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  • · Fachbeitrag · Erbauseinandersetzung

    Teilungsbedürfnis, Teilungsreife, Erbteilungsklage

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Grundsätzlich kann jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses, also die Auflösung der Gesamthandsgemeinschaft, nicht aber eine Teilauseinandersetzung verlangen (OLG Koblenz 14.1.14, 3 U 1142/13, Abruf-Nr. 141345).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien sowie deren zwei Brüder sind Miterben zu jeweils 1/4 Anteil nach dem verstorbenen gemeinsamen Vater. Der Kläger K begehrt die Auseinandersetzung des Nachlasses. Zum Nachlass gehören ein Depot sowie ein Girokonto. Ein Miterbe und die beklagte Schwester hatten sich vorprozessual bereits wechselseitig auf Auskunft über Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten in Anspruch genommen.

     

    Die Parteien streiten über die Teilungsreife des Nachlasses. Die Beklagte hat eingewandt, ein Teilungsbedürfnis bestehe noch hinsichtlich der persönlichen Wert- und Hausratsgegenstände des Erblassers. Teilungsreife bestehe auch deshalb nicht, weil die Auskunftsansprüche bisher nicht erfüllt seien. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG haben der Kläger und die Miterben erklärt, dass sie auf mögliche Ausgleichsansprüche gegen die Beklagte vorläufig verzichten. Zugleich haben sie der Beklagten die unentgeltliche Übereignung und Übergabe der persönlichen Wert- und Hausratsgegenstände angeboten.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klage war nicht schlüssig. Der Klageantrag muss grundsätzlich auf Zustimmung zu einem bestimmten Teilungsplan lauten, den der Kläger vorzulegen hat (Palandt-Weidlich, BGB, 2014, § 2042 Rn. 21). Voraussetzung für einen Auseinandersetzungsanspruch ist das Vorliegen der Teilungsreife. Grundsätzlich kann jeder Miterbe jederzeit Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses, nicht aber eine Teilauseinandersetzung verlangen.

     

    Die vom Kläger begehrte Auseinandersetzung des Nachlasses war lediglich auf eine teilweise Auseinandersetzung gerichtet, weil sie Ausgleichsansprüche der übrigen Miterben gegenüber der Beklagten wegen zu Lebzeiten des Erblassers erfolgter Zuwendungen aus §§ 2050 ff. BGB unberücksichtigt gelassen hat. Der in der mündlichen Verhandlung protokollierten Erklärung der Miterben kann nicht die Bedeutung eines Anspruchsverzichts entnommen werden. Die Miterben haben dort lediglich erklärt, auf mögliche Ausgleichsansprüche gegenüber der Beklagten aus §§ 2050 ff. BGB „vorläufig“ zu verzichten. Mit Recht hat die Beklagte eingewandt, dass dadurch lediglich ein möglicher Verzicht in den Raum gestellt worden sei, wenn der Nachlass im Übrigen einvernehmlich, etwa im Rahmen eines Vergleichs, auseinandergesetzt werde. Es kam aber weder zu einem Vergleich noch zu einer weiteren Erbauseinandersetzung.

     

    Die Beklagte kann jedoch nicht mehr damit gehört werden, dass sich weiterhin Hausrat und persönliche Gegenstände im ungeteilten Nachlass befänden. Sie muss sich entgegenhalten lassen, dass ihr der Kläger und die Miterben in der mündlichen Verhandlung die unentgeltliche Übereignung und Übergabe der persönlichen Gegenstände angeboten haben, sie diese jedoch nicht angenommen hat. Die Beklagte befindet sich damit gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug und kann sich auf ein Teilungsbedürfnis nicht mehr berufen.

     

    Praxishinweis

    Zwar kann in einer Erbengemeinschaft jeder der Miterben jederzeit die vollständige Auseinandersetzung des Nachlasses verlangen. Voraussetzung ist jedoch die Teilungsreife und das Vorliegen eines Auseinandersetzungsplans.Ohne Teilungsreife ist eine Teilungsklage unschlüssig. Stehen noch Ausgleichsansprüche wegen lebzeitiger Zuwendungen im Raum, ist Teilungsreife erst gegeben, wenn hierüber letztlich Einigkeit oder (beweisbare) Klarheit besteht. Hieran mangelt es in aller Regel, sodass in der Praxis Erbteilungsklagen sehr selten erhoben werden, da ein erhebliches Risiko besteht, allein wegen fehlender Teilungsreife den Prozess zu verlieren. Gegebenenfalls muss auf Ausgleichsansprüche wegen lebzeitiger Zuwendungen verzichtet werden und die Gegenstände des (ungeteilten) Nachlasses einem Miterben angeboten werden - ein nicht immer wünschenswerter Weg.

    Quelle: Ausgabe 05-06 / 2014 | Seite 128 | ID 42636273