· Nachricht · Oberlandesgericht Stuttgart
Gemeinschaftliches Testament ohne Schlusserben
| Im Erbvertrag setzten sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein. Eine Schlusserbeneinsetzung nach dem Überlebenden war nicht vorgesehen. Zugunsten ihrer beiden Kinder hatten die Eheleute in Höhe des gesetzlichen Erbteils ein Geldvermächtnis ausgesetzt, das erst mit dem Tod des Überlebenden zahlungsfällig werden sollte. Daneben ist eine Pflichtteilsstrafklausel geregelt, wonach das Kind, das auf den Tod des Erstversterbenden ‒ unter Ausschlagung des Vermächtnisses ‒ seinen Pflichtteil verlangt, von der Erbfolge nach dem Überlebenden ausgeschlossen sein soll. |
Nach dem Tod beider Elternteile stellt die Tochter im Erbscheinsverfahren gegenüber dem Nachlassgericht den Antrag „gemäß der Vermächtnisregelung auf Feststellung und Auszahlung des ihr zustehenden Pflichterbteils“. Der Bruder sah darin ein Pflichtteilsverlangen und fühlte sich gemäß der Pflichtteilsstrafklausel als Alleinerbe.
Anderer Auffassung ist das OLG Stuttgart (9.8.17, 8 W 336/15, Abruf-Nr. 199042): Der Erbvertrag enthält keine Schlusserbenbestimmung. Es gilt somit im zweiten Erbfall die gesetzliche Erbfolge. Die Pflichtteilsstrafklausel regelt auch keine auflösende Bedingung einer Erbeinsetzung auf den Überlebenden. Vielmehr handelt sich um eine ‒ aufschiebend bedingte ‒ Enterbung ohne Erbeinsetzung gemäß § 1938 BGB. Da aber die gesetzliche Erbfolge mit dem Eintritt des Erbfalls festliegt, kann sie nicht von Ereignissen nach dem Erbfall abhängen, deren Wirkung nicht wie bei der Ausschlagung oder der Feststellung der Erbunwürdigkeit auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückzubeziehen ist. Daher konnte ein Pflichtteilsverlangen auf den Tod des Zuerststerbenden unter Ausschlagung des Vermächtnisses nur bis zum Tod des Letztversterbenden zum Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge führen.