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Hausverbot für „unbescholtenen“ Lebenspartner der Erbin: Bedingung im Testament ist sittenwidrig
| Die Klägerin erbte als einzige Tochter ein freistehendes Einfamilienhaus, in dem die Mutter und die Tochter mit der Enkelin bis zu deren Auszug in verschiedenen Wohnungen lebten. Die Enkelin war als Miterbin eingesetzt. Der langjährige Lebensgefährte der Tochter war Ziehvater der Enkelin, ging im Haus ein und aus und nahm auch Reparaturen vor. Es gab zu keiner Zeit Streit oder ein Zerwürfnis ‒ man lebte wie eine Familie zusammen. Laut Testament sollte die Tochter ihrem Lebensgefährten nun Hausverbot erteilen, wenn sie weiter in dem vererbten Haus leben wollte. Bei Verstoß gegen diese Bedingung sollte der eingesetzte TV die Immobilie veräußern und den Erlös teilweise gemeinnützigen Zwecken zukommen lassen. Das OLG Hamm (19.7.23, 10 U 58/21, Abruf-Nr. 236443 ) hat diese Bedingung nun aber als sittenwidrig eingestuft. |
Bei der Entscheidung, ob eine Bedingung im Testament sittenwidrig ist, muss zwischen der Testierfreiheit der Erblasserin und den Freiheitsrechten der Betroffenen genau abgewogen werden. Bedingungen, die lediglich die Nutzung des vererbten Vermögensgegenstandes betreffen, sind i. d. R. zulässig. Im Streitfall handelte es sich laut OLG aber um einen extremen Ausnahmefall. Hier stand im Vordergrund, dass dem langjährigen Lebensgefährten und Ziehvater der Tochter der Zugang zur „Familienwohnung“ auf einmal ohne Anlass verwehrt sein sollte. Damit sei der höchstpersönliche Bereich der Lebensführung der Tochter betroffen und die Bedingung damit sittenwidrig und nichtig.