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  • · Fachbeitrag · Erbschein

    Handschriftliches Testament nebst Eröffnungsprotokoll genügt als Nachweis

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    | Der BGH hat in seinem Urteil vom 5.4.16 entschieden, dass der Erbe sein Erbrecht auch durch die Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen kann, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Endgültigkeit nachweist. |

     

    Sachverhalt

    Die Ehegatten setzten sich durch ein handschriftliches Testament gegenseitig zu Alleinerben und ihre ehegemeinschaftlichen Kinder zu Schlusserben nach dem Letztversterbenden ein. Nach dem Tod der Letztversterbenden wurde der kontoführenden Bank das Testament der Eltern nebst Eröffnungsprotokollen nach dem Tod des Vaters und nach dem Tod der Mutter vorgelegt. Die Bank wurde aufgefordert, die Konten freizugeben und auf die Kinder umzuschreiben. Die Bank lehnte dies ab und verlangte einen Erbschein. Nach Erteilung des Erbscheins nahmen die Kinder die kontoführende Bank auf Erstattung der Kosten für den Erbschein in Anspruch.

     

    Der Erbe kann sein Erbrecht auch durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist (Abruf-Nr. 184831).

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Auffassung des BGH hat die Bank gegen die ihr obliegende vertragliche Leistungstreuepflicht verstoßen und ist daher zum Schadenersatz verpflichtet. Der BGH begründet dies zunächst aus der allgemeinen Erwägung, dass im Verkehr mit Banken einer der gesetzlich gesondert geregelten Fälle, in denen der Erbe die Rechtsnachfolge grundsätzlich durch einen Erbschein nachzuweisen hat (z. B. im Grundbuchverkehr nach § 35 Abs. 1 S. 1 GBO), nicht vorliege.

     

    Abgesehen von diesen Sonderregelungen ist der Erbe im Grundsatz nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern hat auch die Möglichkeit, diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen. Dazu gehört neben dem öffentlichen Testament auch das eigenhändige Testament. Dabei verkennt der BGH freilich nicht, dass die Bank ein berechtigtes Interesse daran hat, in den Genuss der Rechtswirkungen der §§ 2366, 2367 BGB (öffentlicher Glaube des Erbscheins) zu kommen. Daraus folge aber nicht, dass sie einschränkungslos oder auch nur im Regelfall die Vorlegung eines Erbscheins verlangen könne.

     

    Letztlich, so der BGH, sei es eine Frage des Einzelfalls, ob ein eigenhändiges Testament geeignet ist, die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachzuweisen. Eine gesteigerte Auslegungspflicht der Bank bestehe nicht. Allerdings genügen auch keine abstrakten Zweifel.

     

    Nur bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge ist die Bank berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbprätendenten einzuholen oder sich weitere Unterlagen vorlegen zu lassen, wie z. B. das Familienstammbuch oder einen Erbschein.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung mag zwar rechtsdogmatisch richtig sein, wird aber letztlich zu großer Unsicherheit führen. Die Frage, wann ein handschriftliches Testament wirklich eindeutig ist und keine Zweifel an der Berechtigung des Erben lässt, wird zunehmend zum Streit zwischen Banken und Erben führen. Insbesondere dann, wenn das Testament - wie bei privatschriftlichen Testamenten häufig - in Prosa abgefasst ist und die Erbfolge nicht nach Quoten, sondern gegenständlich bestimmt ist, wird es oft an der notwendigen Eindeutigkeit fehlen.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2016 | Seite 169 | ID 44100020