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  • · Nachricht · Selbstanzeige

    Zwei Brüder hinterziehen ErbSt, Strafzuschlag nach § 398a Nr. 2 AO muss dennoch zwei Mal in vollem Umfang bezahlt werden

    | Das LG Aachen bejaht die Frage, ob der - neben der Rückzahlung der hinterzogenen Steuern - nach § 398a Nr. 2 AO zu zahlende Strafzuschlag von jedem Mittäter i.H. von 5 % der insgesamt hinterzogenen Steuer zu entrichten ist. Es verlangt die Zahlung des vollen Strafzuschlags von jedem Beschuldigten (LG Aachen 4.8.14, 86 Os 11/14). |

     

    Der Beschuldigte und sein Bruder (Mittäter) hatten gemeinschaftlich als Erben der verstorbenen Mutter ErbSt i.H. von insgesamt 400.000 EUR hinterzogen. Nach Selbstanzeige der Brüder wurde die hinterzogene Steuer festgesetzt. Nach Zahlung der auf ihn entfallenden anteiligen ErbSt (200.000 EUR) und des Strafzuschlags von etwa 20.000 EUR (5 % des Gesamtbetrags von 400.000 EUR) durch den Beschuldigten wurde vom FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung von der Verfolgung der Steuerstraftat gemäß § 398a AO abgesehen.

     

    In der Folge hat der Beschuldigte gegen die Verpflichtung zur Zuschlagszahlung analog § 98 Abs. 2 S. 2 StPO einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim AG gestellt und erfolgreich geltend gemacht, den Aufschlag nicht auf Grundlage des Gesamtbetrags der hinterzogenen Steuern, sondern lediglich auf Grundlage des zu seinen Lasten festgesetzten Betrags zu berechnen. Auf die vom FA gegen den für den Beschuldigten günstigen AG-Beschluss eingelegte Beschwerde nach § 304 StPO hat das LG den AG-Beschluss aufgehoben und erneut den ursprünglichen (höheren) Zuschlag festgesetzt.

     

    Das FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung habe zu Recht die Zahlung eines Zuschlags von 5 % auf den insgesamt hinterzogenen Betrag für erforderlich erachtet. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 398a AO: Nach § 398a Nr. 1 AO soll der Täter „die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern“ entrichten und nach § 398a Nr. 2 AO „einen Geldbetrag in Höhe von 5 Prozent der hinterzogenen Steuer zugunsten der Staatskasse“ zahlen. Angesichts dieser Formulierung liege es nahe, dass der Täter in den Fällen, in denen er an einer Steuerhinterziehung beteiligt sei, die nicht (allein) zu einer Steuerverkürzung zu seinen Gunsten geführt habe, zwar nur die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern nachzahlen müsse, den in § 398a Nr. 2 AO zu zahlenden Zuschlag mangels entsprechender Einschränkung jedoch auf Grundlage des gesamten hinterzogenen Betrags zu zahlen habe.

     

    Systematisch betrachtet sei § 398a AO hinter § 398 AO eingefügt, der ebenfalls eine Möglichkeit der Verfahrenseinstellung regele. Sowohl bei § 398 AO als auch bei § 398a AO sei der Begriff des „Täters“ in einem weiteren Sinne als „Beteiligte“ zu verstehen, sodass die Einstellungsvorschriften grundsätzlich z.B. auch Anstiftern und Gehilfen zugute kämen (Roth, NZWiSt 12, 23). Wenn aber der Kreis der in § 398a AO erfassten Personen nicht lediglich Täter, sondern alle „an der Tat Beteiligten“, mache die in § 398a AO getroffene Unterscheidung zwischen der Nachzahlung der zugunsten des Beteiligten hinterzogenen Steuern und der (zusätzlichen) Zahlung eines Zuschlags von 5 % auf die (insgesamt) hinterzogene Steuer Sinn.

     

    PRAXISHINWEIS | Es ist zu erwarten, dass Strafsachenfinanzämter und StA den Beschluss aufgreifen, gegebenenfalls abweichende Verwaltungsanweisungen anpassen und Entscheidungen anfechten werden. Strafrechtlicher Rechtsschutz wird für den Betroffenen dadurch langwieriger und kostenträchtiger. Taktisch kann es sich daher anbieten, den Strafzuschlag bis auf einen kleinen Teil nicht zu zahlen und im anschließenden Gerichtsverfahren bereits auf Ebene des AG eine günstigere und schnellere § 153a StPO-Einstellung nebst Strafklageverbrauch anzustreben. Allerdings ist man hier von der Mitwirkung der Strafverfolgungsbehörden und des Gerichts abhängig.

     

    Nach dem aktuellen Regierungsentwurf des „Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ soll § 398a AO angepasst werden. § 398a Abs. 1 AO-E sieht vor, dass die Regelung für den „an der Tat Beteiligten“ gilt, womit eindeutig Täter und Teilnehmer erfasst wären. Die Frage, ob der Strafzuschlag insgesamt nur einmal oder doch mehrmals gezahlt werden muss, wird nicht beantwortet. Aufgrund des im Gesetzentwurf erweiterten Anwendungsbereichs des § 398a AO und der Erhöhung der Zuschläge kommt diesem Problem ab dem 1.1.15 daher weiter erhebliche Bedeutung zu.

    Quelle: ID 42978598