altenteilerwohnung gehören typischerweise zum Inbegriff eines Altenteilsvertrags (z. B. Art. 12 Abs. 1 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum BGB, Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt I 82, 803). Fehlt wie im Streitfall eine Regelung, welche Instandhaltungsmaßnahmen der Übernehmer durchzuführen hat, muss er die Wohnung dem Berechtigten in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und sie während der Dauer in diesem Zustand erhalten. Diese Verpflichtung entspricht im Wesentlichen derjenigen des Vermieters nach § 535 BGB (BFH 15.3.00, X R 50/98, BFH/NV 00, 1089). Zur Übernahme größerer Reparaturen am Gebäude ist der Übernehmer nicht verpflichtet. Entscheidend ist, ob die übernommenen Kosten das Versorgungsbedürfnis der Vermögensübergeber berühren.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2017 | Seite 133 | ID 44670280