· Fachbeitrag · Berechtigung zur Einzelvertretung
Ist der gegenseitige Widerruf einer Vorsorgevollmacht durch gleichrangig Bevollmächtigte möglich?
von RA und Notar, StB, FA ErbR Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, Paderborn
| Werden mehreren Personen zur Einzelvertretung berechtigende Vorsorgevollmachten erteilt, ermächtigen diese regelmäßig nicht zum Widerruf der Vollmachten der weiteren Einzelvertretungsberechtigten ‒ so das OLG Karlsruhe in seinem Beschluss vom 24.1.22. |
Sachverhalt
Der Vater V hatte seinem Stiefsohn sowie drei leiblichen Kindern am 22.11.16 jeweils eine notarielle Vorsorge- und Generalvollmacht erteilt. Sämtliche Bevollmächtigte sind darin zur Einzelvertretung berechtigt. Eines der leiblichen Kinder (K) widerrief mit Schreiben vom 20.3.18 die dem Stiefsohn (S) erteilte Vollmacht und forderte die Herausgabe der Vollmachtsurkunde. Ende 2020 widerrief auch der Vater selbst die Vollmacht und verlangte wiederum die Herausgabe der Vollmachtsurkunde. Der Aufforderung, die Vollmachtsurkunde herauszugeben, kam der Beklagte jeweils nicht nach.
Daraufhin erhob V gegen S Klage auf Herausgabe der Vollmachtsurkunde. S gab die Urkunde an den V heraus, woraufhin beide Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärten. Somit war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Das Landgericht entschied, dass der S die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Die erteilte notarielle Vollmacht sei durch V mit dessen Schreiben Ende 2020 wirksam widerrufen worden, weshalb ein Anspruch auf Herausgabe der Vollmachtsurkunde gemäß § 175 BGB bestanden habe. Der Einwand des S, er habe keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben, greife nicht durch. Dagegen wehrt sich der S mit der Begründung, der V sei in 2020 nicht mehr geschäftsfähig gewesen. Da somit die Vollmacht nicht wirksam widerrufen worden ist, hätte er auch die Urkunde nicht herausgeben müssen.
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