· Fachbeitrag · Grundbesitz
Weder Vorerbe noch Testamentsvollstrecker darf unentgeltlich über Vorerbschaft verfügen
Die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung eines Nacherbenvermerks kommt mangels Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt nicht in Betracht, wenn der Testamentsvollstrecker im notariellen Vertrag erklärt hat, die Verfügung über den Grundbesitz zugunsten eines unbeteiligten Dritten sei eine entgeltliche Verfügung, und begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Verfügung nicht bestanden haben (OLG München 27.6.12, 34 Wx 139/12, Abruf-Nr. 122925). |
Sachverhalt
Die Erblasserin hatte ihre Tochter als befreite Vorerbin eingesetzt und Testamentsvollstreckung angeordnet. Nach dem Tod der Erblasserin wurde die Tochter als Alleineigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen; gleichzeitig wurde ein Testamentsvollstrecker- und ein Nacherbenvermerk aufgenommen. Später veräußerte die Testamentsvollstreckerin, die zum Kreis der Nacherben gehörte, den Grundbesitz an einen Dritten. Das Grundbuchamt hat nach Anhörung der Nacherben den Nacherbenvermerk gelöscht.
Entscheidungsgründe
Auf Seiten der Veräußerin hat als Partei kraft Amtes die Testamentsvollstreckerin verfügt. Ein Testamentsvollstrecker ist nach § 2205 S. 3 BGB grundsätzlich nicht zu unentgeltlichen Verfügungen befugt. Eine gleichwohl getätigte unentgeltliche Verfügung des Testamentsvollstreckers ist schwebend unwirksam. Die nur teilweise unentgeltliche Verfügung steht der insgesamt unentgeltlichen gleich. Der Nachweis der Entgeltlichkeit - der zur Löschung des Nacherbenvermerks erforderlich ist - kann regelmäßig nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO (Nachweis durch öffentliche Urkunden) geführt werden. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass eine entgeltliche Verfügung anzunehmen ist, wenn die dafür maßgebenden Beweggründe im Einzelnen angegeben werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen und begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Handlung nicht ersichtlich sind. Hier erfolgte die Veräußerung an einen (familienfremden) Dritten. Zudem hatte die Testamentsvollstreckerin in der notariellen Urkunde erklärt, dass eine (teil-)unentgeltliche Veräußerung nicht vorliege. Danach durfte das Grundbuchamt den Nacherbenvermerk zur Löschung bringen.
Praxishinweis
Grundsätzlich darf der Vorerbe weder entgeltlich noch unentgeltlich über Grundbesitz verfügen (§ 2113 Abs. 1 BGB). Vom Verbot der entgeltlichen Verfügung über Grundbesitz kann der Vorerbe befreit werden (§ 2136 BGB). Da auch dem befreiten Vorerben die (teil-)unentgeltliche Verfügung über Grundbesitz verboten ist, ist oft nicht prüfbar, ob hier tatsächlich eine voll entgeltliche Verfügung gegeben ist. Bei einem Verkauf an Dritte wird das Grundbuchamt in der Regel davon ausgehen, dass eine Veräußerung voll entgeltlich erfolgt. Liegen Gründe vor, die für eine (Teil-)Unentgeltlichkeit sprechen, sollten die Nacherben dem Grundbuchamt gegenüber einen entsprechenden Hinweis geben. (GS)