· Nachricht · Oberlandesgericht München
Kraftloserklärung der Vollmacht
| Der verstorbene Ehemann hatte seiner Ehefrau zu Lebzeiten eine umfassende notarielle Vorsorgevollmacht erteilt. Die Vollmacht galt über den Tod hinaus. Nach dem Tod des Ehemanns beantragten dessen Kinder als Alleinerben beim AG die Kraftloserklärung der Vollmacht. Die Kinder hatten zuvor die Vollmacht widerrufen, wo sich die Ausfertigung der Urkunde befinde sei ungewiss. Das AG wies dieses Ansinnen zurück. Es fehle bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis. Der Vollmachtgeber sei verstorben, eine missbräuchliche Verwendung der Vorsorgevollmacht drohe nicht. |
Dies sieht das OLG München in seinem Beschluss vom 27.6.18 (34 Wx 438/17, Abruf-Nr. 204511) ‒ zu Recht ‒ anders: Dies ergibt sich bereits aus der Rechtsscheinwirkung der Vollmachtsurkunde (§ 172 BGB). Auch wenn die Vollmacht durch Widerruf erloschen ist, gilt die Vertretungsmacht gegenüber Dritten fort, wenn die Urkunde dem Dritten bei Vertragsabschluss in Urschrift oder Ausfertigung vorgelegen hat. Diese Rechtsscheinwirkung gilt so lange, bis die Urkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird (§ 172 Abs. 2 BGB).
MERKE | Das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens nach § 176 BGB fehlt nur in besonderen Ausnahmekonstellationen, in denen der Vollmachtgeber in vergleichbar sicherer Weise wie durch eine öffentlich bekannt gemachte Kraftloserklärung vor Haftungsrisiken geschützt ist ‒ z.B. wenn die Rückgabe der Urkunde positiv feststeht oder wenn aufgrund einer aus der Urkunde hervorgehenden zeitlichen Befristung der Vollmacht deren Unwirksamkeit im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung feststeht. |